Obstruktives Schlafapnoesyndrom (OSAS)Bewährte und innovative Therapien bei Schlafapnoe

Wenn die Patienten über lautes Schnarchen oder vorübergehende Atemstillstände klagen, dann könnte eine obstruktive Schlafapnoe dahinterstecken. Therapeutisch gibt es neben der Überdrucktherapie inzwischen weitere Optionen.

Das Rachengewebe büßt im Laufe des Lebens (Männer ab ca. 40 Jahren, Frauen ab ca. 50 Jahren) und unter der mechanischen Beanspruchung des Schnarchens Spannkraft ein.

Die Termini “Obstruktive Schlafapnoe” und “Obstruktives Schlafapnoesyndrom (OSAS)” bezeichnen einen phänotypischen Komplex aus wiederkehrenden Verengungen (Hypopnoen) und Verschlüssen (Apnoen) der oberen Atemwege von mindestens 10 Sekunden Dauer im Schlaf, die zu repetitiven Sauerstoffentsättigungen, Weckreaktionen, Puls- und Blutdruckanstiegen sowie Schlaffragmentierung und Tagesmüdigkeit führen.

Die Prävalenz des OSAS in den Industrienationen beträgt je nach Studienkollektiv und -design zwischen 4 und 25 Prozent und ist damit eine weit verbreitete Störung mit überaus hoher Dunkelziffer.

Ein unbehandeltes OSAS kann Auslöser und Aggravierer von arterieller Hypertonie, Vorhofflimmern, Fettleber, Diabetes, Herzinfarkt, Schlaganfall, Depressionen und Demenzen sein.

Pathophysiologie

Das OSAS ist in vielen Fällen integraler Bestandteil des metabolischen Syndroms, in dessen pathophysiologische Zusammenhänge es sich häufig im Sinn eines Circulus vitiosus einreiht.

Das OSAS ist gewissermaßen die Major-Störung des heftigen Schnarchens, quasi seine konsequente pathogene Folge. Das Rachengewebe büßt im Laufe des Lebens (Männer ab ca. 40 Jahren, Frauen ab ca. 50 Jahren) und unter der mechanischen Beanspruchung des Schnarchens Spannkraft ein, so dass die Pharynxdilatatoren irgendwann – besonders in Rückenlage und bei Übergewicht und nach Alkoholgenuss – den Widerstand gegen den negativen inspiratorischen Druck im schlaffen Muskelschlauch nicht mehr halten können und der Rachen kollabiert.

Insbesondere der M. genioglossus, der kräftige und schwere Zungengrundmuskel, verengt oder verschließt den Luftweg. Es folgen entweder Turbulenzen (Schnarchen, Hypopnoen) oder ein Luftströmungsabriss (Apnoe). Der Atemantrieb bleibt im Gegensatz zur zentralen Apnoe stets erhalten.

Pathophysiologisch führen die nächtlichen Apnoen aufgrund der fehlenden Oxygenierung des Blutes während der Lungenpassage zu Hypoxämien, die wiederum Alarmreaktionen im Sinne von sympathischer Aktivierung mit Herzfrequenz-, Blutdruck-, Adrenalin- und Kortisolanstieg triggern.

Beendet werden die obstruktiven Apnoen und Hypopnoen nach der Dauer von 10 bis teilweise 120 Sekunden durch zentralnervöse Arousals, die wie ein Mini-Stromschlag durch den ganzen Körper zucken und dazu dienen, die kollabierten Atemwege durch Muskeltonuserhöhung wieder zu öffnen.

Hierdurch wird der Schlaf immer wieder – meist aber unterhalb der Weckschwelle – unterbrochen und fragmentiert, was dann in teils völlig gestörten und verflachten Schlafprofilen (Hypnogrammen) mit Tief- und REM-Schlaf-Mangel und gestörter Tagesperformance resultiert. Aber schon Verminderungen des Atemflusses an sich (also ohne Desaturationen) können durch die vermehrte Atemanstrengung gegen Widerstand Arousals auslösen und Folgeerkrankungen triggern (Upper Airway Resistance Syndrom).

