Kommt es zu Spannungen im Praxisteam, stellt sich zunächst die Frage: “Ab wann ist ein Konflikt denn überhaupt ein Konflikt?” Vereinfacht und ganz allgemein handelt es sich bei Konflikten um Störungen zwischen der Sach- und Beziehungsebene.
Konflikte lassen sich in objektive und subjektive Konflikte einteilen: Handelt es sich um objektive Konfliktursachen, dann ist es möglicherweise einfacher, diesen zu begegnen.
Bei subjektiven Konflikten wird es schon schwieriger, denn dann kommt Persönliches mit ins Spiel. Außerdem muss nach Art und Ursache des Konflikts unterschieden werden.
Bei der Teamarbeit treten am häufigsten Ziel-, Rollen-, Kompetenz- und Verteilungskonflikte auf. Oft sind Konflikte die Folgen nicht bereinigter früherer Spannungen.
Wenn ein Konflikt offen zutage tritt, dann sind möglicherweise noch weitere Probleme nicht entdeckt. Im Konfliktmanagement spricht man vom Eisbergmodell: Demnach sind nur rund 20 Prozent der Konflikte überhaupt ersichtlich, die restlichen 80 Prozent befinden sich, bildlich gesehen, unter der Wasseroberfläche.
Konflikten vorbeugen – so geht‘s
Gerade in der Teamarbeit kommt es auf ein kollegiales Miteinander an, um einen reibungslosen Arbeitsablauf im Praxisalltag sicherzustellen. Was kostet es Zeit und Nerven, wenn statt “miteinander” “gegeneinander” gearbeitet wird.
Häufig finden sich in den Praxisleitbildern oder in der Qualitätspolitik Sätze wie “Wir sind für unsere Patienten da”. Aber es findet sich weniger der Satz “Wir sind auch füreinander da”.
Tipp 1: Wenn das Füreinander- Dasein als grundlegendes Prinzip der Teamarbeit niedergelegt wird, ist dies eine gute Basis für eine harmonische und erfolgreiche Teamarbeit.
Idealerweise sollte in jeder Praxis eine Definition von Teamarbeit erfolgen und die Praxisführung ist dafür verantwortlich, akzeptierte Leitziele aufzustellen. Am besten gelingt dies gemeinsam mit allen Teammitgliedern.
Tipp 2: Damit möglichst keine Konfliktherde entstehen, sind neben einem respektvollen Umgang auch klare Aufgabenzuordnungen notwendig. Ein Organigramm regelt die Verantwortlichkeiten, ein Stellenplan regelt die Zuständigkeiten, eine Aufgabenmatrix unterstützt bei der Festlegung der Aufgabenbereiche.
Wichtig ist, dass die Teamarbeit und das “Wie” der Zusammenarbeit – also: “Wie arbeiten wir zusammen?” – geklärt sind.
Tipp 3: Die Stärkung des Wir-Gefühls erreicht man außerdem durch gemeinsame Auszeiten, etwa einen Praxisausflug. Solche Auszeiten wirken sich in der Regel wie Balsam auf die Arbeitsatmosphäre aus!
Tipp 4: Die Praxisführung sollte sich immer ihrer Vorbildrolle bewusst sein und bei Problemen möglichst immer ein offenes Ohr haben sowie ein Gespräch anbieten. So können in der Regel schlimmere Eskalationen vermieden werden.
Sofern existente Probleme zwischen Mitarbeitern bekannt sind, die sich nicht von den Betroffenen selbst lösen lassen, sollte sich die Praxisleitung damit auseinandersetzen und versuchen, ein Einvernehmen herzustellen. Mobbing oder noch schlimmer “Bossing” darf nicht zugelassen werden!
Streitfall ist da – und jetzt?
Ist der Streitfall bereits vorhanden, dann kommt es immer darauf an, auf welcher Eskalationsstufe sich der Konflikt befindet, wie viele Personen beteiligt sind und ob Lager schon gespalten sind.
Bei der Problemlösung ist Fingerspitzengefühl notwendig, denn die eigene Einschätzung ist immer nur eine Perspektive von vielen und es sind in der Regel mehrere Sichtweisen zu berücksichtigen.
Es gilt zunächst herauszufinden, ob die Situation nur festgefahren oder schon heftig eskaliert ist. Falls es zu Machtkämpfen kommt und sich dabei eine Partei konsequent durchsetzt, dann gibt es neben dem “Gewinner” auch den “Verlierer”. Und ob das eine gute Basis für eine weitere Zusammenarbeit darstellt, ist fraglich.
Denn ein weiteres mögliches Ausweichmanöver, um einer unbefriedigenden Situation auszuweichen, könnte die Flucht sein, wenn der Mitarbeiter dann nämlich – abhängig vom Grad des individuellen Frusts – kündigt.
Bei einem leichten Dissens und in noch nicht so festgefahrenen Konfliktsituationen können bestenfalls Kompromisse geschlossen werden oder es wird ein Konsens gefunden. Das wäre dann die Win-Win-Situation, die eine weitere Zusammenarbeit ermöglicht.
Konflikte, die in dieser Art konstruktiv ausgetragen werden, sind auch als Chance zu sehen, denn jeder Konflikt birgt auch Potenzial für etwas Neues. Es dürfen nur keine Grenzen überschritten werden. Und bei manifesten Konflikten sollte dringend überlegt werden, ob nicht externe Hilfe, beispielsweise eine Mediation, ein Coaching oder eine Supervision, in Anspruch genommen wird.
Fazit
- Teamarbeit birgt immer Konfliktpotenzial – das sich jedoch reduzieren lässt.
- Ein offener und respektvoller Umgang miteinander beugt vor.
- Der Praxisführung kommt dabei eine Vorbildrolle zu; zudem helfen klar definierte Aufgabenbereiche.
- Bei unlösbaren Konflikten sollte externe Unterstützung herangezogen werden.