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KompressionstherapieAuch auf das Gestrick kommt es an!

Menschen mit chronischer venöser Insuffizienz brauchen eine Therapie, die das Fortschreiten der Erkrankung und das Auftreten eines Ulcus cruris venosum verhindert. Für die kurative Behandlung ist die Kompressionstherapie die wichtigste Säule.

Stellt Ärzte bei der Wundtherapie vor die Qual der Wahl: das richtige Gewebe

Die chronische venöse Insuffizienz ist definiert als eine symptomatische Venenerkrankung. Häufigste Ursache sind eine primäre Varikosis, ein postthrombotisches Syndrom oder eine funktionelle venöse Insuffizienz wie bei der Adipositas oder einem arthrogenen Stauungssyndrom.

Das pathologische Korrelat der chronischen venösen Insuffizienz ist die venöse Hypertonie, die zu typischen Veränderungen der Mikrozirkulation führt und eine chronische Entzündungsreaktion sowohl in der Venenwand als auch im umgebenden Gewebe unterhält.

Das Ergebnis ist eine lokale Ischämie mit Umbau des Gewebes mit den klinischen Symptomen Stauungsdermatitis, Purpura jaune d‘ocre, Atrophie blanche und Dermatoliposklerose.

Medizinischer Kompressionsstrumpf

Die externe Kompression durch einen medizinischen Kompressionsstrumpf hat bei der Therapie der chronischen venösen Insuffizienz einen festen Stellenwert. Sie lindert die Beschwerden der Patienten und wirkt dem fortschreitenden Gewebeumbau entgegen [4].

Die Kompressionstherapie reduziert die venöse Hypertonie und Hypervolämie, normalisiert dadurch den transkapillären Druckgradienten und steigert somit die Perfusion der Kapillaren. Sie wirkt zudem entzündungshemmend [7].

Da der Umbau des Gewebes bis hin zu einem Ulcus cruris venosum ein schleichender Prozess ist, der über Jahrzehnte verläuft, steht neben der akuten Symptomlinderung der langfristige Nutzen von medizinischen Kompressionsstrümpfen im Vordergrund.

Versorgungsrealität

Trotz dieser guten Datenlage und Empfehlungen in Leitlinien entspricht die Versorgungsrealität in Deutschland nicht dem klinischen Nutzen.

Der BARMER GEK Heil- und Hilfsmittelreport 2014 zeigte, dass insgesamt nur 16 Prozent der Versicherten mit einem neu aufgetretenen Ulcus cruris venosum während der floriden Ulkusphase eine Verordnung einer Kompressionstherapie erhalten hatten [1, 5]. Auch nach der Abheilung des Ulkus stieg die Rate nur auf 24 Prozent an.

Eine Studie mit detaillierten Versorgungsdaten zur ambulanten phlebologischen Therapie mit medizinischen Kompressionsstrümpfen von 531 Patienten ergab, dass zu 98 Prozent ein medizinischer Kompressionsstrumpf der Kompressionsklasse II verordnet wurde und zwar unabhängig von individuellen Faktoren wie der CEAP-Kategorie und dem Body-Mass-Index [6].

Eine differenzierte Verordnung verschiedener Strumpfmaterialien fand ebenfalls nicht statt. 74 Prozent der Patienten erhielten ein dünnes, transparentes Material. Die kräftigeren Gestricke von medizinischen Kompressionsstrümpfen wurden entwickelt, um bei größeren Beinumfängen durch mehr Gewebestabilität eine gleichmäßigere Druckverteilung zu gewährleisten.

Sie beugen dem Verrutschen vor und reduzieren das Auftreten von lokalen Schnürungen. Dieses Wissen wird in Sanitätshäusern bei Schulungen vermittelt, scheint aber die verordnenden Ärzte nicht zu erreichen.

Verbesserung der Adhärenz

Essenziell für die Wirkung der Kompressionstherapie ist die Patientenadhärenz. In den letzten Jahrzehnten wurde vor allem die Zuordnung der Kompressionsklasse zu den Krankheitsbildern betont, obwohl es diese nicht gibt [2]. Dieser eher theoretische Ansatz hat auch nur wenig Akzeptanz gefunden.

Die meisten medizinischen Kompressionsstrümpfe, die in Deutschland verordnet werden, entsprechen der Kompressionsklasse II. Dies begründet sich vor allem darin, dass sich die Ärzte in der Verordnung höherer Kompressionsklassen unsicher sind und dass mit steigender Kompressionsklasse die Adhärenz der Patienten sinkt.

Eine Metaanalyse randomisierter Studien, in denen die CEAP-Stadien C1 bis C3 erfasst wurden, zeigte, dass auch medizinische Kompressionsstrümpfe der Kompressionsklasse I eine gute und meist ausreichende Wirksamkeit haben, die sich durch Erhöhung des Kompressionsdrucks nicht weiter steigern lässt [8].

Daher kommt der Auswahl des für den einzelnen Patienten geeigneten Gestricks eine größere Bedeutung zu als der Verordnung höherer Kompressionsklassen. Tabelle 1 zeigt eine neu entwickelte Kompressionslogik, die das heutige Verordnungsverhalten der Ärzte aufgreift und die individuellen Faktoren der Patienten in den Mittelpunkt stellt [3].

Danach bekommen Patienten mit chronischer venöser Insuffizienz wie bisher primär einen medizinischen Kompressionsstrumpf der Kompressionsklasse II rezeptiert.

Auf der Basis dieser Verordnung erfolgt in Absprache mit dem Patienten die Auswahl des geeigneten Gestricks. Hierbei soll das Gestrick nach den Anforderungen der Anatomie des Beines ausgewählt werden.

Ein schmales Bein mit wenig Ödemneigung kann mit einem dünneren Gestrick versorgt werden. Ein kräftiges Bein mit größeren Umfängen ist mit einem kräftigeren Gestrick zu versorgen.

Der verordnende Arzt muss sich nur mit der Kompressionsklasse auseinandersetzen, wenn Komorbiditäten oder Kofaktoren das erfordern.

Mehrwert der Therapie

Die Kompressionstherapie kann nur dann optimal wirken, wenn sie auch regelmäßig getragen wird. Insbesondere dem Arzt fällt hier die Aufgabe zu, dem Patienten die krankheitsspezifischen Grundlagen zu erklären, den Mehrwert der Kompressionstherapie darzustellen und auf die richtige Auswahl des geeigneten medizinischen Kompressionsstrumpfs zu achten.

Bei Letzterem geht es vor allem darum, die patientengerechte Versorgung mit dem richtigen Gestrick sicherzustellen. Eine Versorgung mit einem medizinischen Kompressionsstrumpf, die aufgrund der Art des Gestricks für den individuellen Patienten nicht geeignet sind, führt zu Schnürfurchen und wird nicht getragen.

Mögliche Interessenskonflikte: Der Autor hat Vortragshonorare von UCB, Sanofi, Bayer, Amgen, medi Bayreuth, Daiichi Sankyo, BSN, Bauerfeind erhalten.

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