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Serie ImpfungenImpfskeptiker: Aufklärung schafft Vertrauen

Impfskeptiker und Impfgegner sind keine neue Gruppierung: Seit dem 18. Jahrhundert, seit es die Pockenimpfung gibt, existieren auch Impfgegner. Hier finden Sie Tipps, wie Sie in Ihrer Praxis die Impfakzeptanz fördern.

Schon vor der Pandemie zählte die WHO die Ablehnung von Impfungen zu den zehn größten Gesundheitsbedrohungen.

Die Covid-19-Pandemie und die daraufhin startende weltweite Impfkampagne hat verdeutlicht, dass auch heute die Impfskepsis noch groß ist und die Zahl der impfkritischen, vor allem aber der verunsicherten Menschen größer als angenommen.

In den Anfangszeiten der Pockenimpfung wurde eine “Verkuhung” des Menschen durch die Impfung befürchtet, da der Impfstoff Kuhpockenvirus enthielt. Und heute? Vorstellungen, dass ein mRNA-Impfstoff das Erbgut verändern könne oder mit der Injektion Chips “eingepflanzt” werden können, zeigen die großen Befürchtungen und Verunsicherungen in der Gesellschaft.

Umfrage der BZgA zu Impfungen aus dem Jahr 2021

Seit 2012 führt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in mehrjährigen Abständen eine Repräsentativbefragung bei 16- bis 85-Jährigen in der Bevölkerung (computergestützte Telefoninterviews) durch.

Ein thematischer Schwerpunkt der Befragung 2021 war die Einschätzung der individuellen Gefährdung durch Covid-19 sowie insbesondere die Bewertung und Inanspruchnahme der Corona-Schutzimpfung im Erwachsenen-, Jugend- und Kindesalter und die Identifikation möglicher fördernder und hemmender Faktoren zur Wahrnehmung der Impfung.

Laut dieser Umfrage ist die Zahl der Impfgegner nicht sehr groß, nur etwa zwei Prozent der Befragten lehnten Impfungen strikt ab. Zwei Prozent gaben an, Impfungen eher abzulehnen, 15 Prozent waren unentschieden.

Aber auch die eher Befürwortenden (22 Prozent) kommen oftmals mit Fragen und Zweifeln in die Praxis und sind – meistens durch Internetseiten – bereits “vorinformiert”. Die Mehrheit, 59 Prozent, gab an, Impfungen zu befürworten [1]. Insgesamt ist die Zahl der Befürwortenden seit 2019 leicht gestiegen.

Doch der Einfluss der kleinen Gruppe der Impfgegner auf die Impfakzeptanz der Bevölkerung ist erheblich. Und leider scheint es seit einiger Zeit nicht mehr nur bei verbalen Angriffen zu bleiben, wie das tragische Beispiel der österreichischen Impfärztin Lisa-Maria Kellermayr zeigt [2].

Dramatischer Rückgang der Kinderimpfungen auf der ganzen Welt

Bereits 2019, also noch vor der Corona-Pandemie, erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass die Ablehnung von Impfungen zu den zehn größten Gesundheitsbedrohungen gehört. Sie wird in einem Atemzug mit Hungersnot, Ebola, Luftverschmutzung und Klimawandel oder Antibiotikaresistenzen genannt [3].

Im vergangenen Jahr wurde der stärkste anhaltende Rückgang von Routine-Impfungen bei Kindern in 30 Jahren verzeichnet, wie aktuelle Erhebungen von UNICEF und der WHO zeigen. Der Anteil der geimpften Kinder sank zwischen 2019 und 2021 von 86 auf 81 Prozent. Gemessen wird die Impfrate an der Zahl der Kinder, die alle drei Impfungen gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten (DTP-Kombinationsimpfstoff) erhielten.

Verschiedene Faktoren tragen laut UNICEF zu dieser Entwicklung bei, zum Beispiel leben immer mehr Kinder in Konflikt- und Krisengebieten, in denen der Zugang zu Impfungen häufig schwierig ist. Als weitere Gründe werden auch hier die Fehlinformationen über Impfungen genannt. U

nd natürlich spielt auch die Corona-Pandemie eine Rolle, Impfprogramme und Lieferketten wurden unterbrochen, Mittel für Impfkampagnen für den Kampf gegen Covid-19 eingesetzt. Dadurch sind wieder deutlich mehr Kinder durch impfpräventable Infektionskrankheiten gefährdet [4].

Warum werden Impfungen negativ wahrgenommen?

Prof. Cornelia Betsch, Inhaberin der Professur für Gesundheitskommunikation an der Universität Erfurt, nennt fünf typische Gründe, warum Menschen Impfungen ablehnen [5]:

  • Das fehlende Vertrauen in die Sicherheit von Impfungen.
  • Ein nicht wahrgenommenes Krankheitsrisiko, daher werden Impfungen als überflüssig betrachtet.
  • Das Problem, Impfungen in einem gefüllten und durchgeplanten Alltag “unterzubringen (Alltagsstress).
  • Informationssuche: das Bedürfnis, aktiv selbst Informationen zu suchen und Nutzen und Risiko sorgfältig abzuwägen.
  • Die Motivation, die Herdenimmunität auszunutzen, sich also indirekt durch die Impfungen der anderen schützen zu lassen.

