UrologieHarnwegsinfektionen sofort richtig behandeln

Unkomplizierte Harnwegsinfektionen zählen zu den häufigsten bakteriellen Infektionen und spielen eine große Rolle in der täglichen Praxis. Abzugrenzen sind sie von komplizierten Harnwegsinfektionen, die meist schwerwiegender und langwieriger verlaufen und auch anders behandelt werden müssen.

Häufigster Erreger unkomplizierter Harnwegsinfektionen ist Escherichia coli.

Eine Harnwegsinfektion (HWI) wird als unkompliziert eingestuft, wenn im Harntrakt keine relevanten funktionellen oder anatomischen Anomalien, keine relevanten Nierenfunktionsstörungen und keine relevanten Begleiterkrankungen oder Differenzialdiagnosen vorliegen, die eine Harnwegsinfektion beziehungsweise gravierende Komplikationen begünstigen.

Eine weitere Aufteilung erfolgt in obere und untere HWI. Bei einer unteren Harnwegsinfektion (Zystitis) betreffen die akuten Symptome nur den unteren Harntrakt, beispielsweise neu aufgetretene Schmerzen beim Wasserlassen (Algurie), imperativer Harndrang, Pollakisurie, Schmerzen oberhalb der Symphyse. Allgemeinsymptome wie Fieber oder Schüttelfrost fehlen.

Asymptomatische Bakteriurie

Eine klinisch symptomatische Harnwegsinfektion wird von einer asymptomatischen Bakteriurie unterschieden. Der Begriff “asymptomatische Harnwegsinfektion” sollte nicht verwendet werden. Eine asymptomatische Bakteriurie ist, mit Ausnahme des Auftretens bei schwangeren Frauen und vor operativen Eingriffen am Urogenitaltrakt, auch nicht behandlungsbedürftig.

Die Gesamtprävalenz der asymptomatischen Bakteriurie bei Frauen beträgt 3,5 Prozent. Die Diagnose der asymptomatischen Bakteriurie sollte nicht durch den alleinigen Einsatz eines Streifentests gestellt, sondern durch eine mikrobiologische Untersuchung validiert werden.

Bei Patientinnen mit eindeutiger klinischer Symptomatik ist bei einer unkomplizierten Zystitis eine mikrobiologische Untersuchung nicht zwingend erforderlich, sofern keine rezidivierende oder bereits therapierefraktäre HWI vorliegt.

Fragen Sie Frauen mit Verdacht auf eine unkomplizierte Harnwegsinfektion, ob sie

  1. relevante Schmerzen beim Wasserlassen, häufige Miktionen und imperativen Harndrang haben,
  2. eine Harnwegsinfektion als Ursache vermuten und
  3. vaginale Beschwerden haben.

Wenn 1. und/oder 2. bejaht werden, ist eine Harnwegsinfektion sehr wahrscheinlich. Bei vaginalen Beschwerden sollen auch Differenzialdia-gnosen in Betracht gezogen werden. Wenn ein oder mehrere dieser Symptome vorhanden sind, erhöht ein positiver Teststreifen (Nitrit oder Leukozyten-Esterase alleine oder in Kombination) die Wahrscheinlichkeit für eine Harnwegsinfektion weiter.

Der Goldstandard zur Dia-gnose einer Harnwegsinfek-tion ist bei entsprechender Anamnese und typischen Beschwerden die Urinuntersuchung einschließlich quantitativer Urinkultur und deren Beurteilung. Erregerzahlen von 103 bis 104 KBE/ml können bei entsprechenden klinischen Symptomen bereits klinisch relevant sein, vorausgesetzt, es handelt sich um Reinkulturen (d.h. nur eine Art von Bakterien) typischer Uropathogene.

Häufigster Erreger unkomplizierter Harnwegsinfektionen ist Escherichia coli, gefolgt von Staphylococcus saprophyticus, Klebsiella pneumoniae und Proteus mirabilis. Andere Erreger sind selten.

Antibiose genau abwägen

Die Diagnose einer Harnwegsinfektion und die Indikation zu einer Antibiotikatherapie sollten kritisch gestellt werden, um unnötige Therapien zu vermeiden und Resistenzentwicklungen zu reduzieren. Eine antibiotische Therapie sollte bei der akuten unkomplizierten Zystitis empfohlen werden.

Bei Patientinnen mit leichten/mittelgradigen Beschwerden kann die alleinige symptomatische Therapie als Alternative zur antibiotischen Behandlung erwogen werden.

Bei der kalkulierten Auswahl eines Antibiotikums sollen folgende Kriterien berücksichtigt werden:

  1. Individuelles Risiko der Patientin/des Patienten
  2. Erregerspektrum und Antibiotika-Empfindlichkeit
  3. Effektivität der antimikrobiellen Substanz
  4. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
  5. Auswirkungen auf die individuelle Resistenzsituation beim Individuum (Kollateralschaden) und/oder die Allgemeinheit (epidemiologische Auswirkungen)

Eine antibiotische Therapie führt zu einer Reduktion der Krankheitsdauer, sodass in einem aufklärenden Gespräch mit der Patientin gemeinsam über die Therapieform entschieden werden sollte.

Alternativ zur antibiotischen Behandlung kommt gegebenenfalls eine rein symptomatische Therapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika wie zum Beispiel Ibuprofen in Betracht.

In Studien konnte gezeigt werden, dass eine Therapie mit pflanzlichen Präparaten der antibiotischen Therapie nicht unterlegen ist, sondern ein wichtiges Instrument in der Reduktion der Antibiotikaverschreibungen und weiteren Verschlechterung der Resistenzlage der auslösenden Erreger darstellt.

Antibiotika der ersten Wahl bei Zystitis sind Fosfomycin-Trometamol, Nitrofurantoin, Nitroxolin und Pivmecillinam. Cephalosporine und Fluorchinolone sollten aufgrund der vermehrten unerwünschten Arzneimittelwirkungen sowie Kollateralschäden in Form von Resistenzentwicklungen nicht eingesetzt werden.

Fazit

Die asymptomatische Bakteriurie ist in der Regel nicht behandlungsbedürftig, bei der unkomplizierten Zystitis ist eine Urinkultur leitliniengemäß nicht zwingend erforderlich, nach der klinischen Erfahrung des Autors aber zu bevorzugen.

Eine symptomatische oder phytotherapeutische Behandlung der Zystitis ist in Abhängigkeit vom Ausmaß der Symptomatik möglich und sollte erwogen werden, eine antibiotische Therapie bevorzugt testgerecht und mit Antibiotika mit niedrigem Kollateralschaden erfolgen.

Mögliche Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.

Literatur:

  1. Interdisziplinäre S3-Leitlinie: Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei Erwachsenen; Aktualisierung 04/2017, AWMF-RegisterNr. 043/044
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