ExpertengesprächGrippeimpfung 2023/2024: Wer, wann, womit?

Die STIKO weist immer wieder darauf hin, dass die Quoten bei der Grippeschutzimpfung insbesondere in den Risikogruppen zu niedrig seien. Fragen zur Grippeimpfung beantwortet Dr. med. Sigrid Ley-Köllstadt vom Deutschen Grünen Kreuz.

Als Schutz vor Grippeviren empfiehlt die STIKO für alle Personen ab 60 einen hochdosierten Impfstoff.

Wann ist der beste Zeitpunkt für die Grippeimpfung?

Ley-Köllstadt: Laut Robert Koch-Institut sollte man sich am besten ab Oktober bis Mitte Dezember impfen lassen.

Ist eine Impfung auch noch danach sinnvoll, etwa wenn eine späte Grippewelle naht?

In den meisten Jahren wird der Höhepunkt des Influenzavorkommens zu Beginn des neuen Jahres, oft auch noch im Februar, erreicht. Wenn die Impfung versäumt wurde, kann sie auch zu Beginn oder im Verlauf der Grippewelle noch sinnvoll sein. Im Herbst 2022 gab es aber schon einen ersten Häufigkeitsgipfel nach der 44. Kalenderwoche.

Die Rolle höher- bzw. hochdosierter Grippeimpfstoffe für Menschen ab 60 Jahren wird schon länger diskutiert. Wie lauten die Empfehlungen für die aktuelle Impfsaison?

Die STIKO (Epidemiol. Bull. 4/2023) empfiehlt für alle Menschen ab 60 Jahren den hochdosierten Impfstoff. Die gültige Schutzimpfungs-Richtlinie/SI-RL des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 16. März 2023 sieht für die Standardimpfung von Personen ab diesem Alter ebenfalls den hochdosierten Impfstoff vor.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung weist im Praxisinfo Influenza vom April 2023 darauf hin, dass gesetzlich Krankenversicherte ab 60 Jahren ausschließlich mit dem Hochdosisimpfstoff geimpft werden dürfen, es sei denn dieser ist nicht verfügbar. Sie empfiehlt zugleich, die Patienten darüber aufzuklären, dass vermehrt vor allem lokale Nebenwirkungen an der Injektionsstelle auftreten können.

Welche Empfehlungen zur Grippeimpfung gelten für Schwangere?

Die Impfungen gegen Influenza und auch Pertussis werden Schwangeren von der STIKO ausdrücklich empfohlen, denn sie bieten Schutz sowohl für die Mutter als auch für das Kind. Die Impfraten gegen Grippe sind mit etwa 20 Prozent aber immer noch sehr niedrig.

Wie lauten die Empfehlungen für Schwangere im Einzelnen?

Die Grippeimpfung wird allen Schwangeren ab dem zweiten Trimenon empfohlen, bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens bereits ab dem ersten. Auch die Impfung gegen Covid-19 wird von der STIKO ab dem zweiten Trimenon generell empfohlen. Möglich sind sowohl die Grundimmunisierung als auch eine Auffrischung.

Eine Pertussisimpfung wird ab Beginn des dritten Trimenons empfohlen, unabhängig vom Impfstatus und in jeder Schwangerschaft. Idealerweise sollte im frühen dritten Trimenon und spätestens zwei, besser vier Wochen vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin geimpft werden.

Ziel ist eine Reduzierung von Erkrankungen, Hospitalisierungen und Todesfällen durch Keuchhusten bei den besonders gefährdeten Neugeborenen und jungen Säuglingen. Ein belastbarer Nestschutz für das Kind entsteht nur durch eine Impfung in der späteren Schwangerschaft, nicht aber durch eine Impfung vor Eintritt der Schwangerschaft und auch nicht nach durchgemachter Erkrankung der Mutter.

Für wen kommt der nasal anzuwendende Grippeimpfstoff infrage?

Die STIKO schreibt hierzu, dass in der Altersgruppe 2 bis 17 Jahre auch eine quadrivalente attenuierte Lebendvakzine (LAIV4) zur nasalen Applikation zugelassen ist. Sie soll gemäß STIKO präferenziell bei Hindernissen für eine Injektion verwendet werden, zum Beispiel Spritzenphobie oder Gerinnungsstörungen.

Viele Menschen ab 60 Jahren werden überlegen, die Grippeimpfung mit einer Covid-19-Auffrischung zu kombinieren.

Laut Empfehlung der STIKO können die Impfungen gegen Influenza und Covid-19-gleichzeitig verabreicht werden. Die Injektionen sollen kontralateral erfolgen.

Auch die Impfung gegen Herpes Zoster ist gemäß RKI eine Standardimpfung für Menschen ab 60 Jahren. Wie sinnvoll ist es, die Grippeimpfung mit der ersten oder zweiten Zosterimpfung zu kombinieren?

Laut Fachinformation zum Herpes-zoster-Totimpfstoff wurde die gleichzeitige kontralaterale Gabe zusammen mit verschiedenen Impfstoffen geprüft, darunter auch nicht adjuvantierter inaktivierter saisonaler Grippeimpfstoff. Diese Kombination ist also möglich, verstärkte Nebenwirkungen werden dabei nicht erwähnt.

Allerdings hat die Zosterimpfung bereits allein sehr häufig Nebenwirkungen wie Schmerzen, Rötung oder Schwellung an der Injektionsstelle, Fieber und Schüttelfrost, Müdigkeit, Myalgie oder Kopfschmerzen zur Folge. Diese könnten von den Patienten fälschlich der Grippeimpfung angelastet werden.

Die nicht immer geglückten Debatten um die Impfung gegen Covid-19 haben wiederholt Impfgegner auf den Plan gerufen. Gibt es für Deutschland Zahlen zur Entwicklung der Bereitschaft von Eltern, Kindern und Jugendlichen, die von der STIKO empfohlenen Impfungen verabreichen zu lassen?

In vielen Ländern der Welt, vor allem in Regionen mit niedrigem Einkommen, sind die Impfquoten bei den Standardimpfungen während der Covid-Pandemie tatsächlich zum Teil stark gesunken. In Deutschland hatte man das auch befürchtet, die aktuellen Daten zeigen aber sogar eine leichte Zunahme.

Welche Argumentationshilfen geben Sie den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen an die Hand, um Eltern von den Standardimpfungen des Impfkalenders für Kinder und Jugendliche zu überzeugen?

Ein wichtiger Punkt ist sicher, offen über mögliche Nebenwirkungen aufzuklären und den Nutzen der Impfung den Folgen einer Erkrankung gegenüberzustellen. Oft ist Eltern gar nicht bewusst, dass man zum Beispiel Masern lediglich symptomatisch behandeln kann. Auch sind ihnen die Schwere der Infektionskrankheit und mögliche Folgen nicht bekannt.

Heute weiß man zum Beispiel, dass Masern das Immungedächtnis für andere Krankheiten löschen können. Kinder müssen also Infektionskrankheiten, die sie in der Vergangenheit bereits durchgemacht hatten, nochmals erleiden, weil Masernviren die B- und T-Gedächtniszellen angreifen. Wenn das alles bekannt ist, können Nebenwirkungen wie stärkere Rötung oder Schmerzen an der Impfstelle oder Fieber ganz anders von den Eltern bewertet werden.

Vielen Dank für das Gespräch.

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