DGIM appelliert„Ärzte müssen Corona-Mythen entkräften“

Falsche Fakten über Corona-Impfstoffe oder das Herunterspielen der Gefährlichkeit von SARS-CoV-2 verbreiten sich schnell. Daher sind Ärzte verstärkt in der Aufklärung gefragt, betont die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin und macht dabei auf drei wichtige Punkte aufmerksam.

Den Äußerungen von Ärztinnen und Ärzten kommt in der Corona-Pandemie eine besondere Bedeutung zu, tragen sie aktuell doch mehr als je zuvor zur öffentlichen Meinungsbildung und damit evidenzbasierten Aufklärung der Bevölkerung bei. Daran hat die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) am Donnerstag (4.2.) digital vor Journalisten erinnert.

Tipp: Die Pressekonferenz können Sie unten im Video nachschauen.

Ärzte seien verpflichtet, sich seriös mit unsachlichen Argumentationen auseinanderzusetzen und gegen Falschbehauptungen Stellung zu beziehen, betonte Generalsekretär Prof. Georg Ertl. Daher sei es kontraproduktiv, wenn Mediziner öffentlich etwa die Genauigkeit der Coronatests oder Maßnahmen des Infektionsschutzes infrage stellten.

Fast nur Ärzte erleben COVID-Patienten hautnah

Ein Grund für viele falsche oder verharmlosende Annahmen unter der Bevölkerung sei, dass der Großteil der Menschen die schweren Folgen einer COVID-19-Erkrankung nicht selbst oder im engeren Bekanntenkreis erlebt, erklärte Ertl. „Man kennt hauptsächlich Betroffene, die gar keine oder nur leichte Symptome haben. Schwere Verläufe oder Todesfälle betreffen meist ältere Patienten“, so Ertl. „Das wird dann oft als schicksalhaft hingenommen oder gar genutzt, um die Gefährlichkeit der Erkrankung zu relativieren.“

Hingegen erlebt ärztliches und pflegerisches Personal die Auswirkungen hautnah in ihrem Arbeitsalltag. Sie haben dadurch einen anderen Blickwinkel auf die Pandemie.

Aufklärung nimmt Corona-Leugnern den fruchtbaren Boden

Aber wie können Ärzte Corona-Leugnern am besten begegnen? Dazu gab auf Nachfrage von „Der Hausarzt“ der DGIM-Vorstand folgende Tipps:

  • Ärzte sollten darauf hinweisen, wie prekär die Lage aktuell in den Krankenhäusern ist und dass die zweite Corona-Welle das Personal an die Grenzen seiner Belastbarkeit bringt.
  • Sie sollten auf die Gefährlichkeit das Virus auch für junge und vitale Menschen verweisen.
  • Ärzte sollten Vorbehalte gegen die Impfung ernst nehmen (Denn: Die Corona-Impfstoffe sind viel schneller entwickelt worden als bisherige Vakzinen) und gezielt über diese aufklären.

Zudem betonte die DGIM, wie wichtig es ist, dass auch Hausärztinnen und Hausärzte gegen Corona impfen können. „Sie kennen ihre Patienten und das Vertrauen zu ihnen ist unter der Bevölkerung am größten“, erklärte Ertl.

Biontech/Pfizer-Impfung wirkt auch bei Mutationen

Dass bereits mehrere Impfstoffe gegen Corona zur Verfügung stehen, sieht die DGIM positiv. Damit ein Impfstoff überhaupt zugelassen wird, muss dessen Wirksamkeit und Sicherheit wissenschaftlich nachgewiesen werden. „Für die Corona-Impfstoffe ist dies in erstaunlich kurzer Zeit gelungen oder auf dem Weg“, sagte Ertl.

Zuletzt sorgte vor allem die Frage für Aufregung, ob die bereits zugelassenen Vakzinen denn auch gegen die sich ausbreitenden Mutationen von SARS-CoV-2 helfen? Dies bejahten bereits Biontech/Pfizer für ihren Corona-Impfstoff. Ihre Vakzine schütze auch gegen die derzeit in Deutschland vertretenen Varianten aus Großbritannien und Südafrika, erklärten die Hersteller am Donnerstag (4.2.).

Eine Studie zeige, dass ihr Impfstoff im Labor dazu führt, dass neutralisierende Antikörper auch gegen die beiden Mutationen gebildet werden. Allerdings wurde die Studie noch nicht von externen Experten begutachtet oder in einem Fachjournal veröffentlicht.

