Berlin. Die Ärztekammer Berlin hat den Kompromiss der Bundesregierung zu Informationsmöglichkeiten über Abtreibungen als unzureichend kritisiert. Sie fordern, die Information über Abtreibungen müsste legal und straffrei sein. Das erfülle der vorgelegte Regelungsentwurf der Koalition „nur ansatzweise“, sagte ein Kammersprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Das Anliegen der Ärzte, über die Abtreibungsmethoden zu informieren, statt allgemein darüber, das Abtreibungen vorgenommen werden, kommt der Ärztekammer zu kurz. Es sei weder Ärzten noch Patientinnen zuzumuten, für diese Informationen erst in einer Praxis vorstellig werden zu müssen, erklärte der Sprecher. Es biete bürokratische Vorteile, wenn die Aufklärung von den Ärzten übernommen würde. Zugleich entspräche es dem Wunsch der Patientinnen, die Informationen von einem Arzt zu erhalten.
Der Kompromiss der Bundesregierung sieht vor, am Werbeverbot fest zu halten. Ärzte sollen auf ihrer Internetseite kundgeben dürfen, dass sie Abtreibungen durchführen. Die Methodik sollen sie nicht kommunizieren dürfen. Stattdessen soll die Bundesärztekammer eine Liste führen, deren Publikation die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung übernimmt. Die Bundesärztekammer begrüßte den „tragfähigen Kompromiss“, weil er Rechtssicherheit schaffe.
Die Bundesregierung hatte lange über Paragraf 219a im Strafgesetzbuch gestritten. Er verbietet „Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche. Demnach macht sich strafbar, wer „seines Vermögensvorteils wegen“ öffentlich Abtreibungen anbietet. Die SPD, Grüne, Linke und FDP hatten eine Abschaffung des Verbots gefordert. Die CDU/CSU lehnte dies ab.
Entzündet hatte sich die Debatte am Fall der Gießener Frauenärztin Dr. Kristina Hänel, die wegen Werbung für Schwangerschaftsabbrüche verurteilt worden war. In Berlin gibt es circa 25 Schwangerschaftsabbrüche pro Tag, nach jüngsten Daten von 2017 wird ein Großteil davon in Arztpraxen vorgenommen. Laut Berliner Ärztekammer werden immer wieder Ärzte angezeigt, die auf ihrer Webseite Abtreibungen im Leistungsspektrum auflisteten. Genaue Zahlen nannte sie nicht.
Ob künftig wirklich Rechtssicherheit für die Ärztinnen und Ärzte gegeben sei, werde sich zeigen, zeigte sich Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) skeptisch. „Am Ende bleibt die unschöne Unterstellung im Raum, dass sie nicht in der Lage seien, neutral zu informieren.“ Die Gesundheitsverwaltung hat im Internet schon länger eine Liste mit Ärzten veröffentlicht, die Abbrüche vornehmen. Diese umfasst inzwischen mehr als 70 Einträge.
Quelle: dpa/bb