Das neue DampfenWie gefährlich sind E-Zigaretten?

Immer mehr Deutsche probieren E-Zigaretten aus. Besonders die verschiedenen Liquids reizen die Dampfer. Raucher wollen auf eine weniger schädliche Alternative umsteigen – ein Trugschluss?

Dampfen oder rauchen: Junge Erwachsene lockt die Geschmacksvielfalt der E-Zigarette

Es gibt viele verschiedene Typen von elektronischen Zigaretten (E-Zigaretten), die permanent weiterentwickelt werden – seit 2018 ist auch eine Variante, die das Aerosol durch Ultraschall erzeugt, auf dem Markt – sowie Tausende verschiedener Liquids. Daher sind die Eigenschaften des von den E-Zigaretten produzierten Aerosols unterschiedlich [1], was wiederum die Einschätzung der möglichen Gesundheitsgefährdung erschwert. Es zeigt sich aber, dass E-Zigaretten keineswegs harmlose Konsumprodukte sind, auch wenn sie für Raucher im Vergleich zu herkömmlichen Tabakzigaretten weniger schädlich sind [1].

Die Liquids bestehen aus Propylenglykol und Glyzerin in verschiedenen Mischungsverhältnissen sowie Aromen. Die meisten Liquids enthalten außerdem Nikotin; es gibt aber auch nikotinfreie Liquids. Das Aerosol setzt sich aus feinen und ultrafeinen Flüssigkeitspartikeln zusammen und enthält neben den im Liquid enthaltenen Substanzen in Abhängigkeit von der Leistung und der Art der E-Zigarette, dem verwendeten Liquid und dem Nutzerverhalten gesundheitsschädliche Substanzen wie Acrolein, krebserzeugende Substanzen wie Formaldehyd und Acetaldehyd, reaktive Sauerstoffverbindungen sowie teilweise Metalle, darunter Nickel, Chrom und Blei. Die Schadstoffe liegen im E-Zigarettenaerosol in der Regel in deutlich geringeren Mengen als in Tabakrauch vor [1].

Toxische Wirkung bei Inhalation oft nicht untersucht

Propylenglykol, Glyzerin und Aromen sind für die orale Aufnahme zugelassen; dies bedeutet jedoch nicht, dass sie auch bei Inhalation unbedenklich sind. Die meisten dieser Substanzen wurden für die inhalative Aufnahme nicht toxikologisch untersucht [1]. Einzelne Aromen, für die eine gesundheitsschädliche Wirkung bekannt ist, wie Diacetyl, Cumarin oder Bittermandelöl sind in Deutschland verboten [2].

In Tier- und Zellversuchen wirkt E-Zigarettenaerosol entzündungsfördernd, zytotoxisch, beeinträchtigt die Zellproliferation, verändert die Genexpression, verursacht Strangbrüche der DNA, aktiviert Karzinogen-metabolisierende Enzyme, erhöht oxidativen Stress, beeinträchtigt die Funktion von Makrophagen und der Lunge, verschlechtert die antimikrobielle Abwehr in den Atemwegen und beeinträchtigt bei Neugeborenen die Lungenentwicklung [1, 3, 4]. Diese Wirkungen sind im Vergleich zu Zigarettenrauch aber weniger stark ausgeprägt [1].

Die langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen des E-Zigarettenkonsums sind derzeit nicht bekannt. Kurzfristig kann die Verwendung von E-Zigaretten die Lungenfunktion beeinträchtigen und zu einer milden entzündlichen Reaktion in den Atemwegen, insbesondere bei Asthmatikern, führen [3, 5]. Für Personen mit Herz-Kreislauferkrankungen bedeutet der E-Zigarettenkonsum möglicherweise eine Risikoerhöhung [6].

