Düsseldorf. Die frühere nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) erhält einen Spitzenposten in der Gesundheitswirtschaft. Die 56 Jahre alte Landtagsabgeordnete übernimmt zum 1. Juli die Leitung der Techniker Krankenkasse (TK) in NRW, wie die TK am Montag (5.02.) bekanntgab.
Gerüchte über diese Personalie gab es bereits seit Jahresbeginn. Der bisherige TK-Landeschef Günter van Aalst geht im Frühjahr in den Ruhestand.
Ob und wann Steffens ihr Mandat als Abgeordnete im Landtag zurücklegen will, war zunächst unklar. Laut dem Abgeordnetengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen sind „berufliche Tätigkeiten … neben dem Mandat zulässig”.
Hingegen sieht das Ministergesetz des Landes für ehemalige Minister eine einjährige Karenzzeit für einen Wechsel in die Wirtschaft vor. Damit soll Interessenkonflikten vorgebeugt werden. Am 1. Juli wäre für Steffens dieser Stichtag erreicht.
Steffens war seit 2010 Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter. Die Mutter zweier Kinder ist seit 1989 Grüne und war von 2000 bis 2010 gesundheitspolitische Sprecherin ihrer Landtagsfraktion.
Steffens soll bei der TK unter anderem die Vertragsbeziehungen zu den Leistungserbringern verantworten, also auch zu den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen). Die TK ist nach eigenen Angaben mit über 10 Millionen Versicherten die größte gesetzliche Krankenkasse in Deutschland.
Wechsel in die Wirtschaft keine Seltenheit
Steffens ist nicht die erste NRW-Ministerin, die zu einer Krankenkasse wechselt. Im Jahr 2007 wurde die frühere Landesgesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) Vorstand der Barmer. Seit 2011 ist sie Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa).
Ohnehin sind Wechsel von Spitzenpolitikern auf gut dotierte Posten in der freien Wirtschaft keine Seltenheit. Auch thematische Überschneidungen sind üblich. So hat der frühere Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) Ende 2014, ein Jahr nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag, beim privaten Krankenversicherer Allianz angeheuert. Dort ist er seither im Vorstand für das Leistungsmanagement und den Vertrieb zuständig.
Bahrs Parteikollege Lars Lindemann wollte nicht so lange warten. Bis September 2013 war er Bundestagsabgeordneter und dort Mitglied im Gesundheitsausschuss. Im Frühjahr desselben Jahres hat er parallel dazu den Job als Hauptgeschäftsführer beim Spitzenverband der Fachärzte (SpiFa) übernommen. Das ist rechtlich zwar zulässig, hat ihm jedoch zahlreiche Kritik auch aus der eigenen Partei eingebracht.
Im vergangenen Jahr war der Versuch gescheitert, Lindemann zum unparteiischen Mitglied im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zu wählen. Er war von den Leistungserbringern nominiert worden, neben dem ehemaligen AOK-Manager Uwe Deh, den die Kassen vorgeschlagen hatten. Beide Personalvorschläge hatte der Gesundheitsausschuss des Bundestags im Sommer einstimmig abgelehnt.
Aufsehen erregte vor gut einem Jahr auch der Wechsel der damaligen Wiener Gesundheitsstadträtin (Landesgesundheitsministerin) Sonja Wehsely zur Gesundheitssparte von Siemens. Die SPÖ-Politikerin hatte am 13. Januar 2017 ihren Rücktritt bekanntgeben und zeitgleich angekündigt, einen Managerposten bei Siemens Healthineers in Erlangen zu übernehmen. Pikant an dem Wechsel: Siemens soll nach Aussagen österreichischer Politiker ein wichtiger Lieferant für das neue Krankenhaus Nord der Stadt Wien sein.