Update MuskelverletzungenExpertenrunde erarbeitet neue Empfehlungen

Dank großer Fortschritte in der Forschung hat die Behandlung von Muskelverletzungen heutzutage ein hohes Niveau erreicht. Im Rahmen des Steinbach-Talks* treffen sich jedes Jahr führende Sportmediziner, leitende Manschaftsärzte und Physiotherapeuten, um die neuesten Erkenntnisse in praxisrelevante Diagnose- und Therapieempfehlungen einfließen zu lassen. Jetzt haben sie ihr Therapieschema zu Muskelverletzungen aktualisiert.

„Keine Verletzung gleicht der anderen“, so leitete Dr. Ralf Doyscher, Mannschaftsarzt des Borussia VfL 1900 Mönchengladbach, das Expertentreffen ein. Muskelverletzungen lassen sich grob in Überlastungen wie Muskelkater bzw. die Delayed Onset Muscle Soreness (DOMS), indirekte Verletzungen wie einen Muskelfaser- oder Muskelbündelriss und direkte Verletzungen wie eine Prellung oder Muskeldurchtrennung einteilen.

 

 

Nicht auf den Holzweg führen lassen

Während bei einer Muskelüberlastung in der Regel kein Nachweis durch technische Dia-gnostik möglich ist, lassen sich indirekte und direkte Muskelverletzungen meist gut mittels Magnetresonanztomografie (MRT) oder Ultraschall darstellen. Diese Verfahren ergänzen Anamnese, Tastbefund sowie Funktionstests und können weiteren Aufschluss über das Ausmaß einer Verletzung geben.

Trotzdem sollte man sich nicht allein auf die Bildgebung verlassen. „Wenn die Diskrepanz zwischen Tastbefund, Funktionstests und MRT bzw. Ultraschall zu groß ist, dann muss man die Bildgebung hinterfragen“, so Doyscher. Ein häufiger Trugschluss sei, dass das Ausmaß des Hämatoms immer mit der Schwere der Verletzung zusammenhängt. So könne der Bluterguss verhältnismäßig klein ausfallen, wenn eine große Verletzung gut erstversorgt wurde. Umgekehrt bestehe die Gefahr einer Überbewertung bei Verletzungen mit starken Einblutungen, weil in der MRT die Flüssigkeit unter Umständen intakte Strukturen überstrahlt.

Prognose korreliert mit Bindegewebsbeteiligung

„Nach sieben bis zehn Tagen sind die meisten Muskelverletzungen beschwerdefrei, aber nicht vollständig abgeheilt“, mahnte Doyscher. Deshalb sei es wichtig, den Verlauf klinisch und mithilfe der Bildgebung zu kontrollieren. Die Ausfallzeiten variieren je nach Art der Verletzung. „Die Prognose wird vor allem auch vom Anteil der Bindegewebsverletzung bestimmt“, erklärte der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Diese Tatsache werde jedoch in gängigen Klassifizierungen von Muskelverletzungen kaum berücksichtigt.

Deshalb hat Doyscher zusammen mit einem Team aus interdisziplinären Experten, aufbauend auf bestehenden Klassifizierungen, ein neues Schema zur Einteilung von Muskelverletzungen erarbeitet (s. Abb. 1) [2]. Darin enthalten ist jeweils auch eine Prognose im Sinne einer durchschnittlichen Behandlungsdauer für die unterschiedlichen Verletzungen. Dies ist auch die Grundlage für das im Rahmen des Steinbach-Talks überarbeiteten Therapieschemas (s. Beilage in diesem Heft).

 

 

Regeneration ganzheitlich fördern

Einen zentralen Stellenwert nehmen demnach  lokale Injektionen mit kurzwirksamen Analgetika und einem natürlichen Arzneimittel mit 14 vorwiegend pflanzlichen und mineralischen Inhaltsstoffen (Tr14, Traumeel® S) ein. Doyscher verwies auf eine In-vivo-Studie, in welcher der Einfluss von Tr14 in Kombination mit einem aminosäurehaltigen Plasmapräparat auf die Muskelheilung untersucht wurde [3]. Dabei zeigte sich, dass zu bestimmten Zeitpunkten nach einer Muskelverletzung die Gen­expression von Markern für die Muskelzellregeneration (Myh1, NCAM) und für die Funktion von Satellitenzellen (Pax7) erhöht wurde. Auch histologisch ließ sich eine beschleunigte Muskelregeneration bestätigen [3]. Toxische Effekte auf humane Skelettmuskelzellen in vitro konnten nicht festgestellt werden [4].