Moderne E-Zigaretten geben Nikotin in ähnlichen Mengen wie Tabakzigaretten ab. Nikotin birgt ein hohes Abhängigkeitspotential und steht zunehmend im Verdacht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes und das Wachstum von Tumoren zu fördern. Tierversuchen zufolge beeinträchtigt es beim Konsum während der Schwangerschaft die Lungenentwicklung des Ungeborenen und beim Konsum durch Jugendliche deren Gehirnreifung [7]. Aufgrund der Toxizität des Nikotins kam es, vor allem bei Kindern im Alter von bis zu fünf Jahren, durch orale Aufnahme von Liquids zu Vergiftungen, die allerdings nur in wenigen Einzelfällen tödlich verliefen [3, 8]. Diese Vergiftungsgefahr lässt sich durch kindersichere Verpackungen und eine eindeutige Kennzeichnung der Behälter, wie sie in Deutschland vorgeschrieben sind [9, 10], sowie eine kindersichere Aufbewahrung minimieren.

E-Zigarette oder Tabakerhitzer

  • In E-Zigaretten wird eine – meist nikotinhaltige – aromatisierte Flüssigkeit (Liquid) mithilfe eines elektronisch betriebenen Verdampfers erhitzt. Das dabei entstehende Aerosol inhaliert der Konsument.
  • Tabakerhitzer sind neuartige Tabakprodukte, in denen – anders als in E-Zigaretten – anstelle eines Liquids Tabak erhitzt wird und das dabei entstehende Aerosol vom Konsumenten inhaliert wird.

E-Zigaretten zum Rauchstopp?

Beim Konsum von E-Zigaretten gelangen auch Schadstoffe in die Raumluft; dazu gehören Propylenglykol, Glyzerin, Aromen, Nikotin, feine und ultrafeine Partikel, flüchtige organische Substanzen, Aldehyde wie Formaldehyd, Acetaldehyd und Acrolein, Metalle und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe [1, 11]. Die Schadstoffbelastung ist geringer als durch Tabakrauch, steigt aber mit zunehmender Anzahl der im Raum verwendeten E-Zigaretten an. Insbesondere für vulnerable Gruppen wie Kinder, Schwangere, alte Menschen und Personen mit chronischen Erkrankungen könnte dies eine Gesundheitsgefährdung bedeuten [1].

Eine gesicherte Aussage zum Nutzen von E-Zigaretten als Hilfsmittel zum Rauchstopp ist derzeit aufgrund der schwachen Evidenzlage nicht möglich. Die aktuell gültige S3-Leitlinie zur Tabakentwöhnung empfiehlt E-Zigaretten nicht [12]. Mehrere Fachgesellschaften hingegen vertreten die Position, dass E-Zigaretten Rauchern angeboten werden können, bei denen eine leitliniengerechte Tabakentwöhnung (Verhaltenstherapie, ergänzt durch Nikotinersatzprodukte) versagt hat oder die diese ablehnen [13-15].

Neben E-Zigaretten gibt es Tabakerhitzer (s. Box S. 31). Auch hier enthält das Aerosol verschiedene Schadstoffe, allerdings in geringeren Mengen als im Tabakrauch [16, 17]. Inwiefern sich diese reduzierte Belastung in eine geringere Gesundheitsgefährdung überträgt, lässt sich derzeit nicht abschätzen, da geeignete Langzeitstudien und Risikomodelle fehlen [18]. Unabhängige Wissenschaftler, die die Daten von Herstellerstudien erneut ausgewertet haben, kommen zu dem Ergebnis, dass der Tabakerhitzer IQOS die Lunge und die Leber schädigen könnte [19, 20]. Auch wenn die Gesundheitsgefährdung durch den Konsum von Tabakerhitzern derzeit unbekannt ist, ist doch klar, dass sie trotz der geringeren Schadstoffbelastung keineswegs harmlos sind.

