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GastbeitragBKK-Verband will ambulante Versorgung “von außen” umkrempeln

Einzelpraxen sind laut BKK-Dachverband ein Auslaufmodell. Ein kapitaler Denkfehler, findet Gastautor Hausarzt und KV-Vizevorstand in Brandenburg Dr. Stefan Roßbach-Kurschat.

Einzelpraxen sind heute keine Einzelkämpfer mehr.

Die Einzelpraxis als Primärversorger kann nicht mehr “bevölkerungsbezogenen Versorgungsbedarfen passgenau entsprechen”, heißt es in einem Positionspapier zur künftigen Primärversorgung (www.hausarzt.link/qjUxP).

Dieses hat der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) Ende Juli in Anlehnung an die geplanten Neuerungen des Entwurfs zum Versorgungsstärkungsgesetz von Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) veröffentlicht.

“Primärversorgungszentren (PVZ) könnten einen niedrigschwelligen Zugang insbesondere durch die Integration von Angeboten zur Prävention und Gesundheitsförderung gewährleisten und sich durch Beratungsangebote rund um die Gesundheit als erster Ansprechpartner” etablieren, heißt es weiter.

Als unverzichtbar hält der BKK-Verband einen “Aufbau von Kapazitäten im Bereich der akademisch qualifizierten Pflegefachkräfte. Perspektivisch ist eine teilweise Übertragung heilkundlicher Tätigkeiten auf Qualifizierungen wie Community Health Nurses oder Physician Assistants anzustreben.”

Primärversorger sind wichtigste Säule

Als Hausarzt und Primärarzt aus dem Flächenland Brandenburg sehe ich hier eine klare Fehleinschätzung des aktuellen Versorgungssystems. Die ambulanten Einzelpraxen und Grundversorger sind die wichtigste Säule, die neben Berufsausübungsgemeinschaften (BAG), Praxisverbünden und den MVZ die medizinische Versorgung in der Fläche aufrechterhalten.

Einzelpraxen sind schon heute längst keine Einzelkämpfer mehr. Sie arbeiten in Netzwerkstrukturen und sind kompetente Ansprechpartner für Patienten, deren Umfeld und Belange sie am besten kennen, insbesondere auch das mobil eingeschränkter Patienten.

Ärztinnen und Ärzte versorgen zusammen mit ihren Praxisteams täglich einzeln und vernetzt Seniorenheime und werden hierbei bereits von hochqualifizierten Fachkräften (VERAH®, NäPA, Agnes, MFA) aus den Praxen unterstützt. Allein in Brandenburg sind mehr als 680 VERAH® und NäPA sowie über 130 Agnes 2 im Einsatz.

Teamleistungen besser vergüten

Eine Versorgung ohne Einzelpraxen ist unmöglich, da diese die emsigen Garanten der Versorgung in unserem Flächenland darstellen. Selbst in zentralisierten Versorgungssystemen wie Dänemark, den Niederlanden und Großbritannien finden sich Grund- und Primärversorger im guten Mix als Praxisverbünde und Einzelpraxen.

Ohne eine Vernetzung der unterschiedlichen Fachdisziplinen ist schon heute keine Versorgung mehr möglich. Teamleistungen werden bereits gelebt, aber nicht adäquat vergütet.

Die Behauptung, Einzelpraxen und kleinere Praxen können ihrem Auftrag als Teamleister nicht nachkommen, kann nur aus der Feder eines Nichtpraktikers entstammen und zeigt strategisches Kalkül, das ambulante System von außen umzudenken.

Es muss viel mehr darum gehen, auch Praxen unter drei Kassenzulassungen die Möglichkeit zu geben, auch nach dem neuen Gesetz ihrer Versorgungsleistung entsprechend als primärärztliches Zentrum zu versorgen.

Der BKK-Dachverband widerspricht sich, indem er auf seiner Mitgliederwebseite die Vorzüge der koordinierten Versorgung durch Primärärzte und Grundversorger bewirbt. Dabei betont er den hohen Stellenwert einer vertrauensvollen Behandlung aus einer Hand. Verliert dieser Grundgedanke jetzt seine Gültigkeit?

Angesichts des gesellschaftlichen Wandels wird und muss das Gesundheitssystem umdenken: Zunehmendes Alter sowie ein wachsender Anspruch der zu Versorgenden stellen eine neue Herausforderung dar. Demgegenüber stehen langfristig weniger Versorger zur Verfügung.

Zentralisierte Strukturen keine Lösung

Zentralisierte Strukturen ersetzen weder Hausarztpraxen, Grundversorger, noch die Einzelpraxis in der Peripherie. Zukünftig müssen Delegations- und Teamleistungen innerhalb des Praxisteams noch stärker in der Vergütung berücksichtigt werden. Denn sie werden heute bereits gelebt.

Wir brauchen keine zusätzlichen Säulen in der Versorgung, die für Verwirrung und wiederholte Nachsteuerung der Patientenströme sorgen. Die Praxen vor Ort versorgen und steuern bereits heute.

Es fehlt der politische Wille, Bedarf, Notwendigkeit und Bedürfnisse offen anzugehen. Eine 24/7-Versorgung in unendlicher Breite und haustürnah, werden wir uns weder gesellschaftlich, personell noch finanziell leisten können, denn auch Versorgerzeit, egal ob MFA, Ärztin/Arzt oder angedachter pflegerischer Fachkräfte ist endlich. Auch für sie gilt das Arbeitsschutz- und -zeitgesetz.

In dünn besiedelten Gebieten müssen zukünftig Modelle der Versorgung neu diskutiert werden. Dazu gehört natürlich auch die Stärkung unserer Teams.

Ziel dabei muss sein, dass heilberufliche Entscheidungen dem ärztlichen Handeln obliegen und eingebundene Strukturen das Maß der Delegation nicht übersteigen. Parallelstrukturen sind nicht zeitgemäß, verbrauchen Ressourcen, die wir nicht haben und sind eindeutig der falsche Weg.

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