Digitale PraxisTelematik und Co einfach erklärt

Noch ein Artikel über TI? Haben Sie nicht auch schon so viele auf dem Stapel liegen, die Sie schon ewig lesen wollten? Daher haben die "Rauchenden Köpfe" das Thema nochmal aufbereitet. Denn: Bevor Sie bei dieser Thematik verzweifeln, lesen Sie diesen Beitrag!

Außer der Kassen-Abrechnung läuft so gut wie nichts im deutschen Gesundheitswesen digital, es sei denn, es handelt sich um Einzellösungen. Gemeinsame Standards sind inzwischen definiert, aber wir faxen noch.

Wir sind kaum weitergekommen als vor mehr als 30 Jahren, als wir die unverändert etwa 250 Kilo- byte große Abrechnung einmal im Quartal per 3,5-Zoll-Diskette an die KV schickten. Warum wir dennoch eine IT-Sicherheitsrichtlinie, den Konnektor, die Telematik, die Gematik, einen KIM-Dienst, KV-Connect und dergleichen brauchen und was das Alles bedeutet, erklären die “Rauchenden Köpfe” hier in einem Überblick. Weitere Infos, z. B. zur IT-Sicherheitsrichtlinie, finden sich in Der Hausarzt 06/21, 03/21, 13/20, und 08/20.

Telematikinfrastruktur (TI)

Die KBV beschreibt die TI als Daten-Autobahn. Im Prinzip handelt es sich um eine Nutzung eines Teils des Internets. Das Besondere an der TI ist, dass der Zugriff auf die Daten-Autobahn nur für Akteure im Gesundheitswesen möglich ist und zwar nur mit Geräten, die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert und von der Gematik zugelassen worden sind.

Die Gematik ist die Betreibergesellschaft der TI und der entsprechenden Rechenzentren. Im Kasten rechts sehen Sie, welche Anwendungen über die TI ermöglicht werden sollen (je nach Bundesland funktioniert nicht einmal die Abrechnung über die TI, sondern über KV-“S@fe”-net oder einen eToken, wie z.B. KV-Ident plus in Bayern).

In unseren Praxen kommen folgende Geräte zum Einsatz:

  • Konnektoren, die über den heimischen Internet-Anschluss die Verbindung zur TI herstellen, idealerweise seriell vor Ihrem normalen Router (z. B. FritzBox®). Die Konnektoren mussten bis heute noch regelmäßig upgedatet bzw. ausgetauscht werden, in Zukunft werden sie zu Elektroschrott. Ihre Anschaffung und Installation wurden ebenso wie die Updates gefördert, allerdings wurden oft nicht alle Kosten übernommen. Geht ein Konnektor kaputt, muss die Praxis die Kosten für den Ersatz tragen. Das gleiche gilt, wenn Sie Ihre Praxissoftware wechseln und Ihr Anbieter sein eigenes Konnektoren-Süppchen kocht.
  • Kartenlesegeräte, die es für Praxis, Hausbesuch und Visiten gibt. Die stationären Geräte sind über den Konnektor mit der TI verbunden. Über sie erfolgt der Abgleich der Stammdaten unserer Patientinnen und Patienten mit den Daten, die die Krankenkassen zur Verfügung stellen. Eine Aktualisierung dieser Daten durch die Praxis ist nicht möglich, vielmehr überschreibt der zentral gespeicherte Datensatz unverdrossen unsere quartalsweise durchgeführten Änderungen solange, bis sie übereinstimmen.

Diese Geräte können nur betrieben werden, wenn ein Praxisausweis (SMC-B Karte) eingelegt ist. Er sieht der SIM-Karte Ihres Mobiltelefons ähnlich, dient aber lediglich dazu, die Praxis als TI zugangsberechtigt zu identifizieren.

Tipp: Für die stationären Kartenlesegeräte und weitere TI-Hardware reicht es aus, wenn eine einzige SMC-B-Karte im Praxis-Netzwerk aktiv ist, lediglich die mobilen Lesegeräte benötigen jeweils eine eigene.

Übernahme einer Praxis mit TI-Anschluss

Wenn Sie eine Praxis übernehmen, dann können Sie Konnektor und Kartenlesegeräte übernehmen. Allerdings muss seitens der Praxisabgebenden der Konnektor beim Zugangsdienstprovider de-registriert werden. Dabei hilft ein Blick in das Handbuch oder die Rücksprache mit dem IT-Betreuer.

Tipp: Eine neue SMC-B-Karte (und die Sperrung der alten) ist nur notwendig, wenn eine neue Betriebsstättennummer (BSNR) durch die KV vergeben wurde. Steigen Sie in eine Praxis ein und führen diese allein weiter, können Sie die Lesegeräte und den Konnektor unverändert nutzen.

Der elektronische Heilberufsausweis (eHBA)

Neu ist, dass wir inzwischen auch einen eHBA der 2. Generation benötigen. Er ermöglicht uns eine digitale Unterschrift (Signaturkarte, auch außerhalb des Gesundheitswesens nutzbar) und sieht aus wie der bisherige Arztausweis im Kreditkartenformat, den es weiterhin gibt.

Der eHBA muss in einem Kartenlesegerät eingesteckt sein, das mit dem Praxis-Netzwerk und der Praxissoftware verbunden ist. Formaljuristisch ist er seit 2 Jahren, de facto aber erst seit Jahresmitte erforderlich, um eine SMC-B und Zugriff auf die ePA zu bekommen.

