Practica 2019Update Allgemeinmedizin

Das "Update Allgemeinmedizin" bei der Practica 2019 umfasste verschiedene Themen, die für die Hausarztpraxis relevant sind. Neuerungen und interessante Informationen gab es zum Beispiel zum Impfen, zur Behandlung neuropathischer Schmerzen und zu Biomarkern.

Impfen

Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat auch 2019 einige Neuerungen zum Thema Impfen publiziert. Betont wird, dass neben dem Schutz des Einzelnen der Herdenschutz genauso wichtig ist, gibt es doch immer wieder Impfversager oder Menschen, die nicht geimpft werden können. Wichtig ist folgende Botschaft: Je mehr Menschen geimpft sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Infektionskrankheiten weltweit ausgerottet werden können.

Influenza-Impfung

Die Influenzaerkrankungen 2017/2018 haben gezeigt, was passiert, wenn zu wenige Menschen geimpft sind bzw. der Impfstoff weniger effektiv ist. Vor allem ältere und multimorbide Menschen starben an den Folgen der Infektion. Erschwerend hinzukommt, dass sich bei älteren Menschen, die eine Influenzaerkrankung durchgemacht haben, eine Verschlechterung der Aktivitäten des täglichen Lebens zeigt.

Darüber hinaus weist die STIKO darauf hin, dass die Impfungen gegen Influenza auch als Reiseimpfung sinnvoll sind, unabhängig davon, ob sich das Reiseziel auf der Nord- oder Südhalbkugel befindet. Der hiesige Impfstoff ist ausreichend immunogen, problematisch kann dagegen der Impfzeitpunkt für Reisen auf die Südhalbkugel sein. Dort beginnt die Grippesaison im Mai, doch wer hat im Mai noch Influenza-Impfstoffe?

HPV-Impfung

Neu ist die Impfung gegen das Humane Papillomavirus (HPV) für Jungen. Der Impfstoff ist seit 2007 für Mädchen zugelassen. Eine zweimalige Impfung wird seit 2014 für Mädchen im Alter von 9 bis 14 Jahren empfohlen. Die Impfquote zeigte jedoch nicht den gewünschten Erfolg. Zudem schützen Kondome nicht vor einer HPV-Infektion. Außerdem zeigen sich mittlerweile bei Männern jährlich bis zu 2.300 HPV-bedingte Tumore.

Der HPV-Impfstoff gilt als wirksam und sicher und erfasst 9 von 12 HPV-Typen, die für das Zervixkarzinom verantwortlich sind. Damit deckt der Impfstoff fast 90 Prozent der krebsauslösenden HPV-Typen ab. Während HPV 16 und 18 für weitere Tumorerkrankungen mitverantwortlich sind, verursachen die HPV-Typen 6 und 8 Genitalwarzen (Tab. 1). Entscheidend für eine hohe Wirksamkeit der Impfung ist, dass die zu impfende Person noch nicht infiziert ist. Daher sollte nach Möglichkeit vor dem sexuellen Erstkontakt geimpft werden.

Herpes-zoster-Impfung

Neu ist außerdem die Empfehlung, Menschen ab dem Alter von 60 Jahren mit einem Totimpfstoff gegen das Varizella-zoster-Virus zu impfen. Darüber hinaus kann die Impfung als Indikationsimpfung bei Patienten mit erhöhtem Risiko, z.B. wegen Immunschwäche oder einer chronischen Erkrankung, ab dem 50. Lebensjahr erfolgen. Wissen muss man, dass der Impfschutz erst nach der zweiten Impfung wirksam ist und dass die Impfung einen ausreichenden Abstand zu einer durchgemachten Infektion mit dem Virus haben sollte.

(Lesen Sie dazu auch den Beitrag “Herpes zoster nach Shingrix®-Impfung in HA16/19 , S. 8.)

