Klimawandel Teil 2Heiße Tage, tropische Nächte

Sommerliche Hitzewellen gefährden die Gesundheit. Wie können Sie gegensteuern?

Er galt als der heißeste der letzten 500 Jahre: der Sommer 2003. Mindestens 52.000 Menschen starben damals in Europa direkt oder indirekt an den Folgen der Hitze. Die meisten waren über 70 oder unter vier Jahre alt, chronisch Kranke waren besonders gefährdet.

Seit etwa der Jahrtausendwende kommt es in unserer Region ungewöhnlich oft zu Hitzewellen. In den kommenden Jahrzehnten erwarten Experten solche Episoden noch häufiger sowie in intensiverer und längerer Form. Zunehmen sollen auch Tropennächte, bei denen die Minimaltemperatur 20 Grad Celsius nicht unterschreitet.

Unserer Gesundheit können die heißen Sommer auf vielfältige Weise schaden.

Auswirkung 1: Hitze

Bereits für gesunde Menschen sind Hitzewellen anstrengend. Hitze kann den Schlaf beeinträchtigen und das psychische Wohlbefinden mindern. Der Körper versucht, die überschüssige Wärme durch vermehrte Hautdurchblutung und Schwitzen abzugeben.

Diese Anpassungsleistung belastet Herz und Kreislauf, besonders bei hoher Luftfeuchtigkeit. Durch die Erweiterung der Gefäße kann der Blutdruck sinken. Es kann zu hitzebedingten Notfällen wie Hitzekollaps oder Hitzschlag kommen; Dehydrierung und reduzierte Blutviskosität wegen des höheren Flüssigkeitsverlusts erhöhen das Risiko für Thrombosen und andere Herz-Kreislauf- Erkrankungen.

Durch Hitze unmittelbar gefährdet sind neben chronisch Kranken vor allem Kleinkinder und ältere Menschen. Bei Säuglingen und kleinen Kindern ist das System der Wärmeregulation noch nicht voll entwickelt. Ist die Umgebung heiß, steigt ihre Körpertemperatur schnell an.

Erst während der Pubertät reift das Wärmeregulationssystem des Menschen aus. Bei älteren Menschen ist die Regulierung der Körpertemperatur gestört oder verlangsamt. Die Fähigkeit zu schwitzen sowie das Durstempfinden nehmen ab.

Durch nicht ausgeglichenen Flüssigkeitsverlust verringert sich das Blutvolumen, was gegebenenfalls zu Blutdruckabfall führt und das Schwitzen noch weiter erschwert. Eine Übersicht über vulnerable Gruppen gibt Tab. 1.

Tab. 1: Wer ist besonders gefährdet bei Hitzewellen?

  • Ältere, isoliert lebende oder pflegebedürftige Menschen
  • Säuglinge und Kleinkinder
  • Menschen mit Demenz
  • Menschen mit starkem Übergewicht
  • Menschen unter bestimmter medikamentöser Behandlung (zum Beispiel entwässernde und blutdrucksenkende Medikamente)
  • Chronisch Kranke
  • Menschen mit fieberhaften Erkrankungen
  • Konsumenten von Alkohol und psychoaktiv wirkenden Drogen
  • Menschen, die Probleme bei der thermophysiologischen Anpassung haben
  • Behinderte Menschen
  • Menschen, die im Freien arbeiten oder Sport treiben

Auswirkung 2: Ozonbelastung

Ozon entsteht aus Vorläuferstoffen wie Stickoxiden, die etwa aus Verkehr und Industrie stammen. Da UV-Strahlung und hohe Temperaturen die Ozonbildung in Gang setzen, kann sich während einer Schönwetterperiode bodennahes Ozon anreichern. Dabei ist die Ozonkonzentration nicht direkt an den verkehrsreichen Straßen der Innenstädte am höchsten, sondern an den Stadträndern und im Umland der großen Städte.

Circa 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung in Deutschland reagieren empfindlich auf erhöhte Ozon-Konzentrationen. Mögliche Symptome sind etwa Reizerscheinungen der Augen, Kopfschmerzen und Atemwegsbeschwerden. Als Risikogruppe einzustufen sind Säuglinge und Kleinkinder: Bezogen auf ihr Körpergewicht atmen sie mehr als Erwachsene. Ihre Atemwege sind so auch verstärkt dem Ozon ausgesetzt.

Am frühen Morgen sind die Ozonwerte am niedrigsten, die höchsten Konzentrationen werden in der Regel zwischen 14 und 17 Uhr erreicht. Daher empfiehlt es sich, bei hohen Ozonwerten möglichst morgens zu lüften. Auch anstrengende Tätigkeiten im Freien sollten wenn möglich in den Vormittag gelegt werden.

