Hausarzt MedizinHämorrhoiden: Situationsgerechte Therapie

Etwa 50 Prozent der über 50-Jährigen haben schon einmal über Hämorrhoidalbeschwerden geklagt. Die Therapie muss individualisiert erfolgen.

Hämorrhoiden sind stark durchblutete submuköse Kissen, die im oberen Anteil des Analkanals liegen. Die normale Anatomie des Analkanals zeigt drei Hauptkissen bei 3, 7 und 11 Uhr Steinschnittlage, zwischen ihnen können sich kleinere Kissen befinden. Diese Kissen tragen 15 bis 20 Prozent zum Ruhedruck im Analkanal bei [1,2].

Hämorrhoidalbeschwerden entstehen durch eine Hypertrophie der normalen ana­len Polster mit nachfolgender Überdehnung des Bindegewebes und einer Dilatation des Corpus cavernosum recti [3]. Tabelle 1 zeigt Faktoren, die zu diesen pathologischen Veränderungen führen können. Differenzial­diagnostisch kommen alle Erkrankungen in Betracht, die in Tabelle 2 aufgelistet sind.

Symptome

Das häufigste Symptom ist die rektale Blutung gefolgt von Schleimabgang und daraus resultierend analem Juckreiz [4, 5]. Vergrößerte Hämorrhoidalkissen sind als solche nicht schmerzhaft, lediglich eine akute Hä­morrhoidalthrombose oder eine Inkarzera­tion kann einen heftigen Schmerz auslösen. Bei peranalem Blutabgang muss sich zum Ausschluss eines malignen Prozesses neben einer Prokto­ und Rektoskopie im Zweifels­fall auch eine Sigmoidos­ oder Koloskopie anschließen.

Einteilung

Klassifikationen wie die nach Goligher [6] (Abb. 2) erlauben es, das Hämorrhoidalleiden zu standardisieren und können helfen, den Behandlungsverlauf zu dokumentieren. An­ zustreben ist eine differenzierte und auf den jeweiligen Patienten abgestimmte und individualisierte Therapie.

Konservative Therapie

Die konservative Therapie wird in der Re­gel bei Patienten mit Hämorrhoiden in den Graden I und II eingesetzt. Jedoch sollte ei­ne konservative Basistherapie in allen Stadien begleitend eingesetzt werden. Dazu gehören eine Stuhlregulation mit ballaststoffreicher Kost zur Erhöhung des Stuhlvolumens sowie eine reichliche Flüssigkeitsaufnahme. Zusätzlich sollte ein übermäßiges Pressen während der Defäkation vermieden werden ebenso wie lange „Sitzungen“.

Laxanzien können unterstützend helfen. Eine sorgfältige Analhygiene mit klarem Wasser, sportliche Aktivität zur Anregung der Darmmotilität und eine Gewichtsreduktion komplettieren die Basistherapie.

Die Basistherapie kann stadienübergreifend unterstützt werden durch Salben und Suppositorien, wobei hier die Besserung der Symptomatik im Vordergrund steht und nicht die Behebung der zugrundeliegenden Ursache. Hierbei kommen vor allem steroidhaltige, aber auch lokalanästhetische und antiinflammatorische Substanzen zum Einsatz, die auf den Schmerz und die entzündlichen Komponenten eine positive Wirkung haben.

Interventionelle nicht operative Therapien werden besonders bei Patienten mit Hämorrhoiden in den Graden I und II eingesetzt. Diese Methoden haben den Vorteil, dass sie in der Regel schnell durchgeführt werden können, kostengünstig sind und keine Sedierung oder gar Narkose benötigen.

Gummibandligatur: Bei der Technik nach Barron [7] wird ein Gummiband nach Ansaugen oder Einziehen der Basis des Hämorrhoidalkissens angelegt, das diese stranguliert. Das nachfolgend nekrotisierende Gewebe fällt nach 7 bis 15 Tagen ab und die entstehende Vernarbung führt zu einer Fixation der Mukosa und Reduktion der Durchblutung des Hämorrhoidalkissens, während die Feinabdichtung vollständig erhalten bleibt. Obwohl in einer Sitzung mehrere Gummibänder angelegt werden können, empfiehlt es sich, nicht mehr als 1 oder 2 Bänder pro Sitzung zu applizieren. Die Erfolgsrate wird mit 69 bis 94 Prozent angegeben bei gleichzeitiger niedriger Komplikationsrate [8]. Da der proximale Anteil des Analkanals nicht sensibel versorgt ist, sollten die Patienten bei regelrechter Anlage des Gummibandes etwas proximal des Hämorrhoidalknotens schmerzfrei sein [9].

