Hausarzt MedizinMissbrauch von Fentanyl-Pflastern

Deutschlandweit hat sich die Behandlungsprävalenz von Fentanyl vom Jahr 2000 bis 2010 mehr als verdreifacht. Damit steigt auch das Risiko des Missbrauchs. Vor allem Fentanyl-Pflaster sind bei Drogenabhängigen beliebt.

Fentanyl wirkt etwa 80-mal stärker als Morphin, ist stark lipophil und wirkt überwiegend an μ-Opiatrezeptoren [1]. Neben einer Analgesie führt es dosisabhängig zu reduzierter Wahrnehmungsfähigkeit, Bewusstseinstrübungen bis hin zu Atemdepression und komatösen Zuständen.

Seit 2005 häufen sich national wie international Hinweise, dass Opiatabhängige ursächlich oder auch durch den Beikonsum von Fentanyl sterben. Während in Bayern 2008 noch in rund sechs Prozent der Fälle eine Fentanyl-Beteiligung toxikologisch nachgewiesen werden konnte, waren dies 2014 rund 27 Prozent.

Aufgrund der hohen Wirksamkeit, der scheinbar einfachen Aufbereitung und der fehlenden Nachweisbarkeit in gängigen Drogensuchtests sind Fentanyl-Pflaster bei Opiatabhängigen sehr beliebt. Zur Gewinnung von Fentanyl werden die Pflaster über mehrere Stunden in Wasser eingelegt oder ausgekocht, so dass sich der Wirkstoff herauslöst. Anschließend wird die so gewonnene Lösung intravenös injiziert. Alternativ werden Fentanyl-Pflaster auch gekaut.

Gründe für den Missbrauch

Auf Seiten der Drogenkonsumenten lassen sich folgende Gründe für den Konsum von Fentanyl-Pflastern finden:

  • Ausweichverhalten: Fentanyl ist in seiner Wirkung mit Heroin vergleichbar [2] und es wird als Ersatz zu dem schlechter verfügbaren Heroin genutzt.

  • Strafrechtliche Aspekte: Der Besitz von Fentanyl ist nicht illegal, daher ist bei Polizeikontrollen mit weniger strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen [2].

  • Bevorzugung von Fentanyl gegenüber Heroin: Es gibt Patienten, die Fentanyl grundsätzlich gegenüber Heroin bevorzugen.

  • Fehlendes Wissen über Risiken: Die Dosis, die nach dem Auskochen der Pflaster zur Verfügung steht, ist schwer abschätzbar. Selbst in gebrauchten Pflastern befinden sich noch bis zu 70 Prozent der ursprünglichen Wirkstoffmenge.

Auch auf Seiten der Ärzte und der Überwachungsbehörden gibt es Aspekte, die den Zugang zu Fentanyl-Pflastern erleichtern:

  • Verordnungsverhalten: Fentanyl-Pflaster werden immer wieder unkritisch verordnet. So wird z. B. bei unzureichender Anamnese eine Opiatabhängigkeit nicht ausgeschlossen. Auch eine mangelhafte Überwachung der Therapie kann Missbrauch begünstigen. Nicht selten werden große Packungen verordnet, die dann von Opiatabhängigen teilweise selbst konsumiert sowie in größeren Mengen auf dem Schwarzmarkt gehandelt werden. Informationspapiere zur Verordnung und Entsorgung von gebrauchten Fentanylpflastern gibt es bei der Akademie [5,6].

  • Informationsdefizit: Bei vielen Ärzten ist das Missbrauchspotenzial von Fentanyl-Pflastern unbekannt. Typisch ist folgendes Vorgehen opiatabhängiger Patienten: Ein eher jüngerer, bislang nicht oder kaum bekannter Patient wird bei einem Arzt vorstellig, berichtet ein chronisches Schmerzsyndrom, zumeist ein orthopädisches Beschwerdebild. Der eigene Hausarzt oder Orthopäde ist nicht erreichbar. Zum "Beweis" werden häufig leere Fentanyl-Schachteln vorgelegt [3].

  • Kontrolldefizit: Die Kontrolle von Verordnungen durch die Aufsichtsbehörden erfolgt nicht in der Art und Weise, dass Mehrfachverordnungen oder auch der Handel mit Fentanyl-Pflastern aufgedeckt werden können.

Prävention von Fentanyl-Missbrauch

Bereits in den vergangenen Jahren wurden Lösungsvorschläge durch die Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen erarbeitet und in einem Infomationspapier zusammengefasst (www.bas-muenchen.de/publikationen/papiere-empfehlungen.html) [4].

Darüber hinaus wurden Patienten in Substitutionstherapie zum Fentanyl-Beikonsum befragt. Hier zeigte sich, dass Fentanyl-Pflaster sowohl durch eine ärztliche Verschreibung als auch über den Schwarzmarkt erlangt wurden [2]. Um Schmerzpatienten eine adäquate Behandlung zukommen zu lassen und gleichzeitig durch geeignete Maßnahmen Missbrauchsfälle durch Opiatabhängige auszuschließen, sind oben einige Fragen aufgeführt, die vor der Verordnung von Fentanyl-Pflastern an unbekannte Patienten hilfreich sein können [3].

Dr. med. Beate Erbas, Melanie Arnold, Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen

Interessenkonflikte: keine

Literatur

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