Mögliche Interessenkonflikte: Die Autorinnen erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Literatur

1. National Academies of Sciences, Engeneering & and Medicine. Public health consequences of e-cigarettes. 2018. The National Academics Press, Washington, D.C. 2. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Zweite Verordnung zur Änderung der Tabakerzeugnisverordnung. Bundesgesetzblatt 2017: 1201-1204 3. Pisinger C, Dossing M. A systematic review of health effects of electronic cigarettes. Prev Med 2014 (69): 248-260. DOI: 10.1016/j.ypmed.2014.10.009 4. Shields PG, Berman M, Brasky TM, et al. A review of pulmonary toxicity of electronic cigarettes in the context of smoking: a focus on inflammation. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2017 (26): 1175-1191. DOI: 10.1158/1055-9965.EPI-17-0358 5. Lappas AS, Tzortzi AS, Konstantinidi EM, et al. Short-term respiratory effects of e-cigarettes in healthy individuals and smokers with asthma. Respirology 2017 (23): 291-297. DOI: 10.1111/resp.13180 6. Benowitz NL, Fraiman JB. Cardiovascular effects of electronic cigarettes. Nat Rev Cardiol 2017 (14): 447-456. DOI: 10.1038/nrcardio.2017.36 7. Deutsches Krebsforschungszentrum (Hrsg.) Gesundheitsrisiko Nikotin. Fakten zum Rauchen. Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg. 2015 8. Vardavas CI, Girvalaki C, Filippidis FT, et al. Characteristics and outcomes of e-cigarette exposure incidents reported to 10 European Poison Centers: a retrospective data analysis. Tob Induc Dis 2017 (15): 36. DOI: 10.1186/s12971-017-0141-z 9. Bundestag, Bundesrat. Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse Bundesgesetzblatt 2016 Teil I: 569-584 10. Bundesminsiterium für Landwirtschaft und Ernährung, Bundesminsiterium für Wirtschaft und Energie. Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse. Bundesgesetzblatt 2016 Teil I: 980-993 11. Fernández E, Fu M, Martínez-Sánchez JM. Exposure to aerosols from smoking-proxy electronic inhaling systems: a systematic review. Prepared for the World Health Organization Tobacco Free Initiative. 2016 12. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften A. S3-Leitlinie “Screening, Diagnostik und Behandlung des schädlichen und abhängigen Tabakkonsums”, AWMF-Register Nr. 076-006 (Stand: 09.02.2015). 2015 13. Rüther T, Backmund M, Bischof G, et al. Positionspapier: Suchtmedizinische und gesundheitspolitische Chancen und Risiken durch den Gebrauch von E-Zigaretten. Suchttherapie 2017 (18): 120-123. DOI: 10.1055/s-0043-113847 14. Nowak D, Gohlke H, Hering T, et al. Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin. Pneumologie 2015 (69): 131–134. DOI: 10.1055/s-0034-1391491 15. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS). „Harm Reduction“: Verringerung von tabakrauchbedingten Gesundheitsschäden durch E-Zigaretten? Stellungnahme der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. http://www.dhs.de/dhs-stellungnahmen.html (abgerufen am 20.08.2018). 2016 16. Simonavicius E, McNeill A, Shahab L, et al. Heat-not-burn tobacco products: a systematic literature review. Tob Control 2018. DOI: 10.1136/tobaccocontrol-2018-054419 17. Davis B, Williams M, Talbot P. iQOS: evidence of pyrolysis and release of a toxicant from plastic. Tob Control 2018, online veröffentlicht am 13. März. DOI: 10.1136/tobaccocontrol-2017-05410 18. US Food and Drug Administration. FDA Briefing Document. January 24-25, 2018. Meeting of the Tobacco Products Scientific Advisory Committee (TPSAC) Modified Risk Tobacco Product Applications (MRTPAs). MR0000059-MR0000061. Philip Morris Products S.A. Office of Science Center for Tobacco Products Food and Drug Administration. 2018 19. Chun L, Moazed F, Matthay M, et al. Possible hepatotoxicity of IQOS. Tob Control 2018 (Nov 27): s39-s40. DOI: 10.1136/tobaccocontrol-2018-054320 20. Moazed F, Chun L, Matthay MA, et al. Assessment of industry data on pulmonary and immunosuppressive effects of IQOS. Tob Control 2018 (Nov 27): s20-s25. DOI: 10.1136/tobaccocontrol-2018-054296

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