Die Sklerosierungstherapie ist eine weit verbreitete Technik, bei der nach Blanchard ein Sklerosierungsmittel (z. B. Phenollösung) neben das zuführende arterielle Gefäß proximal des Hämorrhoidalkissens injiziert wird. Auch hier soll durch die Induktion von Narbengewebe eine Verminderung des Blutzuflusses aber auch eine Fixation der Mukosa auf der Unterlage erreicht werden [10]. In der Regel wird bei 3, 7 und 11 Uhr Steinschnittlage im Abstand von ca. 2 Wochen eingespritzt und dies 3- bis 4-mal wiederholt. Dieses Verfahren ist komplika tionsarm und schmerzfrei, die Erfolgsrate jedoch uneinheitlich mit Rezidivraten bis zu 30 Prozent [11].

Operative Therapie

Nur bei etwa 10 Prozent der Patienten, die wegen eines Hämorrhoidalleidens ärztlichen Rat suchen, besteht eine Operationsindikation [12]. Dies betrifft Patienten mit Hämorrhoiden in den Graden III oder IV, Patienten nach erfolgloser konservativer Therapie, Patienten mit Hämorrhoidalblutung oder -thrombose und Patienten mit inkarzerierten Hämorrhoiden, wobei hier jedoch, wenn es die Klinik erlaubt, immer der Versuch unternommen werden sollte, durch konservative Maßnahmen eine Reposition zu erreichen, da eine ausgedehnte Resektion die Gefahr einer postoperativen Inkontinenz erhöht.

Ziel der Operation ist eine Wiederherstellung der normalen Anatomie und Physiologie durch Reposition der prolabierten Mukosa und anatomiegerechter Rekonstruktion.

Die offene Hämorrhoidektomie nach Milligan-Morgan ist nach wie vor der Goldstandard der operativen Hämorrhoidenbehandlung [13], insbesondere bei einzelnen, vergrößerten Hämorrhoidalkissen. Hierbei wird der interne und externe Anteil der Hämorrhoide bis zu seinem Gefäßstiel exzidiert, nachdem dieser umstochen wurde. Diese Technik kann nach Ferguson modifiziert werden [14], wobei dann der Defekt fortlaufend vernäht wird. Ein Rezidiv nach einer technisch korrekt ausgeführten Hämorrhoidektomie ist selten [15], dennoch bleibt der postoperative Schmerz der Hauptnachteil der Hämorrhoidektomie [16]. Die Patienten benötigen 2 bis 4 Wochen, um wieder arbeitsfähig zu werden [17]. Moderne Techniken wie das Harmonic Scalpel oder das LigaSure sind vielversprechende Ansätze, um dieses Problem zu beherrschen [18, 19].

Die Staplerhämorrhoidopexie nach Longo [20] (Abb. 1) hat sich als ideale Technik bei zirkulären prolabierten Hämorrhoiden im Grad III etabliert. Mit diesem Vorgehen wird eine zirkuläre Manschette von Rektummukosa und -submukosa proximal der Linea dentata reseziert und durch eine Klammernahtreihe verschlossen. Dadurch wird das prolabierte Gewebe in den Analkanal zurückgezogen und gleichzeitig der Blutzufluss zum Hämorrhoidalgewebe vermindert. Da bei korrekter Anwendung das Anoderm unangetastet bleibt, kommt es zu einer signifikanten Reduktion des postoperativen Schmerzes. Allerdings konnte im Langzeitverlauf im Vergleich zur offenen Hämorrhoidektomie auch eine höhere Rezidivrate nachgewiesen werden [21, 22]. Nicht unerwähnt bleiben darf die Tatsache, dass ernsthafte Komplikationen wie Rektumperforation oder retroperitoneale Sepsis mit dieser Methode berichtet wurden.

Die dopplersonographisch gesteuerte Hämorrhoidenarterienligatur (HAL) positioniert sich zwischen konservativer und operativer Therapie [23], da die Prozedur keine Exzision beinhaltet. Grundsätzlich kann diese Technik bei Hämorrhoiden in jedem Stadium durchgeführt werden, findet jedoch seine breite Anwendung in den Graden II und III. Über ein Spezialproktoskop werden dopplersonographisch gesteuert die zuführenden Hämorrhoidalarterien identifiziert und nachfolgend ligiert. In einer Modifikation (HAL-RAR) wird zur Gewebsverkleinerung eine vertikale Raffnaht (recto-anal- repair) angelegt. In einer Serie mit 100 konsekutiven Patienten konnte mit der HAL eine Rezidivrate von 12 Prozent und eine Komplikationsrate von 6 Prozent gezeigt werden [24].