Risikofaktoren

Risikofaktoren für OSAS sind u. a. ein höheres Lebensalter, männliches Geschlecht, Übergewicht, metabolisches Syndrom, Menopause bei Frauen sowie anatomische oder funktionelle Besonderheiten der oberen Atemwege (Nase, Weichgaumen, Pharynx, Larynx).

Typische Merkmalsträger eines OSAS (etwa 70 Prozent) sind übergewichtige Männer ab 40 Jahren mit maskulinem Fettverteilungstyp, Bauchfett, Doppelkinn und einem Halsumfang über 44 cm. 30 Prozent der Schlafapnoiker sind aber schlank. Häufig bestehen bereits eine arterielle Hypertonie sowie ein metabolisches Syndrom unterschiedlicher Schwere. Bei Frauen tritt ein OSAS gehäuft nach der Menopause auf.

Symptome

Das Leitsymptom Tagesmüdigkeit findet sich bei beiden Geschlechtern oft, aber nicht immer. Frauen neigen bei gleichem Befund eher zu Durchschlafstörungen, Männer zu Tagesmüdigkeit.

Einige Patienten berichten über subjektive Fitness trotz objektiv schwergradiger Befunde. Meistens berichten die Bettpartner der Patienten von lautem Schnarchen und bedrohlich anmutenden Atemstillständen im Schlaf, von denen die Betroffenen meist nichts oder nur wenig mitbekommen.

Neben der Frage nach Schnarchen und Tagesmüdigkeit sollte die Anamnese nächtliches Schwitzen abfragen, Nykturie (mehr als 1 – 2 Miktionen pro Nacht), Alpträume, schreckhaftes Aufwachen, morgendliche Kopfschmerzen, trockenen Mund nach dem Aufwachen und Reflux.

Schweregrade

Zur klinischen Schweregradeinteilung des OSAS wird der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) benutzt, der die Anzahl an Apnoen (völliges Sistieren des Atemflusses bei erhaltenem Thorax- und Abdomeneffort) und Hypopnoen (Reduktion des Atemflusses um mindestens 50 Prozent gegenüber Baseline und Abfall der Sauerstoffsättigung um mindestens 3 Prozent gegenüber Baseline) über eine Dauer von mindestens 10 Sekunden beschreibt (Tab. 1). Bestimmt werden kann der AHI mittels Polygrafie (kleines Schlaflabor) und Polysomnografie (großes Schlaflabor; Abb. 1).

Nach dieser richten sich die meisten Kostenträger, wenn es um die Verordnung von PAP-Geräten (CPAP, APAP, BIPAP usw.) und den zunehmend als Alternative eingesetzten Unterkieferprotrusionsschienen (UKPS) geht.

Der AHI als Richtgröße ist im Alltag einfach und praktibel. Sehr problematisch ist allerdings seine “Grobkörnigkeit” und Volatilität. Liegt ein Patient z. B. während einer (polysomnografischen oder polygrafischen) Messnacht viel auf dem Rücken, ist der AHI u. a. aufgrund des schwerkraftbedingten Zurückfallens des Zungengrundmuskels in aller Regel (teils sogar deutlich) höher, als wenn der Patient in derselben Messnacht viel auf der Seite liegt. Hierdurch kann es zu deutlichen Verzerrungen und Fehldiagnosen kommen, wenn z. B. die Messungen in nur einer Nacht erfolgen.