Technisch geht es nach wie vor auch ohne ihn. Anders sieht das ab dem 01.10.2021 aus, wenn die eAU, die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, kommt. Dabei schafft eine Übergangsregelung Zeit, die Unentschlossene nun nutzen sollten, um den angedrohten Honorarabzug zu vermeiden.

Der Fahrplan zur digitalen Praxis

In der idealen Welt Berliner Politiker und der Gematik haben Sie also bis jetzt:

  • vor über 2 Jahren einen eHBA der 1. Generation bestellt und inzwischen gegen das 2. Generations-Modell getauscht bzw. gleich letzteren bestellt,
  • unter Androhung von 2,5% Honorarabzug einen TI-Konnektor installiert und aus diesem einen eHealth- und schließlich einen ePA-Konnektor gemacht und
  • von ihrem Praxissoftware-Hersteller die Updates dieses Konnektors für das Versicherten-Stammdaten- und Notfalldaten-Management sowie für den elektronischen Medikationsplan und die elektronische Patientenakte erhalten.

Immerhin hat man den Herstellern den letzten Punkt als Vorgabe für die Zertifizierung gemacht, so dass wir nicht wie beim Bundeseinheitlichen Medikationsplan direkt zur Kasse gebeten werden.

Unsere Patientinnen und Patienten haben derweil eine 5-stellige PIN (persönliche Identifikationsnummer) von ihrer Krankenkasse erhalten, sich gemerkt und halten diese bereit, damit wir die Daten des zur Nutzung des elektronischen Medikationsplans, Impfpasses, Notfalldatensatzes und Rezepts auf ihrer Versichertenkarte speichern können. Mithilfe eines an die TI angeschlossenen Kartenlesegeräts in unseren Sprechzimmern.

Dieser ganze Aufwand wird betrieben, weil unsere Patientinnen und Patienten einen gesetzlichen Anspruch auf den Notfalldatensatz, den elektronischen Medikationsplan und die elektronische Patientenakte haben, auch wenn

  • ein Ausdruck des Medikationsplans sowie der gut gepflegten Dauerdiagnosen nach Ansicht der Rauchenden Köpfe zweckdienlicher ist,
  • Menschen, die ihren Rechtsanspruch durchzusetzen gedenken, wahrscheinlich lange nach einer Praxis suchen müssen, die Zeit dafür hat und
  • die Tätigkeit, die uns Hausärztinnen und Hausärzten zugedacht wird, lächerlich bezahlt werden soll.

Honorar

Die Erstbefüllung der elektronischen Patientenakte, z.B. in einer Spezialisten-Praxis, die einen ihrer Arztbriefe in der ePA ablegt, wird mit 10 Euro gefördert. Die quartalsweise Aktualisierung, z.B. in einer Hausarztpraxis, wird mit den Ziffern 01431 (0,33 Euro) und 01647 (1,67 Euro), letztere nur im Falle eines persönlichen Arzt-Patienten-Kontakts, honoriert.

Aber das ist noch nicht alles, es fehlt noch das Auto für die Datenautobahn: der KIM-Dienst.

KIM-Dienst

KIM steht für “Kommunikation im Medizinwesen” und ermöglicht uns, medizinische Dokumente elektronisch und sicher über die Telematikinfrastruktur (TI) zu versenden und zu empfangen. Sie dachten, dafür ist die TI da und wir könnten gewohnte E-Mail-Programme verwenden? Ich auch. Aber diesen ist nicht beizubringen, über die TI zu senden bzw. zu empfangen.

KIM-Dienste sind (erstattungslos) kosten- pflichtig, folgen ebenfalls einem definierten Standard und sollten Praxissoftware-übergreifend verwendbar sein. Sie funktionieren wie ein E-Mail-Programm, nur mit End-zu-End Verschlüsselung und Integration in Ihre Praxissoftware.

Ein Prozent Honorarabzug drohen dem, der nicht bis spätestens 1. Januar 2022 (Ende der Übergangsfrist) eHBA und KIM-Dienst installiert hat, denn gesetzeskonform benötigen wir eigentlich schon ab dem 01.10.2021 beides für die Erstellung einer elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU), die dann den bisherigen “gelben Zettel” gänzlich ersetzt.

Gänzlich? Nein, zunächst nur den Durchschlag für die Krankenkasse, denn weder Arbeitgeber- Innen noch Patienten sind ja an die TI angeschlossen… Ungeachtet dessen verbindet ein KIM-Dienst unsere Praxen mit anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens und soll bisherige Strukturen wie KV-Connect, -“S@fe”Net und Zugänge per eToken ersetzen.

Leider kochen hier viele ihr eigenes Süppchen. Der KIM-Dienst der KBV, “kv.dox”, recht preiswert gestaltet, wird mitunter von Praxissoftware-Herstellern oder -Betreuern als “schwierig zu installieren” bezeichnet. Zudem scheint er optisch auf dem Stand der 1980er Jahre zu stehen, als erweiterte Formate und Grafiken nicht dargestellt und jeder Buchstabe gleich breit dargestellt wurde. Alternativen sind natürlich schnell bei der Hand.

Hinter den „Rauchenden Köpfen“ stecken vier Praxiserfahrene, die sich unermüdlich dafür einsetzen, die Bürokratie im Praxisalltag zu minimieren: Dr. Sabine Frohnes, Dr. Christoph Claus, Timo Schumacher und Moritz Eckert. Aus ihrer Feder stammen etwa die bekannten EBM- und GOÄ-Spicker. Tipps zu Abrechnung und Regressschutz publizieren sie in jeder Ausgabe von „Der Hausarzt“.

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