Fazit

  • Das Hämorrhoidalleiden ist eine Volkskrankheit mit vielen Facetten.

  • Eine genaue Kenntnis der Anatomie und Physiologie des Anorektums muss Grundlage für eine Beurteilung des Schweregrades und der Einleitung einer entsprechenden Therapie sein.

  • Es gibt keinen Therapiestandard, der allen Stadien und Modalitäten der Erkrankung entspricht. Vielmehr muss die jeweilige Therapie situationsgerecht angewendet werden können und zugleich effektiv und komplikationsarm sein

Tab. 1: Faktoren, die Hämorrhoidalleiden begünstigen:

  • Obstipation

  • Vermehrtes Pressen

  • Schwangerschaft

  • Ernährung (ballaststoffarme Kost)

  • Erhöhter intraabdomineller Druck

  • Unregelmäßige Darmentleerung

  • Erhöhter Sphinkterruhedruck

  • Genetische Disposition

Tab.2: Differenzial­diagnosen

  • Marisken

  • Hypertrophe Analpapille

  • Analprolaps

  • Rektumprolaps

  • Analvenenthrombose

  • Fissur

  • Tumoren (benigne, maligne)

Mögliche Interessenkonflikte: keine

Literatur

  • 1 Thomson WH. The nature of haemorrhoids. Br J Surg 1975; 62(7): 452-52.

  • 2 Haas P, Fox T, Haas G. The pathogenesis of hemorrhoids. Dis Colon Rectum 1984; 27: 442-50.

  • 3 Stelzner F, Staubesand J, Machleidt H. Das Corpus cavernosum recti – die Grundlage der inneren Hämorrhoiden. Arch Klein Chir 1962; 299: 302-312.

  • 4 Dennison AR, Whitson RJ, Rooney S, Morris DL. The management of hemorrhoids. Am J Gastroenterol 1989; 84: 475-81.

  • 5 Kluiber RM, Wolff BG. Evaluation of anemia caused by hemorrhoidal bleeding. Dis Colon Rectum 1994; 37: 1006-1007.

  • 6 Goligher JC. Surgery of the anus, rectum and colon, 4th edn. Balliere, Tindall, London, pp 136.

  • 7 Barron I. Office ligation treatment of hemorrhoids. Dis Colon Rectum 1963; 6: 109-13.

  • 8 Bat L, Melzer E, Koler , Dreznick Z. Complications of rubber band ligation of symptomatic internal haemorrhoids. Dis Col Rectum 1993; 101: 181-8.

  • 9 Watson NF, Liptrott S, Maxwell-Armstrong CA. A prospective audit of early pain and patient satisfaction following out-patient band ligation of haemorrhoids. Ann R Coll Surg Engl 2006; 88(3): 275-9.

  • 10 Zainea G, Randall G, Norman DA et al. Office treatment of hemorrhoids. In Pfeninnger JL, Fowler GC (eds.): Procedures For Primary Care Physicians. St. Louis, Mosby-Year Book, Inc, 1994, p 929.

  • 11 Walker AJ, Leicester RJ, Nicholls RJ, et al. A prospective study of infrared coagulation, injection and rubber band ligation in the treatment of haemorrhoids. Int J Colorectal Dis 1990; 5: 113-6.

  • 12 Bleday R, Pena JP, Rothenberger DA, et al. Symptomatic hemorrhoids: current incidence and complications of operative therapy. Dis Col Rectum 1992; 35: 477-81.

  • 13 Milligan ETC, Morgan CN, Jones LE, et al. Surgical anatomy of the anal canal and operative treatment of haemorrhoids. Lancet 1937; 2:1119-24.

  • 14 Ferguson JA, Mazier WP, Ganchrow MI, et al. The closed technique of hemorrhoidectomy. Surgery 1971; 70: 480-4.

  • 15 Ho YH, Seow-Choen F, Tan M, et al. Randomized controlled trial of open and closed haemorrhoidectomy. Br J Surg 1997; 84: 1729-30.

  • 16 Carapeti EA, Kamm MA, McDonald PJ, et al. Randomized trial of open versus closed day-case haemorrhoidectomy. Br J Surg 1999; 86: 612-3.

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