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Zahnarzt wegen Körperverletzung verurteilt Schmerzen statt Hollywood-Lächeln

Ein Hamburger Mediziner informiert Patienten falsch über eine Behandlung und behandelt anschließend fahrlässig und falsch. Ein Gericht verurteilt ihn zu einer Bewährungsstrafe.

Vier Patienten zahlten einen hohen Preis.

 

Hamburg. Wegen Zahnschmerzen an Heiligabend geht eine Hamburgerin zum Zahnarzt – und erlebt eine folgenreiche Bescherung. Eigentlich hat sie nur Probleme mit einigen Vorderzähnen, die nach einem Unfall überkront wurden. Der Mediziner sagt ihr jedoch, ihre Zähne seien allesamt „Schrott“, er könne ihr schöne neue machen. Gleich am ersten Weihnachtstag operiert er sie acht Stunden lang und zieht dabei 15 Zähne, darunter 10 gesunde. Die Behandlung missglückt, wie ähnliche Eingriffe bei drei weiteren Patienten. Rund neun Jahre später kommt der Mediziner vor Gericht. Wegen vorsätzlicher Körperverletzung in vier Fällen verurteilt das Amtsgericht Hamburg den 55-Jährigen am Mittwoch zu anderthalb Jahren Haft auf Bewährung.

Falsche Angaben zur Therapie

Für die heute 58 Jahre alte Patientin beginnt Weihnachten 2009 ein langer Leidensweg. In einer zweiten Operation werden später die sieben verbliebenen Zähne entfernt. Der Arzt setzt ihr 20 Implantate an, doch statt des versprochenen “Hollywood-Lächelns” hat sie wahnsinnige Schmerzen. “Als ich danach zugebissen habe, habe ich gedacht, ich sterbe”, erinnert sie sich als Zeugin im Prozess.

Richterin Jessica Oeser stellt fest, dass der Zahnarzt seine Patienten nicht oder nicht richtig aufgeklärt hat. Die zu Weihnachten durchgeführte Behandlung mit Einsetzen der Implantate hätte nach Auskunft eines Sachverständigen mindestens ein Jahr dauern müssen. Der Angeklagte habe das in einer Woche erledigen wollen. „Das geht, das ist leicht, das können wir schaffen – das werden Sie ihr gesagt haben, sonst hätten Sie es gar nicht gemacht“, sagt die Richterin.

Die Operation habe ein enormes Risiko beinhaltet. Die Knochenlinie sei so unterschiedlich zurückgebildet gewesen, dass man laut dem Gutachter Implantate gar nicht anbringen konnte, erst recht nicht ohne Bohrschablone. Selbst wenn die Patientin eine radikale Behandlung in ihrem Weihnachtsurlaub wünschte, hätte der Arzt sie warnen müssen: „Das kann nichts werden!“

Einer anderen Patientin schliff der Angeklagte sämtliche Zähne ab. Die dann gleich fest eingesetzten Kronen verursachten Schmerzen und mussten wieder rausgenommen werden. Auch diese Frau habe sich ein „Hollywood-Lächeln“ gewünscht, und zwar ohne Kieferorthopädie. „Sie wollte das volle Programm“, sagte Oeser. In der Folge seien mit zwei Ausnahmen bei allen Zähnen Wurzelbehandlungen notwendig geworden. Der Sachverständige habe erklärt, die Frau sei vor Schmerzen die Decke hochgegangen.

Behandlung nach Gutdünken

Die dritte Patientin wollte nur ein Implantat, um eine Lücke zu schließen. In der Praxis des Angeklagten machte man ihr vier. Sie waren so schief, dass sie ihre Funktion nicht erfüllen konnten – und Schmerzen verursachten. „Warum das gemacht wurde, kann man sich gar nicht erklären“, sagte die Richterin. Dass der Arzt den Eingriff unter Vollnarkose von einer Kollegin vornehmen ließ, erfuhr die Patientin erst bei ihrer Zeugenaussage vor Gericht.

Auch beim vierten Patienten sollte alles ganz schnell gehen. Der Kiefer sollte mit künstlichen Knochenmaterial aufgebaut werden, die Implantate in derselben OP folgen. Doch dabei öffnete der Zahnarzt die Mund-Nebenhöhle. Der Mann bekam eine chronische Entzündung.

Keine Reue

Die Richterin hielt dem Angeklagten vor, kein Wort des Mitgefühls für seine Patienten geäußert zu haben, die bis heute an den Folgen leiden und weitere Behandlungen brauchen. Auch in seinem letzten Wort habe der 55-Jährige nur über sich selber gesprochen. Die Zeugen hätten dagegen eher zurückhaltend ausgesagt und sich selbst eine Mitschuld gegeben. Oeser sprach ihnen jeweils ein Schmerzensgeld von 9000 Euro zu, das ihnen der Angeklagte in den nächsten drei Jahren zahlen muss.

Ob der Mediziner aus finanziellen Gründen die Taten beging, wie der Staatsanwalt in seinem Plädoyer meinte, ließ die Richterin offen. Sie stellte lediglich fest, dass der Angeklagte nach einer Insolvenz wieder eine Praxis eröffnet habe. Da es keine neuen Beschwerden von Patienten gebe und die alten schon so lange zurücklägen, könne die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Mit der Strafe blieb das Gericht knapp unter der Forderung des Staatsanwalts, der ein Jahr und acht Monate auf Bewährung beantragt hatte. Der Verteidiger hatte auf Freispruch plädiert. Er ließ offen, ob er das Urteil anfechten werde.

 

 

Quelle: dpa

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