Ergebnisse aus dem Covid-19-Snapshot-Monitoring (COSMO*) zeigen interessante Aspekte der Informationssuche:

  • Personen ohne Corona-Impfung geben insgesamt an, dass Informationsquellen (jeder Art) zum Thema Impfen ihnen weniger wichtig sind als Personen mit mindestens einer Corona-Impfung.
  • Die Gruppen unterscheiden sich darin, welche Medienarten ihnen mehr oder weniger wichtig sind. Geimpften sind eher öffentlich-rechtliche oder private Medien sowie Zeitungen wichtig. Ungeimpfte nutzen eher Videoformate, soziale Medien und alternative Medienangebote. Suchmaschinen sind beiden Gruppen ähnlich wichtig.

Außerdem ist eindeutig, welch große Rolle bei der Impfakzeptanz die Hausärztin bzw. der Hausarzt spielen: Personen zeigen eine niedrigere Bereitschaft, sich mit einem Omikron-angepassten Covid-19-Impfstoff impfen zu lassen, wenn ihr Arzt bzw. ihre Ärztin von der Impfung aktiv abrät, keine Empfehlung ausspricht oder gar nicht über das Thema gesprochen wurde, im Vergleich zu Personen, deren Ärztinnen und Ärzte eine Booster-Impfung mit angepasstem Impfstoff empfehlen, heißt es in den Ergebnissen der Studie [6].

Diese Erkenntnisse bieten die Chance, die Kommunikation mit zweifelnden Patientinnen und Patienten in der Praxis besser zu planen. Es ist immer wichtig, die Ängste ernst zu nehmen und möglichst auch die impfkritischen Argumente zu kennen. Mit einem respektvollen Gespräch kann man viel erreichen, unter anderem gegenseitiges Verständnis, neue Perspektiven, Denkanstöße und vor allem Vertrauen [8].

*COSMO ist ein Gemeinschaftsprojekt der Universität Erfurt (UE), vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM), dem Robert Koch-Institut (RKI), der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), dem Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) und dem Science Media Center (SMC). Die letzte Aktualisierung stammt vom 30.09.2022.

Mögliche Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert.

Literatur:

  1. Seefeld L, Horstkötter N, Müller U, Leicht J, Ommen O, Reckendrees B, Rückle A, Stan-der V, Goecke M, Dietrich M (2021): Einstellungen, Wissen und Verhalten von Erwachsenen und Eltern gegenüber Impfungen ñ Ergebnisse der Repräsentativbefragung 2021 zum Infektionsschutz. BZgA-Forschungsbericht. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: https://doi.org/10.17623/BZgA:T2-IFSS-2021
  2. Ärzte Zeitung vom 02.08.2022, https://www.aerztezeitung.de/Politik/Nach-Suizid-einer-Impfaerztin-Trauer-und-die-Suche-nach-Verantwortlichen-431250.html
  3. WHO: Ten threats to global health in 2019, https://www.who.int/news-room/spotlight/ten-threats-to-global-health-in-2019
  4. WHO und UNICEF: Stärkster anhaltender Rückgang bei weltweiten Routineimpfungen in drei Jahrzehnten, Pressemittelung UNICEF, 15.07.2022, https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/presse/-/25-millionen-kinder-verpassen-impfungen/306516
  5. Deutscher Bundestag Ausschuss für Gesundheit: Stellungnahme zum Masernschutzgesetz als Einzelsachverständige, Prof. Dr. Cornelia Betsch Psychology and Infectious Diseases Lab Center for Empirical Research in Economics and Behavioral Sciences Communication and Media Sciences https://www.bundestag.de/resource/blob/663526/3cf67c474063a8ccbbdda121f5be042e/19_14_112-5-_ESV-Dr-Betsch_Masernschutz-data.pdf
  6. COVID-19 Snapshot Monitoring (kurz COSMO) https://projekte.uni-erfurt.de/cosmo2020/web/summary/68/
  7. Antworten des Robert Koch-Instituts und des Paul-Ehrlich-Instituts zu den 20 häufigsten Einwänden gegen das Impfen, Stand: 22.4.2016, https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Bedeutung/Schutzimpfungen_20_Einwaende.html
  8. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/ImpfungenAZ/COVID-19/Gespraechskarten_Impfen.html
  9. Impfaufklärungsunterlagen zu COVID-19 und Affenpocken von DGK und RKI www.dgk.de/fachleute
  10. Epid. Bulletin Nr. 04/2022 vom 27. Januar 2022, Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut 2022
  11. Eberhard Hildt, Maria-Sabine Ludwig, Joseph Kuhn: Impfen neu denken: Ansatzpunkte und Perspektiven einer modernen Impfstrategie, Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz; Ausgabe 4/2019
  12. Bundesministerium für Gesundheit: Zusammen gegen Corona, Fake News rund um das Corona-Virus, https://www.zusammengegencorona.de/corona-im-alltag/fake-news-rund-um-das-coronavirus/#id–1029697762
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