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DiagnoseSchlafapnoe: Screening in der Hausarztpraxis

Tagesmüdigkeit kann auf ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom hindeuten. Ein kardiorespiratorisches Polygrafie-Screening hilft bei der Diagnosestellung.

Normale Atmung versus obstruktives Schlafapnoe- Syndrom: Bei schwer betroffenen Patienten kommt es nächtlich fast in jeder Minute zu einer Phase der Apnoe.

Herr M. stellt sich zum dritten Mal innerhalb eines Quartals bei Ihnen vor. Er ist etwas ungehalten: Auch die zweite Umstellung seiner Blutdrucktabletten hat nicht dazu geführt, dass die morgendlichen Messwerte im Normbereich liegen.

Stattdessen scheinen die Tabletten seine Abgeschlagenheit, seine Müdigkeit und sein Stimmungstief zu verstärken. Sie betreuen Herrn M. nun schon länger und fragen sich, ob er seine Tabletten zuverlässig einnimmt oder ob vielleicht noch etwas anderes hinter seinen Beschwerden steckt.

Leitsymptom Tagesmüdigkeit

Tagesmüdigkeit ist das Leitsymptom des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms. Zusätzlich klagen die Betroffenen – es handelt sich hauptsächlich um Männer im mittleren Lebensalter – über Konzentrationsschwäche, Stimmungsschwankungen sowie verminderte körperliche und geistige Leistungsfähigkeit.

Aber auch Gewichtszunahme, Potenzstörungen und vor allem erhöhte Blutdruckwerte am Morgen zählen zu den typischen Folgen. In der 24-Stunden-Blutdruckmessung könnte zudem das Fehlen des nächtlichen Blutdruckabfalls (Non-Dipping) auffallen. Angehörige können über ausgeprägtes Schnarchen oder sogar beobachtete Atemaussetzer berichten.

Weckreaktion nach Apnoe

Beim obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom kommt es im Schlaf durch die physiologische Muskelerschlaffung im Rachenbereich zu einer Verlegung der Atemwege durch Weichteile: Die oberen Atemwege verschließen sich für Sekunden oder Minuten, die Folge ist ein relevanter Sättigungsabfall.

Im Körper entsteht eine Weckreaktion, welche durch Stresshormone induziert wird. Diese führt zu einem Puls- und Blutdruckanstieg und erhöht den Muskeltonus. Mit tiefen Atemzügen, die auf die Apnoe folgen, erreicht die Sauerstoffsättigung wieder Normalwerte und der Schlaf wird wieder tiefer.

In den tieferen Schlafstadien kommt es erneut zu einer Erschlaffung der Rachenmuskulatur, die oberen Atemwege kollabieren und der nächste Zyklus geht los. Bei schwer betroffenen Patienten kommt es nächtlich fast in jeder Minute zu einer Phase der Apnoe, gefolgt von einer Weckreaktion. Diese Patienten haben einen fragmentierten Schlaf, der keine nächtliche Erholung zulässt.

Test zur Tagesschläfrigkeit

Liefert die Anamnese Hinweise auf ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom, ist die Durchführung eines Tests zur Tagesschläfrigkeit (zum Beispiel die Epworth Sleepiness Scale, s. Kasten) sinnvoll, um die Prätestwahrscheinlichkeit vor einer Polygrafie zu erhöhen und somit falsch-positive Diagnosen zu reduzieren.

Auch bei Herrn M. nutzen Sie die Epworth Sleepiness Scale. Sie sind nicht überrascht, dass ihr Patient dort hohe Werte erreicht. Nachdem Sie ihm Ihre Verdachtsdiagnose des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms erläutert haben, stimmt Herr M. der Untersuchung mit dem praxiseigenen Polygrafiegerät zu.

Was leistet die Polygrafie?

Es gibt eine Vielzahl verschiedener kardio-respiratorischer Polygrafie-Systeme. Diese eignen sich zur Diagnostik der obstruktiven Schlafapnoe; sie haben jedoch ihre Grenzen, wenn pulmonale, psychiatrische oder neurologische/neuromuskuläre Begleiterkrankungen oder schon andere Schlafstörungen wie die zentrale Schlafapnoe, ein Obesitas-Hypoventilationssyndrom oder periodische Beinbewegungen vorliegen.

