Medizinhistorische SchlaglichterWerner Rolfinck: Streitbarer Anatom, Botaniker und Chemiker

"Rolfincken" – ein berühmt-berüchtigter Ausdruck, der auf den Arzt Werner Rolfinck zurückgeht. Er bezeichnet die – später meist illegale – Beschaffung von Leichen, um sie zu sezieren.

Werner Rolfinck auf einem Kupferstich von Johann Dürr

Der Jenaer Arzt Werner Rolfinck (1599-1673) richtete unter anderem ein anatomisches Theater ein, in dem er auch öffentliche Leichensektionen vorführte. Dabei sezierte er 1629 auch kurz zuvor hingerichtete Verbrecher, was als gezielte Maßnahme der Abschreckung gedacht war.

Und es zeigte auch Wirkung. In Jena ging danach offenbar die Zahl der Verbrechen zurück, denn Kriminelle mussten fürchten, nach ihrer Hinrichtung auch noch “gerolfinckt” zu werden.

Das Leichensezieren war nur eine von Rolfincks Tätigkeiten. Er war nicht nur Anatom, sondern auch Botaniker und vor allem einer der ersten Medizinprofessoren, die sich mit Chemie, speziell mit Iatrochemie, auseinandersetzten. Er hatte sogar eine der ersten Professuren für Iatrochemie in Europa inne.

Doch von Anfang an: Werner Rolfinck (auch Rolfink), 1599 in Hamburg geboren, studierte zunächst in Wittenberg Philosophie. Nach zwei Jahren wechselte er in die Medizin. Er setzte seine Studien in Leiden, Oxford und Paris fort und ging dann nach Padua, an eine der ältesten Universitäten Europas (sie wurde bereits 1222 gegründet). Hier promovierte er 1625 zum Doktor der Humanmedizin.

Immer seiner Zeit voraus

In Padua ist der Deutsche nicht vergessen. Im Palazzo Bo der altehrwürdigen Universität gibt es den “Saal der Vierzig”, die Sala dei Quaranta, mit den Porträts der 40 bedeutendsten internationalen Absolventen der Universität vom 13. bis zum 19. Jahrhundert.

Hier sind Porträts zu sehen von Königen, Staatsmännern, Philosophen, Naturforschern und auch von berühmten Medizinern. Darunter sind etwa der Engländer William Harvey (1578-1657), Entdecker des Blutkreislaufs, der dänische Arzt Thomas Bartholin (1616-1680), einer der Entdecker des Lymphsystems, und eben auch der Deutsche Werner Rolfinck.

Rolfinck blieb nach seiner Promotion zunächst in Padua, ging vorübergehend nach Venedig und bekam 1628 das Angebot, in Padua eine Professur zu übernehmen, die er aber ablehnte. Er kehrte nach Deutschland zurück, zunächst auf den Lehrstuhl für Anatomie in Wittenberg. 1629 kam er als Professor für Anatomie nach Jena. Ab 1631 lehrte er hier auch Chirurgie und Botanik.

Rolfinck war der erste deutsche Mediziner, der William Harveys 1616 aufgestellte Lehre vom Blutkreislauf unterstützte und in Deutschland bekannt machte. Er hielt diese Entdeckung für genauso wichtig wie die Entdeckung der neuen Welt durch Kolumbus.

Er bestimmte als erster bei einer Sektion den Sitz von Katarakten in der Augenlinse. Zudem förderte er die Lehre der Botanik für angehende Ärzte und gründete 1631 den Botanischen Garten in Jena. In seinen Vorlesungen und Exkursionen kombinierte er Botanik mit Chemie – immer seiner Zeit voraus!

Chemie im Dienste der Medizin

Vor allem beschäftigte sich Werner Rolfinck ausgiebig mit Chemie. 1638 gründete er ein chemisches Laboratorium. 1639 wurde er zum “Director exercitiis Chymicis” bestellt, 1641 wurde daraus die erste Professur für Iatrochemie an einer deutschen Universität.

Zur Erinnerung: Die Iatrochemie ist ein von Paracelsus (eigentlich Theophrast von Hohenheim, 1493/94-1541) im 16. Jahrhundert entwickeltes Gesundheits-, Krankheits- und Heilkonzept, das alle physiologischen und pathophysiologischen Vorgänge als körperchemische Vorgänge deutete, erklärt der Heidelberger Medizinhistoriker Professor Wolfgang U. Eckart.

“Dem Arzt sind in Diagnostik und Therapie genaue Kenntnisse von der Wirkkraft, der Beschaffenheit und der Verwandelbarkeit chemischer Stoffe unerlässlich.” Neben pflanzlichen Heilmitteln gab es auch iatrochemische Arzneimittel aus Mineralien, die durch chemische Prozesse hergestellt wurden. Aus der Iatrochemie hat sich die pharmazeutische Chemie entwickelt.

Als Professor für Iatrochemie befasste sich Werner Rolfinck mit der Präparation von Heilmitteln. Und er untersuchte die chemischen Reaktionen und iatrochemischen Wirkungen der verschiedensten Substanzen, also deren Wirkungen auf den Körper und zur Behandlung von Krankheiten.

Dabei experimentierte er vor allem mit Metallen wie Eisen, Zink, Zinn, Blei, Quecksilber, Kupfer, Antimon, Silber und Gold. Er stellte die Chemie immer ganz in den Dienst der Medizin.

Rolfinck war auch Dekan der medizinischen Universität und später Rektor der Universität Jena. Vor 350 Jahren, im Mai 1673, starb Werner Rolfinck im Alter von 73 Jahren. Mit seinen anatomischen Ansichten und der iatrochemischen Grundlagenforschung revolutionierte und modernisierte Rolfinck die medizinische Fakultät in Jena.

Auch über Jena hinaus hatte der zukunftsweisende Mediziner großen Einfluss, durch seine Schriften und durch seine vielen Schüler.

Werner Rolfinck markierte den Übergang von der Medizin der Renaissance, die noch ganz auf antiken Traditionen und Vorstellungen fußte, zur modernen Experimentalwissenschaft, so der Münchner Wissenschaftshistoriker Professor Claus Priesner in einem Beitrag über den Arzt, der gleichzeitig Anatom, Botaniker und Chemiker war.

Quellen u.a.:

Eckart, Wolfgang U.: “Geschichte der Medizin”, Springer-Lehrbuch.

Eckart, Wolfgang U., Gradmann, Christoph: “Ärztelexikon”, Verlag C.H.Beck.

Hendrich, Jürgen: “Rolfincks Streitschriften wider die Alchemie”, Fundstück 05/2017, Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Priesner, Claus, “Rolfink, Werner” in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 9-10 www.hausarzt.link/QCkCj

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