Hausarzt MedizinSchnelle Hilfe bei Durchbruchschmerzen

Schmerzspitzen trotz suffizienter Schmerztherapie – das kommt nicht nur bei Tumorpatienten sondern auch bei Patienten mit degenerativen Gelenkerkrankungen häufig vor. Bei Durchbruchschmerzen ist eine schnelle und effektive Schmerzlinderung gefragt.

Durchbruchschmerzen sind häufig. Je nach Literaturangabe sollen 40 bis 80 Prozent aller von Tumorschmerzen Betroffenen an Durchbruchschmerzen leiden. Aber auch sehr viele der Nichttumorpatienten haben dieses Symptom, auch wenn es hierzu keine systematischen Erhebungen gibt. Denken wir nur an die vielen bettlägerigen, multimorbiden Patienten mit degenerativen Wirbelsäulenveränderungen oder Osteoporose, denen jede Lagerungsmaßnahme zur Qual wird.

Definition

Durchbruchschmerzen wurden klar definiert, z. B. von einer Arbeitsgruppe der Association for Palliative Medicine in Großbritannien und Irland. Demnach sind Durchbruchschmerzen eine „vorübergehende Schmerzexazerbation, die spontan oder im Zusammenhang mit einem bestimmten nicht vorhersehbaren Auslöser trotz relativ konstanter und angemessen behandelter Dauerschmerzen auftritt“. Es werden in dieser richtungsweisenden Defini­tion schon die wesentlichen Besonderheiten des Durchbruchschmerzes formuliert: Der Patient ist eigentlich gut schmerzbehandelt und dennoch kommt es nicht vorhersehbar plötzlich zu Schmerzdurchbrüchen.

Es werden zwei Arten dieser Schmerzdurchbrüche unterschieden:

Medikamentöse Therapie

Fest angesetzte Opioide haben den Nachteil, dass sie in schmerzfreien Intervallen zu Überdosierungserscheinungen führen können, da es sozusagen ein Gleichgewicht zwischen Schmerz und Opioid Nebenwirkung gibt, das sich bei noch vorhandenem oder gerade erfolgreich behandeltem Schmerz einstellt, aber bei schmerzfreien Intervallen Richtung Opioid Nebenwirkung kippen kann.

Diese Problematik besteht bei Nicht-Opioiden nicht. Es ist daher in jedem Fall sinnvoll, Nichtopioide voll auszuschöpfen, falls dies möglich ist. Gerade bei älteren Menschen und Komorbiditäten besteht aber das Problem, dass gegen viele Nichtopioi­de Kontraindikationen bestehen. So sind NSAR bei Niereninsuffizienz, Vorgeschichte von Gastritiden oder Magenulzera und kardiovaskulärer Komorbidität kontraindiziert. Paracetamol ist bei Leberinsuffizienz kontraindiziert. Gerade bei älteren, multimorbiden Patienten ergeben sich häufig ausgeprägte therapeutische Dilemmata, da Opioide und Nichtopioide nicht ohne größere Nachteile eingesetzt werden können.

Kurz wirksame Opioide können hier eine große Hilfe darstellen. Die Gabe von herkömmlichen kurz wirksamen Opioiden wie z.B. Morphin oder Tilidin hat den Nachteil, dass es erst nach ca. einer halben Stunde zum Wirkeintritt kommt. Übersichtsarbeiten zeigen die Überlegenheit von schnell wirksamen Fentanyl-Präparaten in der Behandlung des Durchbruchsschmerzes, die zu einer schnelleren Wirkung und einer besseren Schmerzlinderung als konventionelle nicht retardierte Opioide führen. Allerdings sind diese schnell wirksamen transmukosalen Opioide bisher nur für den Durchbruchschmerz bei Tumorpatienten zugelassen. Bei Nichttumorpatienten können sie dagegen nur „off label“ angewendet werden.

Nicht medikamentöse Therapie

Gerade bei Patienten mit nozizeptiven Schmerzen des Bewegungsapparats sollten physiotherapeutische Möglichkeiten voll ausgeschöpft werden, da so Analgetika eingespart werden können. Bei betagten Menschen kann dies auch in Gruppen im Pflegeheim oder in Tagesstätten erfolgen mit einer positiven sozialen Komponente des gemeinsamen Tuns.

Fallbeispiel

Frau B. ist 89 Jahre alt und lebt in einem Pflegeheim. Neben vielen anderen Erkrankungen (KHK, chronische Niereninsuffizienz) hat sie aufgrund einer Osteoporose, degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule und einer Polyarthrose starke Schmerzen, wenn sie sich bewegt, ist aber meistens schmerzfrei, wenn sie ruhig da liegt. Aufgrund der renalen Situation sind sämtliche nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) kontra­indiziert, Metamizol sollte nicht zu hoch dosiert werden. Es wird versucht, die Schmerzen mit Paracetamol (4 × 500 mg) und Metamizol (4 × 500 mg) zu behandeln, was über längere Zeit klappt. Als der Schmerz bei Bewegung trotz dieser Medikation wieder auftritt, versucht man, zusätzlich Opioide einzudosieren: Tilidin retardiert wird bis auf 3 × 200 mg schrittweise vorsichtig aufdosiert. Die Schmerzen werden dadurch zwar zumindest teilweise gelindert. In Situationen, in denen Frau B. ruhig im Bett liegt, treten allerdings bereits Überdosierungserscheinungen wie Schwindel, Müdigkeit etc. auf. Bei Mobilisation reicht die Dosis immer noch nicht aus.

Therapievorschlag: Ideal wäre es, ihr ein schnell wirksames Opioid vor der Mobilisation zu geben. Während Tilidin Tropfen retard erst nach einer halben Stunde wirken, haben schnell wirksame Fentanyl Präparate den Vorteil, dass sie bereits nach kurzer Zeit wirken. Sie müssen hier aber „off label“ angewendet werden, da sie nur für Tumorschmerzen zugelassen sind.

Fazit

  • Durchbruchschmerzen sind bei Tumorpatienten und Nicht­ tumorpatienten häufig.

  • Es gibt zwei Arten von Durchbruchschmerzen: Sie können spontan ohne äußere Einwirkung oder ausgelöst durch einen Trigger wie z. B. Bewegung, auftreten.

  • Kurz wirksame Opioide sind gut geeignet zur Behandlung von Durchbruchschmerzen.

Literatur: Gerhard C. Praxiswissen Palliativmedizin. Konzepte für unterschiedlichste palliative Versorgungssituationen. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2015

Interessenkonflikte: keine

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