Therapie nach IndikationenErnährungsleitfaden für Hausärzte

Was bedeutet "gesund essen"? Und welche Ernährung hilft bei welcher Erkrankung? Was Sie Ihren Patienten raten sollten.

Wenn Sie Patienten hinsichtlich ihrer Ernährung beraten, empfiehlt sich zunächst ein kurzes Ernährungsassessment. Dazu gehört eine körperliche Untersuchung – zum Beispiel Zahn- und Schluckstatus, Körpergewicht und Taillenumfang – sowie die Medikamenten- und Ernährungsanamnese. Fragen Sie nach der aktuellen Nahrungsaufnahme, der Einschätzung des Energie- und Nährstoffbedarfs und individuellen Präferenzen. Gegebenenfalls können auch Laboruntersuchungen nötig sein.

Empfohlene Grundkostformen

Die Vollkost (s. Liste) wird Erwachsenen empfohlen, bei denen keine Indikation für eine andere Kostform besteht. Sie soll den Bedarf an essenziellen Nährstoffen decken und den Energiebedarf sowie die Erkenntnisse der Ernährungsmedizin zu Prävention und Therapie berücksichtigen. Soweit diese Punkte nicht tangiert werden, soll sie in ihrer Zusammensetzung den üblichen Ernährungsgewohnheiten angepasst sein.

Die leichte Vollkost besagt: Gegessen werden kann, was vertragen wird! Sie berücksichtigt unspezifische Unverträglichkeiten und gas-trointestinale Erkrankungen mit entsprechender Symptomatik. Dabei sind individuell unverträgliche Lebensmittel auszuschließen oder geeignete Garmethoden zu beachten.

Die altersgerechte Vollkost gewinnt in der Geriatrie an Bedeutung. Im Alter können Funktionen wie Kau- und Schluckfähigkeit sowie die Kognition eingeschränkt sein, oft droht eine Mangelernährung. Der Energiebedarf ist gering, das Nährstoffbedürfnis gegebenenfalls erhöht. Zu empfehlen sind daher kleine Portionen und Zwischenmahlzeiten. Das Essen sollte attraktiv in Aussehen, Geruch und Geschmack und gut kaubar sein. Dies sollten Sie als Hausarzt etwa im Altenheim prüfen.

Ernährungstherapie nach Indikationen

Adipositas: Eine Gewichtsreduktion erfordert ein Energiedefizit von 500–600 kcal/Tag, das entspricht etwa einer Butterbrezel weniger. Die Patienten sollten Lebensmittel mit hoher Energiedichte meiden, besser ballaststoff- und wasserreiche Lebensmittel bevorzugen und auf energiereiche und zuckerhaltige Getränke verzichten. Die Mahlzeitenhäufigkeit sollte sich an den individuellen Bedürfnissen und Vorlieben orientieren. Wichtig: Nicht die Makronährstoffzusammensetzung, sondern das Energiedefizit ist für die Gewichtsreduktion ausschlaggebend. Langfristig gibt es bei der Gewichtsreduktion keine relevanten Unterschiede zwischen streng oder mäßig kohlenhydratarmer, fettarmer oder eiweißreicher Ernährung, Mittelmeerkost oder GI-Diät.

Diabetes: Alle Vollkostformen sind geeignet. Bei Insulinbehandlung ist eine Abstimmung zwischen Kohlenhydratmenge und Insulindosierung erforderlich. Bei Diabetes mellitus Typ 2 mit Übergewicht oder Adipositas steht das Gewichtsmanagement im Vordergrund.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Empfehlenswert ist eine abwechslungsreiche Ernährung, die sich an der mediterranen Kost orientiert. Der Anteil gesättigter Fette an den Nahrungsfetten sollte möglichst gering sein, stattdessen sollten die Patienten einfach oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren zu sich nehmen. Die Patienten sollten ihren Kochsalzkonsum auf unter 6 g/Tag beschränken und den Alkoholkonsum einschränken. Eine Supplementierung mit Vitamin- oder Antioxidanzien-Präparaten sollte nicht generell empfohlen werden. Auch sollen Vitamin B und Folsäure zur Senkung des Homocysteinspiegels in der kardiovaskulären Prävention bei unselektierten Patienten nicht verwendet werden. Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringert der vermehrte Konsum von Ballaststoffen.

Reizdarm: Bei obstipativer und Diarrhö-Symptomatik helfen lösliche Ballaststoffe wie Flohsamenschalen. Probiotika können eingesetzt werden, auch versuchsweise zur Behandlung von Schmerzen. Wählen Sie den Stamm dabei je nach Symptomatik.

