Deutscher HausärztetagScharfe Diskussionen um Gesundheitskioske

Besonders der geringe Honoraranstieg von zwei Prozent in 2023, 1000 neue Gesundheitskioske sowie der EBM, der seine besten Zeiten gesehen hat, waren brisante Diskussionsthemen auf dem 43. Deutschen Hausärztetag.

In seinem Bericht zur Lage kritisierte Ulrich Weigeldt, Chef des Deutschen Hausärzteverbandes eine katastrophale Kommunikation der Politik in der Pandemie.

Berlin. Auch dank des Impfeinsatzes der Hausärztinnen und Hausärzte in den letzten zwei Jahren schaut die Corona-Situation im mittlerweile dritten Pandemiejahr deutlich besser aus, erklärte Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärztetages beim 43. Deutschen Hausärztetag am Donnerstag (15.9.).

Nun sei es an der Zeit, den Blick wieder verstärkt auf andere Infektionskrankheiten zu richten, die längst wieder auf dem Vormarsch seien. Sinnvoll sei es beispielsweise, vulnerable und ältere Menschen im Herbst nicht nur gegen Corona, sondern auch gegen die Grippe zu impfen. Deshalb, so die Forderung an die Politik, sollte bei der angekündigten Impfkampagne für eine Corona-Boosterung die gleichzeitige Grippeimpfung beworben werden. Ebenso müssten die in der Pandemie vernachlässigten Vorsorgeuntersuchungen dringend nachgeholt werden.

Auch im dritten Jahr: Immer noch keine Daten!

In diesem Zusammenhang kritisierte Weigeldt die nach wie vor miserable Kommunikation zu Schutzmaßnahmen in der Pandemie. So seien die neuen Regeln ab Oktober, die im Infektionsschutzgesetz verankert wurden, vielfach nicht nachvollziehbar.

„ All das Klein-Klein in der Auseinandersetzung über das Infektionsschutzgesetz lenkt letztlich von den Vorteilen der Impfung zur Überwindung der Pandemie ab. Die Politik verliert sich in selbstbezogenen und detailverliebten Diskussionen, statt die zentralen Themen anzupacken!“, so Weigeldt.

Auch die Datenlage sei nach wie vor katastrophal. Nach mittlerweile drei Jahren wisse bislang zum Beispiel keiner, welche Maßnahme etwas bringt, welche nutzlos ist oder welche gar die Situation verschlechtert.

Paxlovid: Alles dauert viel zu lange

Die Menschen würden permanent verunsichert. Die breiten öffentlichen Ankündigungen zu den angepassten Impfstoffen mit besonderer Wirksamkeit gegen die Varianten BA.1 und BA.5 hätten ebenfalls eher verwirrt als geholfen. Es sei unverständlich, warum es nicht möglich sei, in Deutschland eine vernünftige Werbekampagne für das Impfen aufzustellen.

Die Folge der verfehlten Informationspolitik rund um die angepassten Impfstoffe sei, dass die Hausärztinnen und Hausärzte wieder Diskussionen mit Patientinnen und Patienten hätten, ob sie lieber auf die angepassten Impfstoffe warten sollen oder ob sie sich lieber unverzüglich mit den bisher verfügbaren Impfstoffen schützen sollten.

Mit Paxlovid sei ein neuer Hebel im Kampf gegen die Pandemie vorhanden. Richtig eingesetzt sei es ein wirksames Medikament, für das die Hausärztepraxen richtigerweise ein Dispensierrecht erhalten hätten, erklärte Weigeldt. Allerdings gehe es bei der Umsetzung zu langsam voran. Es gebe immer noch keine Handreichung. Deshalb hätte der Hausärzteverband, die DEGAM und das IHF Kriterien zur Vergabe zusammengetragen und verbreitet.

EBM hat ausgedient

Das geplante GKV-Finanzstabilisierungsgesetz und die vorgesehene Streichung der Neupatientenregelung zeige, dass das „Altsystem“ keine Antworten auf die Finanzierungsfragen der Zukunft bereithalte, erklärte Weigeldt. Während der EBM für keine faire Vergütung mehr sorgt, sei das in der HZV anders.

Die HZV sichere nicht nur eine fairere Vergütung, sondern sei auch strukturell das deutlich modernere System! Das habe sich beispielweise auch bei der Diskussion um die telefonische AU gezeigt.

„Während das Altsystem noch rumphilosophieren musste, was denn nun ein Bestandspatient ist und wie eine telefonische AU in die wirre Logik dieses überholten Finanzierungssystems passen könnte, war die HZV schon einen großen Schritt weiter“, so Weigeldt. In der anschließenden Diskussion zu Weigeldts Bericht zur Lage machten die Hausärztinnen und Hausärzte zudem einhellig ihren Unmut über den aktuellen Schiedsspruch zur Honorarentwicklung für 2023 deutlich.

Pro und Contra: Gesundheitskioske

Ein gut gemeintes, aber zum Scheitern verurteiltes Beispiel seien die Gesundheitskioske, von denen 1000 in sozial schwachen Gebieten geplant sind. Fraglich sei hier, wie man die Finanzierung stemmen und auch das Gesundheitspersonal, das allerorten knapp ist, zu finden sei. Parallelstrukturen seien mit Sicherheit nicht sinnvoll.

Dabei könnten Kioske durchaus Vorteile bieten, warf Lars Rettstadt, Hausarzt aus Dortmund, ein. Denn viele Aufgaben, die in diesen Kiosken erledigt werden könnten, würde jetzt in Hausarztpraxen stattfinden. „Ich arbeite in einem sozialschwachen Gebiet“, so Rettstadt, „ viele Menschen wissen nicht, wie sie in diesem System klar kommen sollen. So habe er beispielsweise auch eines Sozialarbeiter für seine Substitutionspatienten angestellt. “ Rettstadts Appell: Die Gesundheitskioske sollten auch als Chance gesehen werden.

Sozialarbeiter auf Staatskosten

In einem Antrag zum Konzept der Gesundheitskioske unterstrichen die Delegierten nochmals, dass sie die Versorgung der Patienten gefährdet sehen, wenn zunehmend Parallelstrukturen aufgebaut würden. Vielmehr sei die medizinische Versorgung und deren Koordination die Aufgabe der Hausärztinnen und Hausärzte – diese gelte es zu stärken.

In einem weiteren Antrag befürworteten die Delegierten ein “Gegenmodell”. Hierin fordern sie als Unterstützung der Praxen, dass die Politik den Praxen Sozialarbeiter zur Beratung der Patienten zur Verfügung stellen sollen. Dies würde besonders Praxen in sozialen Brennpunkten entlasten. Das Angebot könnte staatlich finanziert werden und sollen Hausärzte nach Bedarf abrufen können.

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