Hausarzt MedizinHepatitis C – Update für die Praxis

300.000 bis 500.000 in Deutschland lebende Menschen haben eine chronische HBV- oder HCV-Infektion, von der die meisten nichts wissen. Die HCV-Infektion kann man bei fast allen Patienten heilen. Doch bei der Diagnose gibt es noch immer Defizite.

Alle Leitlinien empfehlen, bei erhöhten Leberwerten und in Risikogruppen nach HCV- und HBV-Infektionen zu suchen (Tab. 1). Mit der Bestimmung von HCV-Antikörpern und dem HBV-Oberflächenantigen (HBsAg) erkennt man fast alle HBV- und HCV-Infektionen ohne Belastung des Laborbudgets. Zur Diagnose der replikativen Hepatitis C ist der Nachweis der HCV-RNA erforderlich. Vor einer Therapie sollte der Genotyp (GT) bestimmt werden, da er zur Therapieplanung benötigt wird.

Therapie

Die chronische Hepatitis C ist eine Therapie-Indikation. Aufgrund der guten Wirksamkeit und Verträglichkeit der direkt antiviral wirksamen Substanzen (DAA) spielen Alter, Leberfunktion, Höhe der HCV-RNA, Koinfektionen und Komorbiditäten kaum noch eine Rolle für die Therapieentscheidung. Die Therapie soll in der Regel ohne Interferon und Ribavirin durchgeführt werden. Den Therapierfolg definiert man als den fehlenden Nachweis der HCV-RNA 12 bis 24 Wochen nach Therapieende (anhaltendes virologisches Ansprechen = SVR). Nach einer SVR gibt es im Gegensatz zur HBV-Infektion auch bei Immunsuppression keine Reaktivierung. Die Ausheilung dieser chronischen Krankheit ist bemerkenswert. Die Kosten der HCV-Therapie muss man auch unter diesem Aspekt betrachten. Direkt antiviral wirksame Substanzen Heute gibt es für alle Genotypen eine DAATherapie ohne Interferon und Ribavirin von 8- bis 12-wöchiger Dauer, die in 95 bis 100 Prozent zur Ausheilung der HCV-Infektion führt und so die Folgerisiken deutlich reduziert. Dieser Triumph der Medizin über die erst 1989 entdeckte Viruserkrankung ist in der Geschichte der Infektionskrankheiten nur mit der Entwicklung der Penicilline vergleichbar.

Die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit der DAA ist nicht nur durch Zulassungsstudien belegt, sondern auch in Real-Life-Kohorten und Metaanalysen. Ebenfalls in Metaanalysen belegt ist die Reduktion des Risikos für Leberzirrhose, -karzinom, -transplantation und der Gesamtsterblichkeit sowie die Verbesserung von Lebensqualität und ökonomischen Aspekten durch eine SVR. Bei Zirrhose-Patienten verbleibt trotz SVR ein Leberkarzinomrisiko, so dass ein Früherkennungsprogramm empfohlen wird (alle 6 Monate Sonographie und optional Messung des AFP). Die Aussichten einer SVR sind bei fast allen Patienten mit 95 bis 100 Prozent sehr gut. Nur noch geringfügig schlechter sind die Heilungsraten bei Patienten mit Zirrhose, erfolglosen Vorbehandlungen und Resistenzen. Auf DAA sprechen HIV-HCV-Koinfizierte genauso gut an wie HCV-Monoinfizierte. Auch Drogensubstituierte haben hohe Heilungschancen und in dieser Gruppe gilt „Therapie als Prävention“.

Es stehen drei DAA-Gruppen zur Verfügung stehen, die an unterschiedlichen Stellen der Virusreplikation wirken und kombinierbar sind:

Keine Belastung des Budgets

DAA gehen bei positiver Bewertung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) sowie Gebrauch nach Zulassung und aktuellen Leitlinien nicht in das Budget des niedergelassenen Arztes ein. Das Wirtschaftlichkeitsgebot bedeutet aber, dass man bei Therapien mit ähnlicher Wirksamkeit und Verträglichkeit die wirtschaftlichere wählen muss. Der Arzt hat dabei nur die Möglichkeit, die Apothekenverkaufspreise zu vergleichen, da Daten zu Rabatten bisher nicht publiziert werden.

Therapie-Einleitung

Angesicht der exzellenten Verträglichkeit der neuen DAA kann die Therapie fast immer im niedergelassenen Umfeld erfolgen. Der Autor empfiehlt aber eindringlich, die Patienten zunächst an einen Hepatologen zu überweisen, damit dieser eine spezifische Therapieempfehlung abgibt. In einigen KV-Bereichen gibt es hierzu ein Zweitmeinungsverfahren. Man muss nicht nur mit all den verschiedenen Substanzen und Kombinationen vertraut sein, sondern auch die jeweilige Indikation und Länge der Therapie sowie die aktuellen Preise kennen. Die Problematik der Medikamenteninteraktionen ist bei den neuen DAA zwar weniger bedeutsam, muss im Einzelfall aber geprüft werden. Die Therapie über meist 8 bis 12 Wochen kann auch beim Hausarzt oder Internisten durchgeführt werden. Die früher empfohlene Prüfung des Abfalls der HCV-RNA unter der Therapie ist heute allenfalls für die Kontrolle der Adhärenz interessant.

