Berlin. Eine Kehrtwende beim Pandemiekonzept der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) wollen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in den nächsten 14 Tagen erreichen. Dazu wollen sie verstärkt mit den Landespolitikern das Gespräch suchen, bis die GMK am 30. September tagt. Das machten die Vertragsärztinnen und -ärzte bei der KBV-Vertreterversammlung am Freitag (11.9.) in Berlin deutlich.
Die GMK wird zu Lehren aus der Pandemiebekämpfung tagen. Dazu wurde bei der Konferenz der Amtschefs eine Beschlussvorlage erarbeitet, die vor allem den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) deutlich stärken und digitaler ausbauen soll. Dies sieht auch die KBV als sinnvoll an, wie Gassen betonte.
Jedoch gehe aus dem Papier hervor, dass „nicht nur ein erschreckender Mangel an Unkenntnis des vertragsärztlichen Systems, sondern auch das Ansinnen einer eklatanten Einmischung in die Souveränität der Praxen und der Selbstverwaltung“ herrsche, kritisierte Gassen massiv.
Kritik an Eingriff in Praxisorganisation
Gassen zufolge wollen die Länder COVID-Schwerpunktpraxen und infektiologischen Zentren künftig Kriterien für Ausstattung und zur Ausbildung des Personals vorschreiben. Ebenso sollen demnach Vorgaben für „verbindliche Verfahren zur Praxisorganisation“ gemacht werden. Damit seien klare Anweisungen gemeint, „wie im Falle einer epidemischen Lage durch Änderung der Organisation die Ansteckungsgefahr in einer Praxis reduziert werden kann“, erläuterte Gassen.
„Diese Art der „Exertise“ ist ausdrücklich nicht erwünscht. Lassen Sie und einfach unsere Arbeit machen!“, stellte der KBV-Vorsitzende klar.
„Hier wird Staatsmedizin propagiert“
Darüber hinaus streben die Länder der KBV zufolge an, neben der Telemedizin auch aufsuchende Angebote – in Form von Delegation und Substitution ärztlicher Leistungen – auszubauen. Geplant sei zudem ein verbindliches Meldesystem einzuführen, über das Fachgruppe, Praxisstandort und Versorgungsumfang eingesehen werden können. „Testzentren sollen zentral gesteuert werden“ und Drohnen sollen Medikamente an chronisch Kranke liefern, stellte Gassen weiter den GMK-Entwurf vor.
„Was hier propagiert wird, ist Staatsmedizin“, fasste der KBV-Chef zusammen. Dies sollten sich die Länder gut überlegen. Schließlich seien Länder mit einem staatlich gesteuerten Gesundheitswesen bisher deutlich schlechter durch die Pandemie gekommen.