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PraxisabgabeWarum die HZV die Praxisnachfolge erleichtert

In Baden-Württemberg ist jeder dritte Hausarzt älter als 60 Jahre. Für die Nachfolgeplanung ist das eine besondere Herausforderung. Wer sich frühzeitig kümmert, hat die besseren Karten. Die Teilnahme an der HZV erweist sich dabei als ein strategisch wichtiger Baustein, zeigen zwei Erfahrungsberichte.

Wechsel in der Praxis: Schlüsselübergabe von Prof. Wilhelm Niebling an Simone Höltner

In Bad Krozingen, einem Kurort bei Freiburg, ist von einem Hausarztmangel noch kaum etwas zu spüren. Den knapp 20.000 Einwohnern stehen 17 Hausärzte zur Verfügung. Nach den Kriterien der Bedarfsplanung gilt Bad Krozingen als mit Hausärzten überversorgt. Aber auch dort, im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, ist inzwischen jeder dritte Hausarzt älter als 60 Jahre.

Dr. Harro Böckmann ist seit 40 Jahren als Hausarzt “im Dienst” – seit jeher in der gleichen Praxis, wie der 70-Jährige betont. “Wir waren immer in einer Gemeinschaftspraxis und hatten immer Weiterbildungsassistenten, sodass es für die Patienten normal ist, dass auch andere Ärzte mit dabei sind.”

Wertsteigerung für die Praxis

Auf der Suche nach einer Praxisnachfolge hat Böckmann seinen Sitz vor drei Jahren ausgeschrieben. “Ich musste nicht lange suchen”, berichtet er. Rasch fand sich eine Kollegin, die an einer Übernahme interessiert war. Doctor-medic Simona Stefan stieg zunächst als angestellte Ärztin ein. Als beide sicher waren, “dass das alles klappt”, haben sich Böckmann und Stefan vor anderthalb Jahren geeinigt, die Praxis zu teilen. In einem Jahr will Böckmann ganz aussteigen.

Am Hausarztvertrag von Hausärzteverband, Medi und AOK in Baden-Württemberg nimmt Böckmann von Anfang an teil. “Die HZV hat uns einen kräftigen Schub gebracht. Das Honorar im Hausarztvertrag stieg um 25 bis 30 Prozent. Kollegen, denen ich das damals berichtet habe, wollten das nicht glauben”, erinnert er sich. Der Vertrag habe aber nicht nur das Honorar verbessert. “Auch der Wert meiner Praxis hat sich dadurch erhöht. Für mich als künftigen Rentner ist das wichtig, damit ich meine Praxis zu einem anständigen Preis abgeben kann.”

Seine designierte Nachfolgerin ist 46 Jahre alt, stammt aus Rumänien und lebt seit acht Jahren in Deutschland. Die Approbation hat sie 2011 in Bayern bekommen. 2014 ist sie mit ihrer Familie ins Badische gezogen. Die einfache Abrechnung, die Planungssicherheit und die höhere Vergütung in der HZV sind für Stefan wichtige Punkte. Noch wichtiger ist ihr aber die engere Bindung der Patienten an den Hausarzt. “Wenn Patienten immer wieder den Arzt wechseln, ist das nicht gut”, sagt sie. Die Einschreibung der Patienten in den Hausarztvertrag führe zu einer besseren und koordinierteren Versorgung.

Nachfolger aus der Region

“Der Praxisübergang bei gleich zwei Praxischefs innerhalb kurzer Zeit ist uns gut gelungen, obwohl wir im sogenannten ländlichen Raum abseits von Ballungszentren arbeiten”, berichtet ebenso Prof. Wilhelm Niebling aus Titisee-Neustadt, einem offenen Planungsbereich. Der 66-Jährige, der auch Leiter des Lehrbereichs Allgemeinmedizin an der Universität Freiburg ist, war seit 1989 niedergelassen und hat seinen Vertragsarztsitz zum 1. April 2018 an seine Nachfolgerin Simone Höltner übertragen.

Bereits Anfang 2015 hatte Praxischefin Dr. Dorothee Grünholz ihren Sitz an Dr. Marc Bernhard Kreusel übergeben. Gefunden wurden die beiden Nachfolger über Bekannte der Praxis und über Studierende, die aus der Region stammen. “Damit haben wir zwei Volltreffer gelandet”, freut sich Niebling. Es sei bekannt, dass die Herkunft aus der Region der stärkste Prädiktor für eine spätere Niederlassung ist.