Empfohlene Kombinationen

In Deutschland wurden die meisten Therapien beim Genotyp 1 in den vergangenen 2 Jahren mit der Kombination aus Ledipasvir und Sofosbuvir durchgeführt. Viele Patienten ohne Vorbehandlung und Zirrhose mit einer HCV-RNA unter 6 Millionen IU/ml wurden dabei nur 8 Wochen behandelt. Real-Life-Daten zeigen, dass eine solche 8-Wochen-Therapie zu SVR-Raten von 95 bis 99 Prozent führt.

Die zweithäufigste DAA-Therapie beim Genotyp 1 war die KombinationParitaprevir/r plus Ombitasvir plus Dasabuvir. Die Dreifachkombination führte in einer deutschen Real-Life-Kohorte bei 96 Prozent der mit Genotyp 1 infizierten Patienten zur SVR. Diese Therapie über 12 Wochen hatte bisher im Vergleich zur Gabe von Ledipasvir und Sofosbuvir über 12 Wochen Preisvorteile, gegenüber der Gabe von Ledipasvir und Sofosbuvir über 8 Wochen aber Preisnachteile. Aktuelle Daten zeigen, dass auch eine nur 8-wöchige Therapie mit Paritaprevir/r plus Ombitasvir plus Dasabuvir beim Genotyp 1b ohne Zirrhose zu einer SVR von 98 Prozent führt.

Diese Therapie ist bisher noch nicht im Label enthalten, könnte in der Zukunft aber eine preislich interessante Variante werden. Die zuletzt zugelassene Kombinationaus Grazoprevir und Elbasvir zählt derzeit zu den wirtschaftlichsten Therapien. Mit der Zulassung weiterer neuer DAA hat sich der Preis für eine SVR innerhalb von 1 bis 2 Jahren fast halbiert. Die DAA der 1. Generation, Boceprevir und Telaprevir, werden nicht mehr empfohlen, da neuere DAA wirksamer und verträglicher sind, eine kürzere Therapie erlauben und weniger Interaktionen haben. Behandlungen mit Simeprevir oder Daclatasvir in Kombination mit Sofosbuvir sind zwar zugelassen, wirksam, sicher und in den Leitlinien aufgeführt, wegen des hohen Sofosbuvir-Preises wirtschaftlich gegenüber anderen Kombinationen aber von Nachteil und sollten begründet und mit der Krankenkasse abgesprochen werden. Diese Vorsicht gilt auch für Multitarget-Therapien mit Paritaprevir/r, Ombitasvir und Dasabuvir plus Sofosbuvir oder Grazoprevir, Elbasvir plus Sofosbuvir, da diese auch bei Resistenzen nicht zugelassen und sehr teuer sind.

In den nächsten Jahren wird es weitere DAA geben, z. B. Glecaprevir, Pibrentasvir, Voxilaprevir, Ruzasvir und Uprifosbuvir.

Spezielle Patientengruppen

Bei Patienten mit dekompensierter Zirrhose sollten Protease-Inhibitoren nicht gegeben werden. Bei diesen Patienten sollten (Transplantations-)Zentren entscheiden, ob zuerst eine antivirale Therapie oder die Transplantation erfolgt. Zur Auswahl einer Re-Therapie nach Versagen von DAA sollte eine Resistenzanalyse und Vorstellung beim Hepatologen erfolgen. Patienten mit einer GFR unter 30 ml/min bzw. Dialyse können bei hoher Wirksamkeit und Verträglichkeit mit Grazoprevir und Elbasvir behandelt werden; zugelassen ist auch die Therapie mit Paritaprevir/r plus Ombitasvir plus Dasabuvir. Nationaler Aktionsplan Die Deutsche Leberstiftung, die Deutsche Leberhilfe e.V. und das Aktionsbündnis Hepatitis und Drogengebrauch haben einen nationalen Aktionsplan gegen Virushepatitis erarbeitet. Der Aktionsplan soll helfen, diagnostische Defizite und die Stigmatisierung von Menschen mit Virushepatitis abzubauen, neue Infektionen zu vermeiden und möglichst viele Menschen mit Virushepatitis zu behandeln. Erfreulicherweise hat die deutsche Politik nun die Wichtigkeit der Hepatitis B und C wahrgenommen. Der 2016 veröffentlichte Bericht des Bundesgesundheitsministeriums und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und der damit verbundene Beschluss des Bundeskabinetts weisen auf die wachsende Bedeutung der Virushepatitis hin: „Hepatitis B und C gewinnen aktuell aufgrund ihrer Verbreitung, der schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen (u.a. Leberzirrhose und Leberkrebs) und neuer Behandlungsmöglichkeiten sowohl national als auch international an Aufmerksamkeit.“

Fazit

  • Bei erhöhten Leberwerten und in Risikogruppen sollten HCV-Antikörper und das HBV-Oberflächenantigen (HBsAg) bestimmt werden.

  • Bei der HCV-Therapie ist das Zeitalter der Therapie mit Interferon und Ribavirin zu Ende. Inzwischen sind in Europa 12 direkt antiviral wirksame Medikamente (DAA) zugelassen und es werden weitere hinzukommen. Die Therapie mit mehreren DAA (ohne Interferon und Ribavirin) ist sehr wirksam und verträglich. Man kann nun fast alle HCV-Infektionen mit einer 8- bis 12-wöchigen Therapie heilen.

  • Die antivirale HCV-Therapie verringert das Risiko von Leberzirrhose, -karzinom, -transplantation und Tod.

Interessenkonflikte: Der Autor hat für Studien-, Vortrags- und Beratungstätigkeiten von folgenden Firmen Honorare erhalten: MSD, Roche, Gilead, Janssen, BMS und Abbvie.

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