Berlin. Viele Ärztinnen und Ärzte hätten beim Thema Digitalisierung bereits Defätismus entwickelt – dagegen will Professor Karl Lauterbach etwas tun und nun endlich Druck machen bei der Digitalisierung.
Die Grundlagen dafür seien eigentlich vor zwanzig Jahren geschaffen worden. Allerdings sei nichts wirklich umgesetzt worden, erklärte Lauterbach bei einer Bundespressekonferenz am Donnerstag (9.3.).
Nun habe Deutschland mit zwei großen Problemen zu kämpfen: eine gelungene Digitalisierung fehle sowohl in der Behandlung als auch in der Forschung. Dies habe fatale Folgen. BionTech beispielsweise werde seine Forschung in England weiterführen.
Drei Ziele in Versorgung und Forschung
Seit Monaten arbeite das Team im Bundesgesundheitsministerium (BMG) daran, eine Digitalstrategie zu erarbeiten. Dabei seien drei konkrete Etappenziele festgezurrt worden:
- Bis 2025 sollen 80 Prozent aller Versicherten mit einer elektronischen Patientenakte (E-PA) ausgestattet sein. Der Roll-Out der E-PA soll als Opt-Out-Lösung erfolgen. Um sich einfach zu registrieren und mit der E-PA zu arbeiten, sollen die Versicherten eine Gesundheits-ID erhalten.
- Bis Ende 2025 sollen 80 Prozent aller E-PA-Nutzer einen Medikationsplan haben.
- Die Forschung soll mehr Daten erhalten. So sollen beispielsweise Daten aus der Krebs- und Genomforschung pseudonymisiert zusammengeführt werden. Bis Ende 2026 soll das für mindestens 300 Forschungsvorhaben umgesetzt werden.
„Wenn wir hier einen Durchbruch schaffen, wird das die Versorgung verbessern“, versprach Lauterbach.
Ansonsten ist noch wenig Konkretes bekannt. Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes hatte bereits Ende vergangenen Jahres gewarnt: “Ohne eine im Praxisalltag gut funktionierende elektronische Patientenakte ergibt auch eine Opt-Out-Lösung wenig Sinn.“
Beier betonte nach Vorstellung der Digitalstrategie am Donnerstag (9.3.): “Es wird spannend sein zu sehen, ob die Bundesregierung schafft, was ihren Vorgängern nicht gelungen ist, nämlich eine praxistaugliche E-PA umzusetzen, die den Ansprüchen an einen vernünftigen Datenschutz gerecht wird. Einfach nur die E-PA in ihrer derzeitigen Ausgestaltung jedem Patienten verpflichtend zur Verfügung zu stellen, wäre sicherlich die schlechteste Lösung. Klar ist, dass die Hausärztinnen und Hausärzte zum Start der opt-out E-PA nicht für tausende Patientinnen und Patienten einzeln die bisherige Krankheitsgeschichte händisch in die E-PA laden können. Diese Zeit ist schlichtweg nicht da. Hier braucht es intelligentere Lösungen als die Hausärztinnen und Hausärzte zu E-PA-Verwaltungshilfskräften zu machen.”
Deutschland fällt bei Forschung zurück
Professor Michael Hallek, Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, unterstrich, dass Deutschland endlich vorankommen müsse und im internationalen Vergleich immer schlechter dastehe.
Bei Forschungsprojekten am Universitätsklinikum Köln habe es zum Beispiel zwei Jahre gedauert, um mit den unterschiedlichen Landesdatenschützern und Behörden so weit zu kommen, Daten für die Krebsforschung zu erhalten.
Hallek mahnte: „Wir müssen ein System schaffen mit eigenen Daten.“ Sollte das nicht gelingen, könnte Deutschland den Anschluss in der Medizin – wenn nicht sogar als Wirtschaftsnation – verlieren.
Zwei Gesetze sollen es richten
In wenigen Wochen will Lauterbach zwei Gesetze vorstellen, um die Digitalisierung zu beschleunigen und oben genannte Ziele zu erreichen – das Digitalgesetz und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz. Beide Gesetze seien bereits weitgehend ausformuliert.
Die 44-seitige „Digitalisierungsstrategie für Gesundheit und Pflege“ finden Sie unter: https://hausarzt.link/3vbLr