Impfen bei Immunschwäche

Bei Patienten mit Immunschwäche, ob angeboren oder erworben, dürfen Lebendimpfstoffe nicht injiziert werden bzw. sollten mit dem behandelnden Spezialisten diskutiert werden. Totimpfstoffe sind möglich zu impfen, allerdings kann der Impferfolg abgeschwächt sein. Zu “Impfen bei primären Immundefekterkrankungen und HIV-Infektion” und “Impfen bei Autoimmunkrankheiten, bei anderen chronisch-entzündlichen Erkrankungen und unter immunmodulatorischer Therapie” hat die STIKO Empfehlungen herausgegeben.

Neuropathischer Schmerz

Nichtopioid-Analgetika sind in der Therapie neuropathischer Schmerzen wenig wirksam. Die aktuelle S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) sieht als Mittel der ersten Wahl tri- und tetrazyklische Antidepressiva, den selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Duloxetin, Antikonvulsiva vom Kalziumkanaltyp und bei peripheren Schmerzen und intakter Haut topische Therapeutika mit Lidocain und Capsaicin. Die Substanzen sind in der Wirksamkeit miteinander vergleichbar. Die Auswahl einer Substanz sollte von Begleiterkrankungen abhängig gemacht werden.

Kontrovers wird in der S3-Leitlinie “Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen (LONTS)” die Gabe von Opioiden, deren Vorteil ein schnellerer Wirkungseintritt ist, diskutiert. Grund hierfür sind Bedenken hinsichtlich der Langzeitsicherheit, sodass man die Langzeittherapie mit Opioiden von ihrer Wirksamkeit und den Nebenwirkungen in den ersten 4 bis 12 Wochen abhängig macht.

Unabhängig von der Schmerzursache müssen Komorbiditäten und Komedikation, Alter, Nebenwirkungen und Kontraindikationen beachtet werden. Das Problem ist, dass selten eine Schmerzfreiheit gelingt und die Wirkung oftmals erst nach 4 bis 8 Wochen eintritt. Ziel ist neben einer Schmerzreduktion (um 30 bis 50 Prozent) die Verbesserung der Schlaf- und Lebensqualität sowie der Teilnahme am Alltags- und Arbeitsleben.

Bei geriatrischen Patienten sollte zusätzlich eine erhöhte Gefahr von Stürzen, Delir und Verletzungen durch zentralnervöse Wirkungen und eine veränderte Pharmakodynamik und -kinetik berücksichtigt werden. Wichtig sind hier niedrige Dosierungen und langsame Auftitrierungen. Topische Therapeutika sind bei älteren Patienten aufgrund ihrer geringeren Nebenwirkungen vorzuziehen.

Biomarker

Die Bedeutung von Biomarkern in der Hausarztpraxis ist zu diskutieren. Die häufig angewendeten Biomarker Troponin, D-Dimere und NT-BNP sollen Akuterkrankungen mit raschem Handlungsbedarf bestätigen oder ausschließen. Dabei besteht das Problem, dass Komorbiditäten die Ergebnisse beeinflussen und damit die Interpretation erschweren, sodass das Ergebnis immer eine Einzelfallentscheidung unter Beachtung des gesamten klinischen Bildes darstellt. Hinzu kommt, dass Schnelltests oftmals keine ausreichende Sensitivität besitzen. Bei den D-Dimeren und beim NT-BNP spielt auch das Alter eine Rolle und muss bei der Testung mitberücksichtigt werden.

Festzuhalten ist, dass sich die Beurteilung von Biomarkern immer auf den einzelnen Patienten – mit Bezug auf die Gesamtsituation – bezieht.

Leitlinien und Empfehlungen

Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) 2019: https://hausarzt.link/TirGm

Impfen bei primären Immundefekterkrankungen und HIV-Infektion: https://hausarzt.link/g9dDz

Impfen bei Autoimmunkrankheiten, bei anderen chronisch-entzündlichen Erkrankungen und unter immunmodulatorischer Therapie: https://hausarzt.link/bsHx3

S2k-Leitlinie Diagnose und nicht interventionelle Therapie neuropathischer Schmerzen: https://hausarzt.link/B7Z5i

S3-Leitlinie Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen (LONTS): https://hausarzt.link/iezRy

TIPP

Ein Update zur Autismus-Spektrum-Störung und zum fetalen Alkoholsyndrom folgt in Der Hausarzt 09/2020.

 

Mögliche Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert.

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