Zusätzlich hat die Fixierung auf die definierten Apnoen und Hypopnoen den gravierenden Nachteil, dass ein Großteil schlafbezogener Atmungsstörungen ohne Sauerstoffentsättigungen wie z. B. das häufig auftretende Upper Airway Resistance Syndrom (UARS), bei dem es zu Atemflusslimitationen mit nachfolgenden Arousals und Tagesmüdigkeit, Blutdruckanstiegen, Durchschlafstörungen usw. kommt, entweder gar nicht als Krankheitsentität auffallen, oder aber keine Therapiekostenerstattung bei den Kostenträgern ermöglichen, obwohl die Auswirkungen und Folgeerkrankungen eines UARS denen des OSAS sehr ähnlich sind. Fast immer geht dem OSAS ein UARS voraus. Würde man bereits im Stadium UARS therapieren, könnte man einen Teil der OSAS verhindern.

Überdruck-Therapie

Goldstandard der OSAS-Therapie ist nach wie vor die positive (Raumluft)-Überdrucktherapie (Positive Airway Pressure, PAP) mittels Nasen- oder Mund-Nasen (Fullface)-Maske (Abb. 1).

Bei der CPAP-Therapie (Continous Positive Airway Pressure) wird ein einzelner, nicht veränderlicher Druck bei der Ein- und Ausatmung eingestellt (z. B. 7 mbar), der im Sinn einer inneren pneumatischen Schienung den kollapsiblen oberen Atemweg offenhält.

Bei der APAP-Therapie (Automatic Positive Airway Pressure) erkennt das Gerät den jeweiligen Druckbedarf (z. B. durch Körperlageänderung von Seit- zu Rückenlage) und passt ihn automatisch an (z. B. 4-12 mbar). Die APAP ist oftmals angenehmer als eine CPAP und kann im Gegensatz zur CPAP auch gut ambulant (mobil) angepasst werden, da sich das Gerät dem Bedarf des Patienten flexibler anpasst.

Bei der Behandlung mit BiPAP (Bi-Level Positive Airway Pressure) werden unterschiedliche Drücke für Inspiration und Exspiration eingestellt (z. B. IPAP 14 mbar, EPAP 6 mbar). BiPAP kommt vor allem bei hohen erforderlichen inspiratorischen Drücken zum Einsatz, um dem Patienten das Ausatmen gegen einen zu hohen Luftwiderstand zu ersparen.

Mittelschwere und schwere OSAS sprechen “technisch” meist sehr gut auf PAP-Verfahren an, leichte Apnoesyndrome und UARS weniger gut. 70 Prozent der Patienten mit mittelschwerem bis schwerem OSAS tolerieren die Maske nach einer Gewöhnungszeit von bis zu 3 Monaten gut.

Die Effizienz der positiven Überdrucktherapie auf den polysomnografischen Befund einschließlich AHI ist bei complianten Patienten nach wie vor beeindruckend. Apnoen und Schnarchen verschwinden fast gänzlich, Tief- und REM-Schlaf vermehren sich meist. Auch klinisch-symptomatisch sind die Ergebnisse meist sehr erfreulich.

Bei 70 Prozent der Patienten bessert sich die Tagesbefindlichkeit merklich. Inzwischen können Geräteparameter auch via Telemonitoring online abgerufen werden.

Unterkieferprotrusionsschienen

Knapp 30 Prozent der Patienten mit OSAS tolerieren PAP aber früher oder später nicht (mehr) und fragen nach Alternativen. Für diese Patienten sowie für Patienten mit leichtem OSAS und gerade auch für die Heerschar der Patienten mit UARS hat sich inzwischen die Anfertigung einer individuell abgeformten Unterkiefer-protrusionsschiene etabliert.

Diese Schienen werden nachts getragen, bestehen aus je einem Unter- und Oberkieferteil, die so miteinander verbunden werden, dass der Unterkiefer im Schlaf gegenüber dem Oberkiefer ein Stück weit (max. 1 cm) nach vorne geschoben (protrudiert) und gehalten wird. Hierdurch wird der gesamte Pharynxschlauch gespannt und der Zungengrundmuskel im Liegen etwas “angehoben”, so dass er im Schlaf nicht mehr so weit in den Rachen zurückfallen kann.

