EBMAbschläge vermiesen Reform der Videosprechstunde

Zum zweiten Mal wird bei der Vergütung der Videosprechstunde nachgebessert, um diese für Ärzte attraktiver zu machen. Doch sinnvolle Änderungen werden gleich wieder ausgebremst, sagt Dr. Gerd W. Zimmermann.

Die Vorgaben zur Abrechnung der Videosprechstunde haben sich seit 1. Oktober geändert.

Die Videosprechstunde hat eine lange Vorgeschichte: Am 1. April 2017 wurde sie in den EBM eingefügt. Die Rahmenbedingungen durch den Bewertungsausschuss (BA) glichen damals aber eher einer „Videosprechstunden-Verhinderung“. Zum 1. April 2019 hat der BA zumindest die Indikationen geöffnet, zu deren Anlass eine Videosprechstunde erfolgen kann. Seither konnte diese Art des Arzt-Patienten-Kontaktes (APK) in den Fällen realisiert werden, in denen kein unmittelbarer APK stattfindet.

Weil sie dadurch aber auch nicht wesentlich öfter in Anspruch genommen wurde, gibt es – vermutlich auf Druck des Bundesgesundheitsministeriums – seit dem 1. Oktober schon wieder eine neue Regelung. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat sich im BA mit den Kassen diesbezüglich geeinigt, wohl aber mit den eigenen Forderungen nicht durchsetzen können.

03000 EBM jetzt auch bei Video

Eine wichtige Neuerung ist, dass die bisherige 01439 EBM gestrichen und – für den hausärztlichen Versorgungsbereich – jetzt die jeweilige Versichertenpauschale bei einer Videosprechstunde abgerechnet wird! Damit wird die Videosprechstunde zu einem direkten APK im Sinne der Allgemeinen Bestimmungen I 4.3.1 des EBM. Selbst psychotherapeutische Leistungen sind jetzt auf diesem Kontaktweg berechnungsfähig. Eine Sonderregelung wurde lediglich für den Fall geschaffen, wenn es im Laufe eines Quartals ausschließlich zu Videokontakten mit dem Patienten kommt: Dies führt zu Abschlägen.

Bei Hausärzten werden die altersgestaffelte Versichertenpauschale (VP, 03000 EBM) und die „hausärztliche Grundpauschale“ (03040 EBM) um 20 Prozent gekürzt (s. Tab.). Die Abschläge wirken sich auch auf den im hausärztlichen Bereich gewährten Zuschlag von 22,5 Prozent bei einer arztgruppengleichen (Teil-)Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) oder bei Hausarztpraxen mit angestellten Ärzten derselben Arztgruppe aus.

Außerdem setzt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) bei Videosprechstunden die GOP 01630 für den Medikationsplan nicht zu. Damit die KV die Kürzungen realisieren kann, müssen Praxen die Fälle, in denen in einem Quartal nur Videokontakte stattgefunden haben, mit der Pseudonummer 88220 EBM kennzeichnen. Leider führen die Abschläge bei den Pauschalen zu einem Umsatzdefizit, das Hausärzte erstmal wieder mit Einzelleistungen ausgleichen müssen, die meist Zeitvorgaben beinhalten!

Honorardeckel bei 01450 und 01451

Daran ändert auch nichts, dass die KV weiterhin die Anschubförderung nach 01451 EBM (9,96 Euro) zusetzt. Die Leistung hat einen Höchstwert von 4.620 Punkten. Das entspricht aktuell maximal 500 Euro im Quartal (in etwa 50 Videosprechstunden). Um den Zuschlag abrechnen zu dürfen, muss man aber mindestens 15 Videosprechstunden im Quartal abhalten. Nach zwei Jahren wird diese „Anschubfinanzierung“ ersatzlos gestrichen.

Auch den (Kosten-)Zuschlag für die Videosprechstunde 01450 EBM (4,33 Euro) fügt die KV wie bisher automatisch zu. Der Höchstwert liegt hier bei 1.899 Punkten, was aktuell 205,52 Euro im Quartal entspricht.

Fazit: Hausärzte können mit mindestens 15 Videosprechstunden ein Zusatzhonorar von maximal 705,52 Euro im Quartal erzielen. Das ist weit von einer Kostendeckung und angemessenen Honorierung der ärztlichen Leistung entfernt.

Was kann zusätzlich berechnet werden?

Mit weiteren Neuerungen hat der BA versucht, Videosprechstunden trotzdem finanziell attraktiver zu gestalten. Neu geschaffen wurden die

  • 01442 EBM – Videofallkonferenz mit an der Versorgung beteiligten Pflege(fach)kräften (6,93 Euro, maximal dreimal im Krankheitsfall)
  • 01444 EBM – Authentifizierung eines unbekannten Patienten, wenn der erstmalige Kontakt im Quartal per Videosprechstunde erfolgt (1,08 Euro, einmal im Quartal).

Beide kommen zur 03000 EBM hinzu. Das ändert aber an der „Qualität“ des möglichen Fallwerts einer Videokonferenz wenig.

Fazit: Letztendlich ist die Erweiterung der Abrechnungsmöglichkeiten wieder nur „halbherzig“!

Dem BA muss das bewusst gewesen sein. Nur so ist zu erklären, dass er eine Berechnungsfähigkeit für viele weitere Leistungen geschaffen hat, die eigentlich einen persönlichen APK zur Abrechnung voraussetzen. Aus hausärztlicher Sicht handelt es sich dabei etwa um die Chronikerleistungen (03220/03221 EBM), die Gesprächsleistungen nach 03230/04230, 35110-35113, 04355 und 04430 EBM sowie die Fallkonferenz (37400 EBM).

Das wäre betriebswirtschaftlich inte­ressant. Leider ist die Zahl der so berechnungsfähigen GOP auch auf nur 20 Prozent der jeweiligen GOP je Vertragsarzt und Quartal (Arztfall) begrenzt! Dadurch dürfte sich auch dieser Effekt nur unzureichend auf die Inanspruchnahme der Videosprechstunde auswirken.

Wichtig: Als Hausärzte sollten wir nicht den „billigen Jakob“ spielen und daher auch nicht mitmachen. Sollen Videosprechstunden „salon­fähig“ werden, kommt man um die Schaffung eines sauber betriebswirtschaftlich kalkulierten (dauerhaft) extrabudgetären Honorars nicht herum. Die will­kürlich gewählten Abschläge führen dazu, dass auch diese Reform der Reform deutlich zu kurz gesprungen ist!

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