Aktualisierter SpickerHeilmittel korrekt verordnen – Budget schonen

Zum 1. Juli wurde abermals an der Heilmittelverordnung geschraubt. Bei genauem Hinsehen ergeben sich für Hausärzte Vorteile. 3 Fallbeispiele verdeutlichen, wie Sie jetzt ganz einfach "budgetschonend" verordnen. PLUS: Der aktualisierte Spicker zum Download.

Ist ein langfristiger oder besonderer Heilmittelbedarf angezeigt? Ein Blick in den Spicker hilft.

Nachdem die Heilmittelverordnung zum 1. Januar 2021 grundlegend verändert wurde (“Der Hausarzt” 1/21), sind zum 1. Juli nun noch kleinere Änderungen hinzugekommen. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um neue Diagnosen, die das hausärztliche “Budget” entlasten, sowie eine Erhöhung der möglichen Verordnungsmengen.

Jetzt bis zu 20 Einheiten Ergotherapie

So können Hausärztinnen und Hausärzte im Indikationsschlüssel für Ergotherapie PS2 (neurotische, Belastungs-, somatoforme und Persönlichkeitsstörungen) und PS3 (wahnhafte und affektive Störungen / Abhängigkeitserkrankungen) zukünftig bis zu 20 Therapieeinheiten auf ein Rezept schreiben. Dies soll die Versorgung von psychisch schwer Erkrankten verbessern, da diese zum Teil Probleme haben, mehrfach im Quartal die Arztpraxis aufzusuchen.

Ein Zwang zur Verordnung von entsprechend vielen Einheiten besteht jedoch nicht. Im Gegenteil: Der Quartalsbedarf darf nicht überschritten werden. Sprich: 20 Einheiten gibt es nur, wenn mehr als eine Therapieeinheit pro Woche stattfindet.

Tipp: Da Ergotherapie relativ teuer ist, sollte man die Diagnoselisten des langfristigen Heilmittelbedarfs (LHM) und des besonderen Verordnungsbedarfs (BVB) beachten! Außerdem sind die Verordnungsvorschriften der Heilmittelrichtlinie im Auge zu behalten: So ist bei der Ergotherapie in diesen Indikationen eine psychiatrische Eingangsdiagnostik erforderlich.

Diagnosen neu definiert

Des Weiteren wurden neue Diagnosen des langfristigen Heilmittelbedarfs definiert (Tab.). Neu: Zum 1. Juli wurde auch der Post-Covid- Zustand (U09.9 Post-Covid-19-Zustand, nicht näher bezeichnet) für einen besonderen Verordnungsbedarf in den Indikationen WS/AT sowie SB1/PS2/PS3 anerkannt. 

BVB versus LHM: Bedeutung in der Praxis

In den meisten KV-Bereichen gerät man in eine Wirtschaftlichkeitsprüfung, wenn man im Heilmittelbereich deutlich mehr als der Fachgruppendurchschnitt verordnet. Nach einem entsprechenden Anhörungsverfahren könnte dies zu einem Regress führen. Da wir sowohl die schlaflosen Nächte des Verfahrens als auch den möglichen Regress gern vermeiden möchten, sollten wir möglichst nicht wesentlich über dem Fachgruppendurchschnitt verordnen. Hierbei helfen uns die Diagnosen des besonderen Verordnungsbedarfs (BVB) und des langfristigen Heilmittelbedarfs (LHM).

BVB-Diagnosen werden meist auf den Fachgruppendurchschnitt angerechnet, sodass die Verordnungen diesen für die Kollegen erhöhen. Im Falle einer Prüfung werden sie aus dem Volumen der Praxis jedoch herausgerechnet. Verordnungen mit LHM-Diagnosen gehen gar nicht in die Berechnungen ein. Wichtig ist hierbei, dass der genaue ICD-Code (auf die Nachkommastelle achten!) und die hierfür gelistete Diagnosengruppe des Heilmittelkatalogs gewählt werden. Ein genauer Blick auf den ICD kann sich hier mitunter lohnen (s. Fallbeispiele).