Auswirkung 3: UV-Strahlung

Der Klimawandel beeinflusst auch die Belastung durch UV-Strahlung. So kommt es im Frühjahr immer häufiger zu Niedrigozonereignissen, bei denen die UV-Strahlung stärker ist als üblich. Zudem nehmen die Sonnenscheinstunden und damit auch die UV-Strahlungsbelastung zu.

Nicht zuletzt hat das veränderte Klima auch Einfluss auf unser Verhalten: An sonnigen Tagen mit angenehmen Temperaturen gehen wir gern ins Freie und erhöhen damit unsere UV-Belastung. Die Hautkrebsneuerkrankungsraten haben sich seit dem Jahr 2000 in Deutschland mehr als verdoppelt – durch den Klimawandel könnte sich diese Situation verschärfen.

Allerdings kann starke Hitze auch dazu führen, dass Menschen mehr in Innenräumen bleiben, was die UV-Belastung wiederum senken würde.

Was können Sie tun?

  • Nutzen Sie Newsletter beziehungsweise Warnmeldungen, die Sie im Voraus über Hitzeereignisse sowie erhöhte Ozon- oder UV- Belastungen informieren (s. Link-Tipps).
  • Informieren Sie Ihre Patienten – vor allem vulnerable Gruppen – über Verhaltensmaßnahmen in heißen Sommern.
  • Unsere Patienteninfos “Gesund bleiben trotz Hitze” und “COPD und Asthma bei Hitze” finden Sie unter: www.hausarzt.link/WTGCe bzw. www.hausarzt.link/4JwrU
  • Medikamente können die Mechanismen des Körpers zur Hitzeadaption ungünstig beeinflussen. Denken Sie daher daran, gegebenenfalls Medikamente anzupassen. Das Niedersächsische Landesgesundheitsamt listet im Merkblatt “Was tun bei der Sommerhitze? Hinweise für die Hausärzte” entsprechende Medikamente auf: www.hausarzt.link/Mitw1

Drei Fragen an Elke Herting

Elke Hertig ist Professorin für Regionalen Klimawandel und Gesundheit an der Universität Augsburg.

Eine der größten Auswirkungen des Klimawandels in unserer Region ist Hitze. Was bedeutet das für Hausärzte?

Vulnerable Gruppen sind vor allem die ältere Bevölkerung, Menschen mit Vorerkrankungen und Kinder. Dazu kommen alle Personen, die im Freien arbeiten oder sich länger dort aufhalten. Hier ist es wichtig, Verhaltenstipps zu geben und die Medikamente anzupassen. Hausärzte können das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdiensts nutzen, um im Vorfeld darüber informiert zu werden, wenn ein Hitzeereignis ansteht (s. Link-Tipps).

Welche Folgen hat der Klimawandel für Allergiker?

Die Pollensaison verlängert sich, weil die Vegetation früher blüht. Dazu kommen Wechselwirkungen von Pollen mit Luftschadstoffen oder Hitze.

Zu Ihren Forschungsschwerpunkten zählen urbane Räume und Stadtökologie. Inwiefern wirkt sich der Klimawandel in der Stadt und auf dem Land unterschiedlich aus?

In der Stadt ist es immer wärmer als im Umland, weil sich die Bebauungsstrukturen stärker aufheizen und mehr Wärme speichern. In Sommernächten kann der Unterschied etwa fünf bis sechs Grad betragen. Während einer Hitzewelle ist die Belastung in der Stadt somit noch viel höher.

Dazu kommt, dass Städte in der Regel die Orte mit der höchsten Luftverschmutzung sind. Sehr gut nachgewiesen sind Auswirkungen der Luftverschmutzung etwa auf Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, respiratorischen Erkrankungen oder Diabetes. Stadtbewohner sind also multiplen Expositionen ausgesetzt. Der Effekt von Hitze- und Schadstoff-belastung ist nicht unbedingt nur additiv, sondern kann auch größer sein.

Quellen:

1. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Den Klimawandel gesundheitlich meistern! Empfehlungen zur Vorsorge. www.hausarzt.link/68S9K, Stand: 07/2020

2. Umweltbundesamt/Deutscher Wetterdienst: Klimawandel und Gesundheit. Tipps für sommerliche Hitze und Hitzewellen. www.hausarzt.link/7RbeD, Stand: 06/2019

3. Umweltbundesamt. Gesundheitsrisiken durch Ozon. www.hausarzt.link/maysA, zuletzt abgerufen: 03/2020

4. Epidemiologisches Bulletin 23/2019

5. Schätzung hitzebedingter Todesfälle in Deutschland zwischen 2001 und 2015. Bundesgesundheitsblatt 2019. DOI: 10.1007/s00103-019-02932-y

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