Serie "Familienfreundliche Praxis"Jobsharing und Co: Arbeitszeit reduzieren – aber wie?

Vertretung, Ruhen der Zulassung, Aufteilen des Arztsitzes: Was wird aus der Praxis während Mutterschutz und Elternzeit? Ein Vergleich verschiedener Modelle.

Arbeit abgeben: Auch Jobsharing ist eine Möglichkeit, für die Hausarztpraxis aber eher ungünstig.

Nach der Geburt eines Kindes haben viele Hausärztinnen und Hausärzte den Wunsch, beruflich kürzer zu treten, um mehr Zeit für den Nachwuchs zu haben. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Modellen. “Es gibt viele Möglichkeiten für Hausärztinnen und Hausärzte mit Kindern, eine gute Work-Life-Balance zu finden”, sagt die Rechtsassessorin Lisa Maria Probst vom Beratungscenter Kassel der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen.

Das ist nicht nur ein Thema für Mütter. Bei Probst und ihren Kollegen melden sich auch viele Väter, die beruflich zurücktreten wollen, um ihre Kinder zu betreuen.

Anders als angestellte Medizinerinnen sind niedergelassene Hausärztinnen in der Schwangerschaft nicht von pauschalen Arbeitsverboten betroffen und an die Mutterschutzfrist von acht Wochen gebunden. Sie können selbst entscheiden, wie lange sie arbeiten und was in dieser Zeit und nach der Geburt mit ihrer Praxis geschieht.

Option 1: Vertretung

Wenn Ärztinnen nur einige Wochen vor und nach der Geburt aussetzen wollen, müssen sie der KV nur eine Abwesenheitsmeldung schicken und eine Vertretung benennen – einen eigens gesuchten Vertreter oder Kollegen in der eigenen oder einer anderen Praxis. Das ist nicht sehr aufwändig, kommt allerdings nach Probsts Erfahrung sehr selten vor. Die meisten Ärztinnen wollen länger aussetzen.

Merke: Im Zusammenhang mit der Entbindung eines Kindes können sich Praxischefinnen bei der KV bis zu zwölf Monate abwesend melden und eine Vertretung anzeigen. Sie müssen dafür nur einen Nachweis über die Entbindung einreichen.

Oft möchten Hausärztinnen und Hausärzte, die Eltern geworden sind, aber eine längerfristige Perspektive, weiß Probst aus ihrer Beratungspraxis.

Option 2: Sicherstellungsassistent

Eine Möglichkeit hierfür ist die Anstellung eines Sicherstellungsassistenten. Das ist ein Kollege, der von einem Vertragsarzt beschäftigt werden kann, wenn dieser vorübergehend seine Verpflichtungen nicht in vollem Umfang erfüllen kann, und der über die gleiche Facharztanerkennung verfügt wie der Arbeitgeber, also in der Hausarztpraxis Facharzt für Allgemeinmedizin oder Facharzt für Innere Medizin ist.

Der Sicherstellungsassistent muss sozialversicherungspflichtig angestellt werden. Anders als eine Vertretung muss seine Beschäftigung von der KV genehmigt werden. “Der Unterschied ist, dass der Vertreter alleine in der Praxis tätig ist, der Sicherstellungsassistent muss von der Ärztin oder dem Arzt überwacht werden”, erklärt Probst. Das können Eltern gewährleisten, indem sie einige Stunden in der Woche in der Praxis sind.

Nach der Geburt eines Kindes genehmigen die KVen bis zu drei Jahre einen Sicherstellungsassistenten. Details können je nach Region unterschiedlich sein, deshalb ist eine Abstimmung mit der KV im Vorfeld sinnvoll, rät Probst.

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts im vergangenen Jahr wird der Zeitraum von drei Jahren für Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres bewilligt, früher haben manche KVen die rote Linie beim 14. Lebensjahr gezogen. Allerdings können bei mehreren Kindern die Zeiten nicht addiert werden, sagt Probst.

“Das Gericht hat entschieden, dass Kinder parallel betreut werden können”, berichtet sie. Auch bei Zwillingen bekommen Eltern nur drei Jahre bewilligt. Kommen zwei Kinder zum Beispiel innerhalb von zwei Jahren zur Welt, zählen die drei Jahre ab der Geburt des zweiten, die bis dahin nicht in Anspruch genommenen Zeiten für das erste verfallen.

