Berlin. Die elektronische Patientenakte kommt 2021 in die Praxis: Dann haben Patientinnen und Patienten einen Anspruch darauf, dass ihnen ihre Kassen diese anbieten und Ärztinnen und Ärzte die Akte mit Daten befüllen. Vergütet wird dies im ersten Jahr – also bis Ende 2021 – mit zehn Euro, was Hausärzte-Chef Ulrich Weigeldt scharf kritisiert hatte. Das besiegelt das Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG), das der Bundestag am Freitag (3. Juli) beschlossen hat. Dem Gesetz haben die Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der AfD, FDP und der Linken bei Enthaltung der Grünen zugestimmt.
In Kraft treten soll das Gesetz voraussichtlich im Herbst, der Bundesrat muss nicht zustimmen. Auch für das E-Rezept steckt es einen Zeitplan fest: Die elektronische Verordnung innerhalb der Telematikinfrastruktur (TI) wird ab dem 1. Januar 2022 vorgesehen; die dazu nötige App soll als Teil der TI im Laufe des Jahres 2021 zur Verfügung stehen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, die Digitalisierung im Gesundheitswesen solle bei den Patienten ankommen. Es gebe dann Akzeptanz, „wenn es im Alltag die Dinge leichter macht“. Hierauf hatte auch der Deutsche Hausärzteverband immer wieder hingewiesen: Digitalisierung müsse einen echten Mehrwert für den Praxisalltag bieten. “Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Sie muss konkreten Nutzen bringen – für Patienten und für ihre Ärzte!”, so Weigeldt.
Datenschutz sorgt für Debatte
Redner der Opposition kritisierten am Freitag “unausgereifte” Datenschutzregeln. So ist die Möglichkeit für Patienten, auch für jedes Dokument einzeln bestimmen zu können, welcher Arzt darauf zugreifen kann, noch nicht zum Start 2021 vorgesehen – sondern ab 2022.
Achim Kessler (Linke) warnte, dieses unausgereifte Modell gefährde die Akzeptanz des ganzen Projekts. “Wozu braucht ein Orthopäde Informationen über einen Schwangerschaftsabbruch? Wozu eine Augenärztin Informationen über eine Psychotherapie?” Überhaupt sei die E-Akte vorerst eine “ungeordnete Sammlung elektronischer Dokumente”.
Auch Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) monierte das vorläufige “Alles oder nichts” bei Datenfreigaben. Spahn hingegen warb um Vertrauen in einen Datenschutz “auf höchstem Niveau”. Die Daten kämen auf deutsche Server.
Für den Schutz verarbeiteter Daten soll laut Gesetz jeder Beteiligte vom Arzt über Kliniken bis zu Apotheken direkt verantwortlich sein. Für Hausärztinnen und Hausärzte sieht Joachim Schütz, Geschäftsführer des Deutschen Hausärzteverbands, jedoch eine wichtige Klarstellung. “Die datenschutzrechtliche Verantwortung für die Verarbeitung von Patientendaten liegt in dem Umfang bei den Leistungserbringern, wie sie über die Mittel der Datenverarbeitung mitentscheiden können; also sind Ärzte, Krankenhäuser und Apotheken nicht verantwortlich für alle Dienste, Anwendungen, Komponenten der TI, zur deren Nutzung sie gesetzlich verpflichtet sind.”
Vier abgelehnte Anträge
Der Bundestag lehnte in seiner Sitzung am Freitag vier Oppositionsanträge zum PDSG ab: Gegen den Antrag der FDP-Fraktion „Prozesse im Gesundheitswesen durch Digitalisierung modernisieren“ votierten die Koalitionsfraktionen, die AfD und die Linksfraktion bei Enthaltung der Grünen.
Mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der AfD und Linken wurde der Antrag der Fraktion Die Linke „Elektronisches Rezept freiwillig und sicher ausgestalten“ abgelehnt.
Gegen einem weiteren Antrag der Linken „Patienteninteresse voranstellen und gemeinwohlorientierten Gesundheitsdatenschutz einführen“ stimmten CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne bei Enthaltung der AfD.
Ebenfalls abgelehnt wurde ein Antrag der Grünen „Patientenorientierung und Patientenbeteiligung in der Digitalisierung im Gesundheitswesen sicherstellen und dezentrale Forschungsdateninfrastruktur aufbauen“ mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, AfD und FDP bei Enthaltung der Linken.