Der heutige Fehlerbericht (siehe Box oben) beleuchtet die sehr relevante Schnittstelle zwischen Dermatologie und hausärztlicher Versorgung. Allein im Jeder-Fehler-zaehlt.de-Berichtsbestand finden sich über 30 Berichte, bei denen die Haut als betroffenes Organ angegeben wurde.
Interessant ist bei dem heutigen Fall, dass ein Dermatologe die Fehldiagnose stellte, die der Hausarzt dann korrigierte. Eine Urtikaria kann in einzelnen Fällen schwer von einem Bettwanzenbefall (Cimikose) unterscheidbar sein.
Urtikaria oder Cimikose?
Folgende Merkmale können bei der Differenzierung helfen:
- Bei der Urtikaria sind die Quaddeln flüchtig, einzelne Urticae bestehen nicht länger als einen Tag. Ein Wiederauftreten an der gleichen Stelle ist möglich. Bei Bettwanzenbefall persistieren die Effloreszenzen.
- Bei Bettwanzenbefall sieht man bei genauer Inspektion zentral innerhalb der Quaddeln einen Einstich. Dieser Einstich fehlt bei den Quaddeln einer Urtikaria.
- Typischerweise sind bei einer Cimikose die Effloreszenzen gruppiert oder linear in sogenannten Stichstraßen angeordnet.
- Im Gegensatz zu einer Urtikaria sind bei Bettwanzenbefall vor allem die unbedeckten Körperareale betroffen.
- Eine ausführliche Anamnese auch in Bezug auf Reisetätigkeit (auch mehrere Wochen zurückliegend) und Auffälligkeiten in der Schlafstätte (zum Beispiel Kotspuren der Bettwanzen oder winzige Blutflecke auf der Bettwäsche vom Stich) kann bei der Eingrenzung des Krankheitsbilds helfen.
Digitale Unterstützung
Steht die Diagnose fest, gibt es beispielsweise vom Umweltbundesamt eine Broschüre als Hilfestellung für den Umgang mit Bettwanzen. Bei diagnostischer Unsicherheit kann eine dermatologische Meinung “klassisch” per Überweisung eingeholt werden, zunehmend aber auch per teledermatologischem Konsil.
Für Patientinnen und Patienten sind teledermatologische Befundungen schon heute möglich. Bekannte Anbieter sind hier zum Beispiel Online Doctor, dermanostic und derma2go, die über eine App eine Anamnese inklusive Bildern erheben und den kooperierenden Hautärztinnen oder Hautärzten übermitteln.
Die Leistung wird allerdings derzeit noch nicht flächendeckend von allen gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Die Möglichkeit, als Hausärztin oder Hausarzt ein teledermatologisches Konsil anzuordnen, wurde vor allem im Projekt TELEDerm untersucht. Hierbei zeigten sich positive Effekte, wie beispielsweise ein Lerneffekt auf Seiten der Hausärztinnen und Hausärzte durch zeitnahes Feedback einer Hautärztin oder eines Hautarztes.
Der beschriebene Fall illustriert die Wichtigkeit guter Aus- und Weiterbildung in der Dermatologie für die hausärztliche Versorgung. Außerdem zeigt sich die Relevanz einer effizienten und damit gegebenenfalls digitalen Kommunikation zwischen den Fachgebieten.
Wenn auch Sie einen dermatologischen Fall in der Hausarztpraxis (zum Beispiel zu Skabies) erlebt haben, freuen wir uns, wenn Sie dazu, genau wie zu allen anderen Fällen, auf www.jeder-fehler-zaehlt.de berichten.
Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.