Option 3: Kombination mit einer Vertretung

“Auch eine Kombination von Vertretung und Sicherstellungsassistenten ist möglich”, sagt Yvonne Bender, Referentin der Beratung der KV Hessen in Frankfurt. Denkbar ist etwa, dass sich eine Ärztin einige Monate vertreten lässt und danach in Teilzeit in die Praxis zurückkehrt und von einem Sicherstellungsassistenten unterstützt wird.

Das ist nach ihren Erfahrungen ein sinnvolles Modell, wenn Ärztinnen oder Ärzte erst einmal abwarten möchten, wie der Alltag mit Kind klappt. Hat sich das eingespielt, können sie sich besser klar darüber werden, ob sie wie vor der Geburt weitermachen oder dauerhaft weniger arbeiten wollen.

“Gerade in der Hausarztpraxis hängt die Frage nach dem Modell davon ab, ob Ärztinnen oder Ärzte überhaupt einen Kollegen haben, mit dem sie gemeinsam arbeiten wollen”, sagt Bender. Finden können Hausärztinnen und Hausärzte Vertreter oder Sicherstellungsassistentin unter anderem über Job- oder Praxisbörsen.

Option 4: Teilweises Ruhen der Zulassung

Eine weitere Möglichkeit der Arbeitszeitreduzierung ist das teilweise Ruhenlassen der Zulassung. Das ist bei einem vollem Versorgungsauftrag zu einem Viertel oder zur Hälfte bis zu drei Jahre möglich. In dieser Zeit ist niemand auf dem Sitz tätig. Die Zahl der vorgeschriebenen wöchentlich mindestens 25 Sprechstunden sinkt entsprechend.

Wer sich dafür entscheidet, ein Viertel oder eine Hälfte an einen Angestellten abzugeben, sollte sich aber unbedingt eingehend beraten lassen, um keine bösen Überraschungen zu erleben, betonen Bender und Probst. Denn wer auf ein Viertel der Zulassung verzichtet, um einen Angestellten zu beschäftigen, bekommt das nicht ohne weiteres zurück – die Hälfte aber schon. Der Grund dafür sind die Regelungen im entsprechenden Gesetz.

Verzichten Hausärzte auf einen Teil der Zulassung und beantragen die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens, wird dieser ausgeschrieben. Berater der KV haben einen Überblick, wie die Lage vor Ort ist und ob Praxischefinnen und -chefs das gefahrlos tun können, damit auch der von ihnen gewünschte Kollege den Zuschlag bekommt.

“Bei Hausarztsitzen vor allem im ländlichen Raum ist das meist unproblematisch, weil der Markt nicht so umkämpft ist”, sagt Probst. Im Falle einer Konkurrenzsituation prüft der Zulassungsausschuss nach den gesetzlich festgelegten Kriterien.

Option 5: Jobsharing

Auch Jobsharing ist eine Möglichkeit, für die Hausarztpraxis aber ungünstig. “Wir raten meistens davon ab”, sagt Bender. Beim Jobsharing teilen sich zwei Ärzte einen Vertragsarztsitz. “Aber es gibt eine Punktzahlobergrenze, die abrechenbaren Punktzahlen der Ärzte sind gedeckelt”, sagt sie.

Allenfalls in gesperrten Gebieten, wo Fachärzte einen halben Vertragsarztsitz nicht ausschreiben möchten, ist Jobsharing deshalb eine Option. “Aber für Hausärzte gibt es bessere Lösungswege”, sagt sie.

Option 6: Schließen der Praxis

Wenn alle Stricke reißen, kann die Praxis bis zu zwei Jahre nach der Geburt geschlossen werden. Sinnvoll ist das allerdings nicht. Denn die Kosten etwa für Miete oder Versicherungen laufen weiter, die Beschäftigten haben Arbeitsverträge. Geld kommt aber keines rein. Deshalb kommt das auch selten vor.

Laut Kassenärztlicher Vereinigung Nordrhein (KVNo) etwa beantragen die meisten frisch gebackenen Eltern eine Entlastungsassistenz oder entscheiden sich für eine Vertretung. “Grundsätzlich ist ein Ruhen meist nicht nötig, da die anderen beiden Möglichkeiten in der Regel attraktiver sind”, so die KVNo. Das sehen auch die Beraterinnen der KV Hessen so.

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