„Neben den lokalen Injektionen führen wir immer auch eine segmentale Mitbehandlung der Lendenwirbelsäule durch, damit die Aktivität des Sympathikus gedrosselt wird und der Muskeltonus in der betroffenen Region sinkt“, sagte Doyscher. Dies bestätigte auch Andrew Lichtenthal, Leitender Verbandsarzt des deutschen Leichtathletikverbandes: „Wir arbeiten sehr viel mit der Core-Stability, da in der Rücken-, Bauch- und Beckenregion alle Kraftvektoren aufeinandertreffen.“ Als Fallbeispiel führte er einen Hürdenläufer an, der sich mit Schmerzen im Oberschenkelbeuger an ihn wandte. „Da wir lokal kein Korrelat für eine Verletzung feststellen konnten, haben wir Injektionen im Bereich des Iliosakralgelenks durchgeführt.“ Dies habe es dem Läufer ermöglicht, am anstehenden Wettkampf teilzunehmen. 

Entzündungen in Schach halten

Auch in einem anderen Punkt waren sich alle Experten einig: Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) sollten über maximal zwei bis drei Tage gegeben werden, da sie sonst die Heilung verzögern können. Warum das so ist, erläuterte Prof. Oliver Werz, Leiter des Lehrstuhls für Pharmazeutische/Medizinische Chemie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der als Gast in die Expertenrunde geladen war: „Im Anschluss an die Akutphase einer Entzündung erfolgt eine Umstellung von proinflammatorischen zu antiinflammatorischen Signalen, welche die Auflösung der Entzündung einleiten.“ Doch genau das sei mit NSAR nicht möglich. „Im Gegenteil: Entzündungsblocker hemmen gewisse Botenstoffe, die an der Entzündungsauflösung beteiligt sind.“ Auf der Suche nach Substanzen, welche die Auflösung der Entzündung gezielt unterstützen, sind Werz und sein Team unter anderem auf Tr14 gestoßen. Im Mausmodell konnten sie beobachten, dass das natürliche Arzneimittel die Entzündungsauflösung beschleunigt (s. Kasten) [1].

 

 

Literatur

  1. Jordan PM et al. Pharmaceuticals (Basel) 2021; 14(11):1123
  2. Doyscher R et al. Abstract auf der 71. -Jahrestagung der VSOU e. V. vom 27.–29.04.2023 in Baden-Baden; Abstract-Nr.: VSOU23-2031; Submission 05.01.2023
  3. Belikan P et al. Int J Mol Sci 2020; 21(6):2112
  4. Langendorf EK et al. Int J Sports Med 2019

 

E-Mail-Adresse vergessen? Schreiben Sie uns.
Passwort vergessen? Sie können es zurücksetzen.
Nur wenn Sie sich sicher sind.

Sie haben noch kein Passwort?

Gleich registrieren ...

Für Hausärzte, VERAH® und ÄiW (Allgemeinmedizin und Innere Medizin mit hausärztlichem Schwerpunkt) ist der Zugang immer kostenfrei.

Mitglieder der Landesverbände im Deutschen Hausärzteverband profitieren außerdem von zahlreichen Extras.


Persönliche Daten

Ihr Beruf

Legitimation

Die Registrierung steht exklusiv ausgewählten Fachkreisen zur Verfügung. Damit Ihr Zugang freigeschaltet werden kann, bitten wir Sie, sich entweder mittels Ihrer EFN zu legitimieren oder einen geeigneten Berufsnachweis hochzuladen.

Einen Berufsnachweis benötigen wir zur Prüfung, wenn Sie sich nicht mittels EFN autorisieren können oder wollen.
Mitglied im Hausärzteverband
Mitglieder erhalten Zugriff auf weitere Inhalte und Tools.
Mit der Registrierung als Mitglied im Hausärzteverband stimmen Sie zu, dass wir Ihre Mitgliedschaft überprüfen.

Newsletter
Sie stimmen zu, dass wir Ihre E-Mail-Adresse für diesen Zweck an unseren Dienstleister Mailjet übermitteln dürfen. Den Newsletter können Sie jederzeit wieder abbestellen.

Das Kleingedruckte
Die Zustimmung ist notwendig. Sie können Sie jederzeit widerrufen, außerdem steht Ihnen das Recht zu, dass wir alle Ihre Daten löschen. Jedoch erlischt dann Ihr Zugang.

Auswahl
Alle der unten angegebenen Newsletter
Spicker, Checklisten und Medizin für die hausärztliche Praxis, berufspolitische News, Inhalt und E-Paper neuer HAUSARZT-Ausgaben, sowie Neues aus Wissenschaft und Organisation
Nachrichten aus der Industrie

Das Kleingedruckte
Die Zustimmung ist notwendig. Sie können Sie jederzeit widerrufen, außerdem steht Ihnen das Recht zu, dass wir alle Ihre Daten löschen. Jedoch erlischt dann Ihr Zugang.

Auswahl ändern/abbestellen

Wenn Sie für Ihr bestehendes Newsletter-Abo andere Themen auswählen oder den Newsletter abbestellen wollen, geben Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse an und wählen Sie die gewünschte Funktion. Wir senden Ihnen dann eine E-Mail zur Bestätigung.