Kongress der Deutschen Gesellschaft für UrologieUrologisches Wissen praxisnah

Für das Peniskarzinom gibt es erstmals eine S3-Leitlinie, für Hodentumore ist sie aktualisiert worden und bei der medikamentösen LUTS-Therapie sind zentrale Nebenwirkungen zu beachten – diese und weitere Themen wurden auf dem 71. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) vom 18.-21. 9.2019 in Hamburg diskutiert.

Erste S3-Leitlinie Peniskarzinom: Verstümmelung vermeiden

“Das Peniskarzinom ist mit etwa 800 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland relativ selten, bei leicht ansteigender Tendenz”, berichtete Prof. Oliver W. Hakenberg, Rostock. In der Therapie habe sich in den vergangenen 15 Jahren viel getan: Operierte man früher mit einem Sicherheitsabstand von 2 cm, der einer Verstümmelung gleichkam, geht man heute wesentlich schonender mit deutlich geringerem Abstand vor. Dabei gilt die Devise: So viel Radikalität wie nötig, soviel Organerhalt wie möglich. Zu beachten sind besonders die inguinalen Lymphknoten, in denen sich häufig schon früh (Mikro-) Metastasen bilden können, die mit einer schlechten Prognose assoziiert sind. Nur bei frühzeitiger Entfernung der Lymphknoten mit adjuvanter Chemotherapie ist eine Heilung möglich, heißt es in der Leitlinie “Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Peniskarzinoms”, die das aktuelle evidenzbasierte Wissen zusammenfasst und auf dem DGU-Kongress erstmals vorgestellt wurde ( https://www.awmf.org/leitlinien/detail/anmeldung/1/ll/043-042OL.html ).

Das Peniskarzinom sei in Zusammenhang mit Infektionen durch das humane Papilloma Virus (HPV) zu sehen, so Hakenberg weiter. Für etwa die Hälfte der Tumore ist das Virus verantwortlich. Diese Daten unterstreichen erneut die Bedeutung der HPV-Impfung auch bei Jungen: Damit kann zum einen vielen Peniskarzinomen wirksam vorgebeugt werden, zum anderen wird damit ein wesentlicher Beitrag zur Prävention des Zervixkarzinoms bei Frauen, das durch die frühzeitige Impfung komplett verhindert werden kann, geleistet. Dennoch ist die Impfungsrate in Deutschland mit etwa 30 Prozent noch immer gering. In Australien beispielsweise wird durch Schulimpfungsprogarmme eine Rate von 75 Prozent erreicht. Darum sollten Urologen, Gynäkologen und Hausärzte die Impfung aktiv propagieren und durchführen, appellierte Hakenberg.


S3-Leitlinie Hodentumor: Neuerungen vorgestellt

Keimzelltumoren des Hodens (KZT) sind mit etwa 4.000 Neuerkrankungen die häufigste Krebserkrankung des jungen Mannes. Die Prognose des meist früh entdeckten Tumors ist in der Regel gut, bei jedem fünften Patienten ist der Tumor jedoch bereits fortgeschritten beziehungsweise metastasiert. Diese Fälle mit schlechter Prognose sollten in spezialisierten Zentren, die mit dem Krankheitsbild vertraut sind, behandelt werden. Diese Empfehlung und weitere Neuerungen der S3-Leitlinie “Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Keimzelltumoren des Hodens” präsentierte Prof. Sabine Kliesch, Münster. Risikofaktoren für KZT sind Kryptorchismus, Vorerkrankung mit einseitigem Tumor, positive Familienanamnese und Infertilität. Empfohlen wird eine regelmäßige Selbstuntersuchung, bei vorliegenden Risikofaktoren sollte eine Tumorerkrankung abgeklärt werden. Für neudiagnostizierte KZT empfiehlt die Leitlinie eine Ausbreitungsdiagnostik mittels kontrastmittel-gesteuertem CT des Abdomens, Beckens und Thorax.

Bei Verdacht auf KZT sollten vor Ablatio testis die Serumtumormarker AFP (Alpha-Fetoprotein), Beta-hCG (humanes Choriongonadotropin) und LDH (Laktatdehydrogenase) bestimmt und postoperativ regelmäßig kontrolliert werden. Für die Ablatio gilt bei Vorliegen eines kontralateralen gesunden Hodens, dass die Tumorexcision nicht organerhaltend erfolgen sollte, bei bilateralem Tumor sollte eine organerhaltende Chirurgie dagegen in Betracht gezogen werden. Ein wichtiger Aspekt bei jungen Männern ist auch die Fortpflanzungsfähigkeit: Weil Ablatio, Chemo- oder Strahlentherapie die Ferilität schädigen können, sollte den Patienten vor Beginn der Behandlung eine Kryokonservierung von Spermatozoen angeboten werden.

Die Leitlinie ist seit Mai 2019 online: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/043-049OLk_S3_Keimzelltumoren-Hoden-Diagnostik-Therapie-Nachsorge_2019-05_01.pdf.


LUTS-Therapie: Nebenwirkungen beachten

Lower Urinary Tract Symptoms (LUTS) bei Menschen mit benignem Prostatasyndrom (BPS) oder überaktiver Blase (OAB) betreffen vor allem ältere Patienten und damit eine Altersgruppe, die für zentrale Nebenwirkungen der eingesetzten Medikamente besonders vulnerabel ist. Für Muskarinrezeptor-Antagonisten sind Beeinträchtigungen der Kognition und anderer Hirnfunktionen bekannt, gut belegt und mechanistisch plausibel, wie Prof. Martin C. Michel erklärte. Am höchsten sei das Risiko unter oralem Oxybutynin, am geringsten unter Trospium, das im Liquor nach therapeutischer Dosierung nicht nachweisbar ist. 5-alfa-Reduktasehemmer (5-ARI) können – auch in geringen Dosierungen – sexuelle, neurologische, psychische und körperliche Nebenwirkungen verursachen. Die Symptomatik kann schon nach kurzer Therapiedauer auftreten, aber auch erst nach Beendigung der Behandlung einsetzen beziehungsweise sich danach verschlimmern. Unter Finasterid und unter Dutasterid gleichermaßen auftretend wird der Symptomkomplex Post-Finasterid- oder besser Post-ARI-Syndrom genannt.

Für den alfa-Blocker Tamsulosin wurde aktuell über eine vermehrte Neudiagnose von Demenz berichtet [Muderrisoglu AE et al., Expert Opin Drug Saf 2019; 18(10): 915-23]. Der Bericht basiert auf US-Medicare-Daten von mehreren Hunderttausend Patienten. Zwar war der Anstieg verglichen mit anderen alfa-Blockern, 5-ARI oder keiner Therapie relativ gering (31,3 versus 25,9 Fälle pro 1.000 Patientenjahre), das Ergebnis wird aber von einigen Autoren als relevantes Signal betrachtet. In einer anderen Analyse, basierend auf südkoreanischen Krankenversicherungsdaten von 60.000 Patienten mit BPS, konnte der Verdacht nicht bestätigt werden [Tae BS et al., J Urol 2019; 202(2): 362-368]. Trotzdem sollte der Hinweis auf vermehrte Demenz ernstgenommen werden, so Michel.

Fazit für die Praxis: Vor Verordnung und unter Therapie mit allen LUTS-Medikamenten sollte auf die Kognition und Stimmung der Patienten geachtet werden und eine Aufklärung über mögliche Risiken erfolgen.

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