Berlin. Die Budgetierung der ärztlichen Honorare im hausärztlichen Bereich soll aufgehoben werden. Darauf hat sich die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP verständigt und dieses Ziel im am Mittwoch (24.11.) vorgestellten Koalitionsvertrag festgeschrieben.
Faktisch dürfte das für die meisten Hausärztinnen und Hausärzte zwar keine allzu große Bedeutung haben. Angesichts des zunehmenden Ärztemangels verzichten Kassenärztliche Vereinigungen (KV) teils schon jetzt auf Kürzungen des Honorars, zumal mit dem Terminservicegesetz die zusätzliche Behandlung von über die Terminservicestellen geschickten Patienten ausdrücklich gefordert wird. Die angestrebte Verbindlichkeit im neuen Koalitionsvertrag schafft gleichwohl Rechtssicherheit für Hausärzte.
Telemedizin fest verankern
Die neue Bundesregierung will zudem telemedizinische Leistungen regelhaft in den Leistungskatalog aufnehmen. Bisher ist das Angebot von Telemedizin an die Rahmenbedingungen der Pandemie gekoppelt. Künftig sollen „regelhaft telemedizinische Leistungen inklusive Arznei-, Heil- und Hilfsmittelverordnungen sowie Videosprechstunden, Telekonsile, Telemonitoring und die telenotärztliche Versorgung“ möglich sein.
Die Einführung der elektronischen Patientenakte und des E-Rezeptes soll ebenso beschleunigt werden wie die Anbindung aller Akteure an die Telematikinfrastruktur (TI) an.
Neue Hürde bei der Niederlassung?
Entscheidungen des Zulassungsausschusses müssen laut Koalitionsvertrag künftig durch die zuständige Landesbehörde bestätigt werden. Damit soll verhindert werden, dass sich zu viele Hausärzte innerhalb eines Gebiets niederlassen, während andere Gebiete unterversorgt bleiben. Faktisch wird damit die Zulassung weiter reguliert, indem der Niederlassung eine zusätzliche Kontrollinstanz in Form einer übergeordneten Aufsichtsbehörde vorgeschaltet wird.
Insgesamt soll der ambulante Sektor gestärkt werden. Dafür soll die Gründung von kommunal getragenen Medizinischen Versorgungszentren und deren Zweigpraxen erleichtert und bürokratische Hürden abgebaut werden.
Integrierte Notfallversorgung
Kassenärztliche Vereinigungen sollen die ambulante Notfallversorgung gemeinsam mit den Krankenhäusern in integrierten Notfallzentren selbst sicherstellen oder diese Verantwortung in Absprache mit dem Land ganz oder teilweise auf die Betreiber übertragen dürfen, wie es in einigen Regionen ohnehin schon praktiziert wird.
Gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereinigungen will die Koalition die Versorgung unterversorgter Gebiete sicherstellen. Konkret geplant sind unter anderem der „Ausbau multiprofessioneller, integrierter Gesundheits- und Notfallzentren“ für eine „wohnortnahe, bedarfsgerechte, ambulante und kurzstationäre Versorgung“ sowie die Förderung dieser „durch spezifische Vergütungsstrukturen“.
Gemeindeschwestern und Gesundheitslosen stärken
Ausgeweitet werden soll der gesetzliche „Spielraum für Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern“, um innovative Versorgungsformen zu stärken. In besonders benachteiligten Kommunen und Stadtteilen sollen „niedrigschwellige Beratungsangebote (z.B. Gesundheitskioske) für Behandlung und Prävention“ eröffnet werden; wer diese führen soll, gilt es abzuwarten. Im ländlichen Raum will die Koalition zudem „Angebote durch Gemeindeschwestern und Gesundheitslotsen“ ausbauen.
Weitere Regelungen im Koalitionsvertrag betreffen unter anderem die Pflege, die Ausbildung im Gesundheitswesen, die Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen und das Betäubungsmittelgesetz.