Divertikelkrankheit: Zur primären und sekundären Prävention empfiehlt sich eine ballaststoffreiche Ernährung und wenig Fleisch. Außerdem senken regelmäßige körperliche Aktivität und der Erhalt des Normalgewichts das Risiko für eine Divertikulitis. Nüsse und Körner führen nicht zu einem erhöhten Risiko.

Kohlenhydratmalassimilation: Alle Vollkostformen sind geeignet, die Patienten sollen aber nicht vertragene Kohlenhydrate einschränken oder meiden. Es empfiehlt sich ein 3-Stufen-Plan: 1. Zweiwöchige Karenzphase, 2. Testphase und 3. Dauerernährung. Die gleichzeitige Aufnahme von Protein, Fett und Kohlenhydraten sowie Ballaststoffen führt zur Verlängerung der Magenverweildauer und zur Verbesserung der Verträglichkeit. Bei Laktoseintoleranz zeigt sich eine bessere Toleranz für Laktose, wenn die Zufuhr über den Tag verteilt wird. Der Laktosegehalt nicht wärmebehandelter, fermentierter oder lange gereifter Milchprodukte ist meist niedrig oder kaum noch nachweisbar, sodass Hartkäse und oft auch stichfester Joghurt besser vertragen werden als Milch. Bei Fruktosemalabsorption – nicht zu verwechseln mit der hereditären Fruktoseintoleranz – ist eine obst- oder fruktosefreie Ernährung nicht notwendig: Nach einer Karenzphase ist die Wiedereinführung von Obst in kleinen Mengen sinnvoll.

Glutensensitive Enteropathie: Patienten mit gesicherter Zöliakie müssen lebenslang eine glutenfreie Vollkost einhalten. Zu den glutenfreien Getreide- und Pseudogetreidearten zählen Hirse, Mais, Reis, Amaranth, Buchweizen und Quinoa. Zu vermeiden ist eine glutenfreie Kost aufgrund einer Selbstdiagnose oder inkompletter Diagnostik.

Rheumatische Erkrankungen: Alle Vollkostformen sind geeignet, besonders mediterrane Kost und ovo-lacto-vegetarische Ernährung zur Verringerung der Arachidonsäurezufuhr. Wichtig ist auch die Zufuhr von Vitamin D und Kalzium zur Osteoporoseprophylaxe sowie von langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Die Patienten sollten ein bis zwei fettreiche Fischmahlzeiten pro Woche (etwa Hering, Lachs, Makrele) zu sich nehmen und pflanzliche Speiseöle bevorzugen, die reich an Omega-3-Fettsäuren sind (Raps-, Walnuss- und Leinöl).

Onkologie: “Krebsdiäten” können schädlich sein, da bei onkologischen Patienten immer die Gefahr einer multifaktoriellen Mangelernährung besteht. Nahrungsergänzungsmittel und Mikronährstoffpräparate werden nicht empfohlen, sofern keine Mangelversorgung nachgewiesen ist. Hoch dosierte Antioxidanzien wie Vitamine sollen während einer Chemotherapie wegen potenzieller Wechselwirkungen nicht oder nur in Rücksprache mit dem Onkologen gegeben werden.

Zusammensetzung der gesunden Vollkost

  • vollwertige, komplexe Kohlenhydrate → 50 Prozent der Energiezufuhr
  • Fette → 30 Prozent der Energiezufuhr
  • Protein (tierisch und pflanzlich) → 0,8 g/kg Körpergewicht/Tag (100 g Haferflocken enthalten zum Beispiel 13,5 g Eiweiß, 100 g getrocknete Bohnen 22 g, 100 g mageres Rindfleisch 26 g;
  • Männer mittleren Alters benötigen circa 60 g/Tag, Frauen circa 50 g/Tag)
  • Ballaststoe (in Gemüse, Obst, Nüssen, Samen, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukten) → mindestens 30 g/Tag
  • freie Zucker (Mono-Disaccharide als Lebensmittelzusatz, Honig, Fruchtsäfte, Sirup) → bis zu 10 Prozent der Energiezufuhr
  • Salz (vorzugsweise jodiert und fluoridiert) → maximal 6 g/Tag (1 gestrichener Teelöel = 5 g)
  • Trinkmenge (Wasser, kalorienfreie Getränke) → circa 1,5 l/Tag

Quellen:

1. Hauner H et al. Leitfaden Ernährungstherapie in Klinik und Praxis (LEKuP).

2. Valentini L et al. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM). DGEM- Terminologie in der klinischen Ernährung.

Interessenskonflikte: Die Autorin hat keine deklariert.

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