Höltner ist in der Nähe von Titisee-Neustadt aufgewachsen und hat nach dem Abitur Krankenschwester gelernt und dann ihr Medizinstudium drangehängt. Als sie zum Ende ihres Studiums schwanger wurde, kam sie nach Titisee-Neustadt zurück und arbeitete fünf Jahre an der Klinik.

“Ich war eigentlich auf dem Weg zur Internistin, als mich Professor Niebling ansprach”, berichtet die 43-Jährige. Die Weiterbildung zur Fachärztin für Allgemeinmedizin absolvierte sie dann in der Praxis und arbeitete anschließend dort als angestellte Entlastungsassistentin. Die HZV habe sie bereits zu dieser Zeit als “eine gute Sache” für eine strukturierte Versorgung der Patienten schätzen gelernt, erklärt Höltner.

Zukunftsfähige Teamstrukturen

Die hausärztliche Gemeinschaftspraxis in Titisee-Neustadt, in der insgesamt sechs Fachärzte für Allgemeinmedizin und zwei Assistenzärzte arbeiten, beschäftigt auch zwei VERAH®, was der Praxis nach Nieblings Einschätzung “einen Zuwachs an Kompetenz und Attraktivität” bringt.

Die HZV fördere Teamstrukturen und Teilzeit-Arbeitsplätze – Aspekte, die für junge Ärzte einen hohen Stellenwert haben. Zur positiven Entwicklung habe auch die Honorarsystematik beigetragen, die stärker auf Pauschalen statt Einzelleistungen setzt. Die Verträge seien ein “Garant für eine gesicherte und höhere Honorierung”.

Auch angesichts steigender Mieten und des Mangels an qualifizierten Fachkräften stelle eine gut etablierte HZV-Praxis einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bei der Planung der Praxisnachfolge dar.

Weitere Anstrengungen nötig

Das Thema Praxisnachfolge bleibt aber auch für die HZV eine zentrale Herausforderung der nächsten Jahre. “Dank der besseren wirtschaftlichen und organisatorischen Bedingungen durch die HZV konnten wir gegen den Trend die Zahl der an der HZV teilnehmenden Hausärzte immer noch leicht steigern. Aber wir brauchen nachhaltig mehr Studienabgänger mit dem Berufswunsch Hausarzt, die auch bereit sind, in ländlichen und strukturschwachen Regionen zu arbeiten, ob selbstständig oder angestellt”, meint Dr. Berthold Dietsche, Vorsitzender des Hausärzteverbands Baden-Württemberg.

Der Anteil der gesperrten Gebiete nehme seit Jahren kontinuierlich ab. Und die Zahl der Facharztabschlüsse reiche trotz positiver Tendenz immer noch nicht aus, um die zukünftigen Abgänge zu kompensieren.

So standen etwa in der Praxisbörse der KV Baden-Württemberg im August im Bereich Allgemeinmedizin über 430 Angeboten nur 58 Gesuche gegenüber. Auf den hausärztlichen Bereich entfielen damit über 50 Prozent aller Angebote. Aber: “Es tut sich was”, berichtet Niebling. Bei den Medizinstudierenden in Freiburg sei ein deutlich wachsendes Interesse für die hausärztliche Tätigkeit festzustellen und auch die Zahl der PJ-Studierenden, die ihr Wahltertial in der Allgemeinmedizin absolvieren, steige.

Anfangs habe das Sozialministerium Praxen und Studierende gefördert. Als die Förderung auslief, sprang die Stiftung der “Perspektive Hausarzt Baden-Württemberg” (www.perspektive-hausarzt-bw.de) in die Bresche. Inzwischen greift auch die KV den PJ-Studierenden finanziell unter die Arme. “Was gut ankommt, sind die PJ-Mobile, die von den Vertragspartnern des AOK-Hausarztvertrags gefördert werden”, berichtet Niebling (“Der Hausarzt” 15). Studierende in Hausarztpraxen, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht so leicht zu erreichen sind, können das PJ-Mobil nutzen, um zu pendeln.

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