Das Europäische Praxisassessment hat sich als eines der ersten QM-Systeme dem sehr umfassenden Themenkomplex von Praxen und dem Klimawandel gewidmet, da es an dem Innovationsfondprojekt [1] RESILARE partizipieren konnte. Ziel des Projekts war die Förderung der Krisenresilienz in Hausarztpraxen.
Die erste Studienphase lag in einer Zeit, als die Covid-Pandemie gerade so einigermaßen beherrschbar wurde. Dann folgte eine Krise der anderen: die Energiekrise, hohe Inflation, Lieferengpässe, Fachkräftemangel und nicht zuletzt die Veränderungen des Klimas mit seinen Auswirkungen.
Im Rahmen der Projektarbeit konnten wissenschaftlich fundierte Indikatoren zu verschiedenen Krisensituationen und Dimensionen entwickelt und in Praxen erprobt werden.
Das Feedback der Pilotpraxen zeigte, dass die Anwendung der Indikatoren im Kontext des Qualitätsmanagements größtenteils als hilfreich gesehen wird und die sukzessive Umsetzungsphase zur Krisenprävention und zu Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel stehen, hat in den meisten teilnehmenden Praxen begonnen.
Mit kleinen Schritten beginnen
Umwelt- und Klimaschutzaspekte sind womöglich in der Praxis bereits implementiert und falls nicht, können sie in kleinen Schritten begonnen werden. Wichtig ist zunächst die Sensibilisierung des gesamten Praxisteams durch Aufklärung und die Schaffung von sicheren Kommunikationsstrukturen.
Es geht im Wesentlichen darum, die soziale Verantwortung der Praxis zu stärken und dies ist mit dem Nachhaltigkeitsgedanken unmittelbar verwoben. Der Begriff “Corporate Social Responsibility (CSR)” prägt und differenziert dies näher.
Laut Grünbuch der EU-Kommission wird CSR als ein Konzept beschrieben, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren.
Teil der Praxisphilosophie
Neben der sozialen, ökologischen und ökonomischen Verantwortung zeigt dieser Kurs zahlreiche Vorteile auf, die häufig auch schon in Praxen etabliert sind. Die soziale Nachhaltigkeit, als Teil der Praxisphilosophie und Unternehmensstrategie, zielt darauf ab, langfristig positive Effekte wie z. B. eine verbesserte Mitarbeiter- und Patientenbindung, Steigerung der Wertschöpfung und eine positive Wahrnehmung weiterer Interessensgruppen zu erhalten.
Einspareffekte durch einen ressourcenschonenden Umgang mit Rohstoffen und Materialien können bei vielen der nachstehenden Punkte erzielt werden. Jeder im Team kann seinen Beitrag dazu leisten, im täglichen Gebrauch auf einen sparsamen Einsatz und Umgang zu achten, um Umweltschäden bestmöglich einzudämmen.
Was konkret getan werden kann, sollte gemeinsam besprochen und anschließend, zumindest dort wo es angebracht erscheint, in Handlungs- oder Arbeitsanweisungen aufgenommen werden. Hinsichtlich der Abgrenzung: “Was ist ein sparsamer Einsatz und ab wann ist dies nicht mehr der Fall?” müssen klare Vorgaben existieren – ohne die Qualität der medizinischen Versorgung zu gefährden.
Denn es dürfen keine Konflikte zu gesetzlichen Leit- oder Richtlinien entstehen (z. B. Hygiene- und Abfallmanagement bzgl. des Infektionsschutzgesetzes). Und wie immer im QM gilt: “Nicht nur dokumentieren, sondern aktiv umsetzen!”.
Der Weg zur nachhaltigen Praxis
Wenn es die Umstände zulassen, sollten weitere Einsparpotenziale zur Reduktion von CO2 genutzt werden, wie zum Beispiel Umstellung auf Ökostrom oder Biogas und bauliche Anpassungen wie etwa Wärmedämmung, Einsatz von Photovoltaik oder Begrünung.
Um für die Praxis ein effektives Nachhaltigkeitskonzept zu erstellen, bedarf es einiger Vorüberlegungen. Es müssen Fragen gestellt werden wie: Wo stehen wir? Was wollen wir erreichen? Was sind wir bereit an Geld und Zeit zu investieren? Wie können wir geplante Maßnahmen schnellstmöglich umsetzen?
Je nach Bedarf und Thema bieten der Bund und/oder Kommunen finanzielle Unterstützung über Förderprogramme an. Für was auch immer sich die Praxis entscheidet: Jede Maßnahme zählt und einige davon können mit dem praxiseigenen Qualitätsmanagement verknüpft werden.
Quelle:
1. Förderung: G-BA, Nr.: 01VSF20029 / Projektpartner: Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung des Universitätsklinikums Heidelberg, Stiftung Praxissiegel e. V., MVZ Dachau und Gesundheitsnetz QuE eG Nürnberg