ForschungGroß oder klein – bei wem ist das Krankheitsrisiko höher?

Ein Forschungsteam hat herausgefunden, dass große Menschen ein geringeres Herzinfarkt-Risiko haben als kleine Menschen. Bei einer anderen Erkrankung haben sie hingegen das Nachsehen.

Das Risiko eines Menschen für bestimmte Erkrankungen hängt auch von der Körpergröße ab.

Berlin. Ob groß oder klein – die Körpergröße kann auch Einfluss auf das Risiko für bestimmte Erkrankungen haben. Und dass die Menschen immer größer werden, ist statistisch belegt: Deutsche Männer maßen 1896 im Schnitt gut 1,67 Meter, 2021 dagegen fast 1,80 Meter. Bei den Frauen kletterte der Wert in diesem Zeitraum von 1,56 auf 1,66 Meter.

Grund für die Zunahme der Körpergröße könnte der zunehmende Verzehr von Milchprodukten und rotem Fleisch sein, berichtet Professor Norbert Stefan vom Universitätsklinikum Tübingen. Er verweist in diesem Zusammenhang auf China, wo die Körpergröße seit Jahren zunehme.

Ein übermäßiger tierischer Eiweißkonsum aktiviere Wachstumsgene (vor allem die für die Wachstumsfaktoren IGF-1 und IGF-2). Stefan bezeichnet diese als “Dünger für die Zellen”. Kinder würden dadurch im Mutterleib und als Erwachsene größer.

Entscheidend ist grundsätzlich aber, wie gesundheitsbewusst jemand seinen Alltag verbringt. Aber auch die Größe spielt eben eine Rolle.

Diabetes

Bei Diabetes sind große Menschen im Vorteil. Denn die genetischen Faktoren für das Körperwachstum hängen laut Stefan mit weniger Fettgehalt in der Leber und einer besseren Insulin-Sensitivität zusammen.

Diese beiden Faktoren sorgten dafür, dass große Personen seltener an Diabetes erkranken. Bei kleinen Menschen wird Glukose hingegen schlechter verstoffwechselt, daher erkranken sie im Schnitt häufiger an Diabetes.

Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Auswertung vom Mai 2023: Je größer Frauen und Männer in allen Altersgruppen sind, desto weniger wahrscheinlich erkranken sie an Typ-2-Diabetes. Risikofaktoren dafür sind aber auch starkes Übergewicht und Bewegungsmangel.

Professor Karel Kostev, wissenschaftlicher Leiter beim Auftragsforschungsinstitut IQVIA, hat für die Studie mit einem Internisten-Team der Uniklinik Düsseldorf die Daten von 780.000 erwachsenen Patienten untersucht.

Ihr Fazit: Pro zehn Zentimeter geringerer Körpergröße, steigt das Risiko für neu aufgetretenen Typ-2-Diabetes bei Frauen um 15 Prozent und bei Männern um 10 Prozent. Zusammenhänge zwischen der Körpergröße und der Entwicklung von Typ-1-Diabetes gibt es demnach aber nicht.

Auch eine weitere deutsche Untersuchung kam 2019 zu dem Ergebnis, dass kleine Menschen ein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes haben – und zwar unabhängig von der jeweiligen Körperfettmasse.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Die Körpergröße kann auch Einfluss auf das Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung haben. Dazu wurden von der Uniklinik Düsseldorf die Daten von knapp 660.000 Patienten ausgewertet – mit dem Ergebnis: Kleinere Frauen und Männer erkranken wahrscheinlicher als große an Hypertonie oder erleiden einen Schlaganfall.

Nach Auskunft von Prof. Stefan aus Tübingen sind große Menschen gleich mehrfach im Vorteil. Er zählt auf: “Weniger Fettsäuren, LDL Cholesterin niedriger, Glukose niedriger und Hepatokine (Leberproteine) günstiger.” Das heißt zusammengenommen: Große Menschen haben ein geringeres Herzinfarktrisiko.

Den Daten der Düsseldorfer Forscherinnen und Forscher zufolge haben kleine Frauen und Männer zudem ein höheres Risiko für eine koronare Herzerkrankung. Pro zehn Zentimeter Zunahme bei der Körpergröße nimmt laut Untersuchung das Risiko für eine koronare Herzerkrankung um neun Prozent bei Frauen und 13 Prozent bei Männern ab. Im Gegensatz dazu haben größere Frauen und Männer demnach ein höheres Risiko für Vorhofflimmern.

Thrombosen

Im Hinblick auf Thrombosen sind große Menschen allerdings eindeutig im Nachteil. “Je länger die Extremitäten, desto länger muss das Blut bis hoch zum Herz gepumpt werden”, veranschaulicht Stefan. Die Thrombosen entstünden in bis zu 90 Prozent der Fälle in den tiefen Beinvenen.

Auch Professor Kostev kommt gemeinsam mit dem Internisten-Team in Düsseldorf zum dem Fazit, dass die Gefahr einer Erkrankung je zehn Zentimeter Körpergröße um 23 Prozent zunimmt. Zudem zeigt auch ein Blick in eine schwedische Analyse aus dem Jahr 2017: Große Menschen haben ein höheres Thromboserisiko.

US-Forscher kamen ebenfalls zum Ergebnis, dass große Menschen ein höheres Risiko für Vorhofflimmern und Krampfadern haben, die die Entstehung von Thrombosen begünstigen können. Dazu analysierte das Team von der University of Colorado Daten von mehr als 250.000 Erwachsenen im Hinblick auf die Inzidenzen von 1000 verschiedenen Krankheiten und Merkmale.

Krebserkrankungen

Auch bei Krebserkrankungen besteht ein Zusammenhang zwischen Körpergröße und Erkrankungsrisiko. So zeigen die Studienergebnisse der Uniklinik Düsseldorf, dass bei größeren Menschen generell ein höheres Krebsrisiko besteht: Das Risiko erhöht sich bei Frauen um elf Prozent und bei Männern um sechs Prozent je zehn Zentimeter Zunahme bei der Körpergröße. Das höhere Krebsrisiko ist laut Stefan durch ein lebenslang stärkeres Zellwachstum bedingt, das durch die Wachstumsgene IGF-1 und IGF-2 gefördert werde.

Forscherinnen und Forscher stellten aber auch einen Zusammenhang zwischen der Körpergröße und der Häufigkeit bestimmter Krebsarten fest. Die drei häufigsten bei großen Menschen: Melanom, Darm- und Brustkrebs.

Muskel- und Skeletterkrankungen

“Ein Zusammenhang zwischen Körpergröße und Rückenschmerzen wird zwar immer postuliert, ist aber nicht bewiesen”, so Professor Bernd Kladny, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie.

Die Belastung sei bei großen Menschen zwar höher, wenn sie sich zum Beispiel nach vorne beugen und etwas aufheben, “sie haben aber auch eine andere Anatomie mit kräftigeren Muskeln als kleine Menschen”. Es gebe sehr viele Faktoren, die zu Rückenschmerzen beitragen.

dpa/red

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