Zudem handelt es sich nicht um eine Ausschlussdiagnostik: Bei einem negativen Polygrafie-Befund können Sie eine trotzdem vorhandene schlafbezogene Atmungsstörung nicht sicher ausschließen. Verlaufs- und Therapiekontrollen bei schon auf eine CPAP-Therapie eingestellten Patienten können ebenfalls polygrafisch erfolgen.

Abrechnung

Die Abrechnung der Polygrafie mit den gesetzlichen Krankenkassen ist an mehrere Voraussetzungen gebunden. Zunächst müssen die fachlichen Bedingungen erfüllt sein: Entweder muss der Anwender die Zusatzbezeichnung “Schlafmedizin” führen oder über eine zugelassene Facharztbezeichnung verfügen und zudem erfolgreich an einem Kurs nach BUB-Richtlinien zur Abrechnung der ambulanten Polygrafie teilgenommen haben.

Als weitere Bedingung zur Abrechnung müssen Sie die apparativen Voraussetzungen, also ein geeignetes Polygrafie-Gerät, vorhalten. Bei der Auswahl des Polygrafie-Systems sollten Sie berücksichtigen, dass zur Abrechnung eine bestimmte Anzahl von Ableitungskanälen notwendig ist.

Bei der abrechnungsfähigen Polygrafie müssen folgende Parameter während einer mindestens sechsstündigen Schlafphase bestimmt werden:

  • der Atemfluss (mittels Staudrucksensor oder Thermistor)
  • Schnarchgeräusche
  • Sauerstoffsättigung
  • die Körperlage
  • die abdominellen und thorakalen Atembewegungen

Bei der Entscheidung zur Abrechnung der Polygrafie mit der Gebührenordnungsposition 30900 müssen Sie berücksichtigen, dass einige Abrechnungsausschlüsse zum Tragen kommen, die den Umsatz deutlich reduzieren.

Polysomnografie: Wann sinnvoll?

In Abgrenzung zur Polygrafie beinhaltet die Polysomnografie zusätzlich die Aufzeichnung von Schlaf-EEG, EKG, Elektrookulografie und -myografie sowie ein Schlafvideo. Die Polysomnografie soll in folgenden Fällen durchgeführt werden: wenn die Ergebnisse der Polygrafie nicht eindeutig waren, wenn der Verdacht auf eine schlafbezogene Atmungsstörung trotz unauffälliger Polygrafie weiterhin besteht, zur Differenzialdiagnose schlafmedizinischer Erkrankungen und bei Verdacht auf schlafmedizinisch relevante Begleiterkrankungen [1].

Ab ins Schlaflabor

Herr M. kommt in der Folgewoche vorbei. Eine MFA legt ihm das Polygrafie-Gerät am Abend in der Praxis an. Sie erklärt ihm die Funktion der Nasenbrille und stellt Brust- und Bauchgurt auf die richtige Länge ein, um die Atembewegung von Abdomen und Thorax aufzuzeichnen.

Sie empfiehlt Herrn M., vor dem Schlafengehen noch einen Pflasterstreifen um das Pulsoxymeterkabel zu legen. Kurze Zeit später verlässt ihr Patient verkabelt die Praxis.

Am Folgetag werten Sie die Polygrafie von Herrn M. aus. Der Index aus aufgetretenen Apnoen und Hypopnoen im Verhältnis zur Gesamtschlafzeit wird mit 38,5/h errechnet. Herr M. hat somit ein ausgeprägtes obstruktives Schlafapnoe-Syndrom und muss sich zur Einleitung einer CPAP-Therapie im Schlaflabor vorstellen.

Sie sind sich sicher, dass danach auch die Einstellung seines Blutdrucks kein Problem mehr darstellen wird. Und sollte Herr M. die CPAP-Maske nicht erfolgreich nutzen können, besteht seit Anfang 2022 auch die Möglichkeit einer Versorgung mit einer Unterkieferprotrusionsschiene für alle gesetzlich Versicherten.

Quelle: 1. Stuck BA, Arzt M, Fietze I. et al Teil-Aktualisierung S3-Leitlinie Schlafbezogene Atmungsstörung bei Erwachsenen. Somnologie 2020. DOI: 10.1007/s11818-020-00257-6

Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert.

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