Fortschritte bei COVID-19-Therapie

Auch bei den Therapieansätzen zur Behandlung schwer kranker Patienten gebe es Fortschritte, machte die DGIM deutlich. „Zwar gibt es noch keine effektive antivirale Therapie gegen SARS-CoV-2“, sagte Prof. Christoph Sarrazin aus dem Vorstand der Fachgesellschaft. Er verwies jedoch darauf, dass gerade in frühen Stadien der Erkrankung die Behandlung mit (synthetischen) Antikörpern die Zeit bis zur Genesung signifikant verkürze.

„Das Virostatikum Remdesivir kann in der Frühphase bei nicht beatmeten Patienten mit Pneumonie und Sauerstoffbedarf gegeben werden“, so Sarrazin weiter. „Es war insbesondere bei diesen Patienten in Studien mit einer signifikanten Verkürzung der Zeit bis zur Genesung, nicht jedoch einer geringeren Mortalität assoziiert.“ Die Sterblichkeit des Virus hänge wesentlich von Alter und weiteren Risikofaktoren ab.

Zuletzt machte zudem das Gichttherapeutikum Colchizin zur Behandlung von Patienten mit leichten Verläufen auf sich aufmerksam. Aber auch hierzu wurden die Studiendaten bislang noch nicht offiziell publiziert.

Hoffnung erwecke ebenfalls der Blick auf Israel mit der weitgehenden Durchimpfung seiner Bevölkerung. „Durch die sogenannte Kohorten-Beobachtung können wir wertvolle Erkenntnisse über die Effektivität des Impfstoffes, auch gegenüber den Virus-Mutationen, gewinnen“, erläuterte Sarrazin.

Internisten sehen zu frühe Lockerung kritisch

Dennoch warnte er vor einer zu frühen Lockerung der Lockdown-Maßnahmen und ermahnte zur Vorsicht und weiteren Beobachtung der epidemischen Lage. Die DGIM warnte insbesondere vor den Folgen der Pandemie.

„Nicht erst seit die Corona-Pandemie die Gesundheitsversorgung in Teilen an den Rand der Belastungsgrenze gebracht hat, steht fest: An vielen Stellen fehlen im Gesundheitswesen dringend benötigte finanzielle Mittel. Dieser Zustand wird sich auch nach Ende der Corona-Krise nicht ändern, sondern sich eher verstärken“, bekräftigte DGIM-Vorsitzender Prof. Sebastian Schellong.

Angesichts sinkender Steuereinnahmen und steigenden Schulden sei nicht zu erwarten, dass die öffentliche Hand den zu erwartenden Rückgang an Krankenversicherungsbeiträgen kompensieren könne. „Daher müssen wir uns mit Blick auf die Zukunft überlegen, wie wir Art und Umfang der Leistungserbringung an die zur Verfügung stehenden Mittel anpassen können“, sagte Schellong.

DGIM: Jetzt Fehlversorgung erforschen!

So suchten derzeit weniger Patienten mit einem Herzinfarkt oder Schlaganfall ärztliche Hilfe. Bei anderen Beratungsanlässen sei dies hingegen weniger dramatisch. Wichtig sei, die Folgen der aktuellen Maßnahmen zu untersuchen, um herauszufinden, „welche Bereiche der medizinischen Versorgung unverzichtbar sind und in welchen die derzeitige Verknappung keine negativen Folgen für die Prognose bestimmter Krankheitsverläufe hatte“.

Als Lösungsansätze brachte Schellong Arztuntergrenzen in Kliniken sowie eine bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung ins Spiel.

Jüngst berichtete auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) über die Unterversorgung von Krebspatienten. Zu Beginn der Pandemie seien die Krebsdienste in jedem dritten Land der Region teils oder vollständig gestört worden, sagte Hans Kluge, Direktor des WHO-Regionalbüros Europa.

„In den Niederlanden und Belgien ist die Zahl der diagnostizierten Krebserkrankungen während des ersten Lockdowns 2020 um 30 bis 40 Prozent gefallen. Verspätete Diagnosen und Behandlungen in Großbritannien dürften sich dort zudem in den nächsten fünf Jahren in einem Anstieg der Darm- und Brustkrebstoten um 15 oder neun Prozent niederschlagen.“

Mit Material von dpa

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