Die Indikation zur UKPS-Schiene sollte (muss) wie bei PAP-Verfahren am besten polysomnografisch, mindestens aber polygrafisch gestellt werden. Aktuell werden die Kosten für individuell angepasste UKPS-Schienen (je nach Aufwand und Modell 1.200 – 1.800 Euro) nach entsprechend positiver Polysomnografie oder Polygrafie auf Kostenvoranschlag hin von einigen PKVen und Beihilfestellen vollständig, von anderen zumindest teilweise übernommen.

Für den GKV-Bereich wurde der Antrag beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) am 20. November 2020 verabschiedet. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte dürfen diese Schiene entsprechend dem vom G-BA getroffenen Beschluss verordnen, wenn die Überdrucktherapie mit einer Atemmaske nicht erfolgreich eingesetzt werden kann.

Daher wird künftig mit deutlich höheren Verordnungszahlen (durch Schlafmediziner) zu rechnen sein. Dies wird vor allem die schlafmedizinisch tätigen Zahnärzte betreffen, da die Abdruck- und Bissnahme sowie das Einsetzen und Nachjustieren der Schienen hauptsächlich von schlafzahnmedizinisch geschulten und zertifizierten Zahnärzten durchgeführt wird.

Allerdings ist die Abdrucknahme sowie auch das Einsetzen der Schienen grundsätzlich auch dem hierfür geschulten Humanmediziner (HNO, Schlafmedizin) erlaubt.

Zungenschrittmacher

Für schwergradige OSAS, gerade bei Patienten mit höhergradigen Vorerkrankungen, die aufgrund von nachgewiesener Unverträglichkeit oder anderen triftigen Gründen nicht mit PAP-Verfahren behandelbar sind, etabliert sich als neues invasives Verfahren zunehmend die Implantation eines Hypoglossus- oder Zungenschrittmachers.

Hier wird – ganz ähnlich wie beim Herzschrittmacher – eine Batterie unter die Brusthaut verpflanzt, nur dass hier die Stimulationselektrode nicht ins Herz, sondern einseitig an den Nervus hypoglossus gelegt wird und diesen nachts so triggert, dass der Zungengrundmuskel kontrahiert und sich so aus dem Rachen zurückzieht.

Das aktuell gängigste Modell arbeitet inspirationsgetriggert, d. h. bei jeder Einatmung (bzw. Phrenikusaktivität sendet der Schrittmacher über die einseitig verpflanzte Elektrode einen Impuls an den Nervus hypoglossus. Dieser lässt den Musculus genioglossus kurz vor der Aktivität des Zwerchfells kontrahieren und hält damit den oberen Atemweg offen.

Bei richtiger Indikationsstellung und Patientenauswahl funktioniert der Schrittmacher gut und kann – ähnlich wie PAP – auch schwerste Befunde beheben.

Allerdings sind der Anwendung durch die Invasivität Limitationen gesetzt. Auch ist die Kostenerstattung für die teure Operation (je nach Aufwand und System aktuell zwischen 15.000 und 25.000 Euro) noch nicht überall geklärt. Meist werden die Zungenschrittmacher noch in Studien eingesetzt.

Fazit

  • Das obstruktive Schlafapnoesyndrom tritt häufig in Zusammenhang mit einem metabolischen Syndrom auf.
  • Schnarchen und Atemstillstände sind die wichtigsten Symptome, die auf ein OSAS hinweisen. Weitere Symptome sind Tagesmüdigkeit und Durchschlafstörungen.
  • Bei der Behandlung des OSAS ist die positive Überdruck­ therapie per Nasen­ oder Mund­Nasen­Maske Goldstandard.
  • Als Alternative können Unterkieferprotrusionsschienen zum EInsatz kommen. Eine neue Option ist die Implantation eines Hypoglossus­ oder Zungenschrittmachers.
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