Aus Wissenschaft und ForschungHA 04/21: Die DEGAM informiert

Auf diesen Seiten stellt die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) neueste medizinische Erkenntnisse vor, die für den Praxisalltag der Hausärzte relevant sind.

Was Rückenschmerzpatienten erwarten

Eine leitliniengerechte Behandlung wird dann schwierig, wenn Patienten etwas ganz anderes erwarten, als die Leitlinien empfehlen. Eine Fragebogenstudie hat die Erwartungen zur Behandlung von Rückenschmerzen bei über 1.000 Patienten in 13 Praxen in Mecklenburg-Vorpommern erhoben.

Über drei Tage hinweg sprachen die MFA alle erwachsenen Patienten der Praxis an und baten sie, mitzumachen – auch Patienten, die derzeit keine oder noch nie Rückenschmerzen hatten. Nur zehn Prozent lehnten ab, meist mangels Zeit oder Lesebrille. 70 Prozent hatten im letzten Jahr Rückenschmerzen, 13 Prozent davon waren deshalb aktuell in der Praxis.

Die häufigste Erwartung – bei 70 Prozent der Befragten – war die Verordnung von Massage, was in der Kreuzschmerzleitlinie so nicht vorgesehen ist. In anderen Bereichen erwarteten oder akzeptierten die Mehrheit der Patienten aber durchaus ein leitliniengerechtes Vorgehen:

65 Prozent waren bereit, bei entsprechender Einschätzung des Arztes auf weitere Diagnostik zu verzichten und 66 Prozent glaubten, dass Bewegung im Alltag förderlich ist. Frauen, Menschen mit höherer Bildung und besserer Gesundheit waren bei diesen Ansichten häufiger vertreten.

Patienten, die aktuell stärkere Schmerzen hatten und insgesamt weniger gesund waren, glaubten seltener, dass Bewegung förderlich ist. Hatten Patienten bereits Injektionen wegen Rückenschmerzen erhalten, erwarteten sie diese auch häufiger. Insgesamt erwarteten 44 Prozent eine Injektion.

Fazit: Nicht alle Erwartungen der Patienten an die Behandlung sind leitlinienkonform. Eine Thematisierung der Erwartungen im Gespräch kann helfen, Unzufriedenheit mit einer leitliniengerechten Therapie zu vermeiden.

Kiel S, Raus C, Sierocinski E, Knauthe P, Chenot JF. Concordance of patient beliefs and expectations regarding the management of low back pain with guideline recommendations – a cross-sectional study in Germany. BMC Fam Pract 21, 275 (2020). doi: 10.1186/s12875-020-01352-1

Kloßgefühl, Räuspern und Co: PPI nicht besser als Placebo

Beschwerden im Hals-Rachen-Raum wie Heiserkeit, Globusgefühl, Halsschmerzen und Räuspern sind weit verbreitet und werden häufig auf einen gastroösophagealen Reflux zurückgeführt. Ärzte behandeln daher oft mit Protonenpumpenhemmern (PPI), obwohl deren Wirksamkeit nicht nachgewiesen ist.

Eine randomisierte Studie in England hat in dieser Indikation Placebo mit 30 mg Lansoprazol zweimal täglich über 16 Wochen verglichen (für die Behandlung extraösophagealer Symptome empfehlen Leitlinien die doppelte Dosis und einen längeren Behandlungszeitraum).

In HNO-Ambulanzen an acht Krankenhäusern wurden 346 Patienten rekrutiert und konnten teilnehmen, wenn sie auf einem validierten Symptomfragebogen entsprechende Beschwerden angaben. Vier Wochen vor Studienbeginn durften sie keine PPI einnehmen.

Primärer Studienendpunkt waren durch Symptomfragebögen erhobene Beschwerden nach 16 Wochen und zwölf Monaten. Diese besserten sich zu beiden Zeitpunkten in beiden Gruppen ohne signifikanten Unterschied zwischen Placebo und Lansoprazol.

In einigen Auswertungen ließ sich eher ein Trend dahingehend erkennen, dass die Gruppe mit Lansoprazol etwas weniger Besserung zeigte. Es ergaben sich keine Unterschiede für Patienten mit geringerer oder höherer Symptomlast.

Fazit: Bei Patienten mit Hals- und Rachenbeschwerden bessern sich die Symptome im Verlauf unter Placebo und unter PPI. PPI sind dabei nicht besser als Placebo.

O’Hara J, Stocken DD, Watson GC et al. Use of proton pump inhibitors to treat persistent throat symptoms: multicentre, double blind, randomised, placebo controlled trial. BMJ 2021;372:m4903. doi: 10.1136/bmj.m4903

Erfolgsfaktoren für die Gemeinschaftspraxis

Wenn Ärzte gemeinsam in einer Praxis arbeiten, sinkt der Aufwand für den Einzelnen, die Ausstattung ist oft besser und kollegialer Austausch ist möglich. Gemeinschaftspraxen und MVZ sind auf dem Vormarsch und der Nachwuchs präferiert diese Arbeitsformen.

Da das gemeinsame Arbeiten nicht immer klappt, hat eine Interviewstudie untersucht, was zum Gelingen beiträgt. Dazu befragten die Wissenschaftler per Telefon elf Ärzte aus MVZ und Gemeinschaftspraxen sowie 14 Anwälte, KV-Beschäftigte, Steuer- und Finanzberater, die regelmäßig Ärzte zur Niederlassung beraten.

Als günstig benannten die Interviewten Zeitfenster für regelmäßige Kommunikation im Alltag, vorheriges gemeinsames Arbeiten in der Praxis und möglicherweise eine etwas unterschiedliche Spezialisierung, um Konkurrenzdruck zu vermeiden.

Der gemeinsame Praxisalltag sollte rechtzeitig geplant, Aufgaben- und Gewinnverteilung geklärt und zum Beispiel der Umgang mit Privatpatientenerlösen und unterschiedlicher Arbeitsgeschwindigkeit besprochen werden. Wichtig sei eine ähnliche Haltung zu Patienten und moralischen Fragen.

Förderlich seien auch die Delegation von administrativen Aufgaben und professionelle Beratung zur Niederlassung. Die Autoren beklagen, dass in der Aus- und Weiterbildung die Kompetenzen zur Unternehmensführung und auch zur intraprofessionellen Kommunikation meist fehlen.

Fazit: Erfahrene und Experten nennen Kommunikation, Praxisorganisation, Finanzplanung und passende ärztliche Partner als Erfolgsfaktoren für die gemeinsame ärztliche Praxisführung.

Weinmayr LM, Zwierlein R, Steinhäuser J. Modifiable determinants for the success or failure of inter-physician collaboration in group practices in Germany – a qualitative study. BMC Fam Pract 21, 276 (2020). doi: 10.1186/s12875-020-01349-w

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