Tipp: Die 19-seitige Diagnoseliste findet sich vollständig und aktuell bei der KBV, eine subjektive Auswahl der unserer Meinung nach für den hausärztlichen Alltag relevantesten Diagnosen kann man unserem Heilmittelspicker entnehmen (s. oben).

Fallbeispiel 1

Herr Stroker ist 72 Jahre alt. Er hat vor sechs Wochen einen Schlaganfall erlitten und benötigt nach der Reha noch weitere Therapie. Die klinische Symptomatik zeigt eine schlaffe Hemiparese links und eine Dysarthrie.

Blick auf die Heilmittelverordnung: Die Diagnose I69.4G (Folgen eines Schlaganfalls, n.n.b.) begründet einen BVB für bis zu ein Jahr nach dem Ereignis für die Heilmittel-Indikationen Physio ZN, Ergo EN1, Logo SC/SP5/SP6/ST1. Sprich: Der Patient kann nach den BVB-Listen indikationsgerecht umfassend therapeutisch begleitet werden, ohne das “Budget zu belasten”.

Sollte der Schlaganfall mehr als zwölf Monate zurückliegen und weiterhin Behandlungsbedarf bestehen, so lohnt sich ein erneuter Blick in die Liste: Für die Diagnose G81.0G (schlaffe Hemipare) besteht ein unbefristeter BVB zu den Diagnosegruppen ZN und EN1. Zu beachten ist hier, dass sowohl G81.0 als auch G81.1 (schlaffe bzw. spastische Hemiparese) den BVB bedingen, nicht jedoch der ICD G81.9 (nicht näher bezeichnete Hemiparese)! Bei der Codierung von G81.9G würde die Verordnung also unser “Budget” in vollem Maß beanspruchen.

Bezüglich der Logopädie findet sich die Diagnose R13.- Dysphagie auf der BVB-Liste, allerdings erst ab dem 70. Geburtstag. Die Sprachstörung ist leider nicht gelistet, somit nach dem ersten Jahr nicht mehr BVB oder LHM. Hier kann man jedoch anmerken, dass Fortschritte in vielen Fällen nach dem ersten Jahr auch nicht mehr erzielt werden. In Einzelfällen kann man natürlich trotzdem bei begründeter Aussicht auf Erfolg weiterhin verordnen, es fällt dann aber ins Budget.

Bei der Logopädie ist, ähnlich wie oben bei der Ergotherapie erwähnt, an die teils geforderte Eingangsdiagnostik durch Organspezialisten zu denken – beispielsweise bei der Schluckstörung HNO-ärztlich bzw. neurologisch. Oft erfolgt dies bereits im Rahmen der Akutbehandlung oder Reha.

Fallbeispiel 2

Frau Mammamia ist 35 Jahre alt. Ihre Brustkrebserkrankung hat sie dank OP und Chemotherapie gut überstanden, es besteht jedoch nach Lymphknotenexstirpation ein Lymphödem des Arms. Hierfür benötigt sie regelmäßig Lymphdrainage.

Blick auf die Heilmittelverordnung: Die Lymphdrainage kostet pro Therapieeinheit bei MLD30, d.h. pro 30 Minuten (übliche Dauer für einen Arm) derzeit 26,01 Euro (MLD45, also 45 Minuten, 39 Euro). Da es sich um eine langfristig angelegte Behandlung handelt, lohnt sich ein Blick in die Diagnoseliste: C50.9G Mamma-Carcinom ist bei Z.n. Operation und/oder Bestrahlung eine gelistete Diagnose des LHM. Dies bedeutet, dass wir hier langfristig verordnen können ohne Budget-Sorgen.

Fallbeispiel 3

Herr Lumbagus hat im Alter von 43 Jahren einen Bandscheibenvorfall mit radikulärer Symptomatik erlitten. Zur Linderung seiner Beschwerden verordnet die Hausärztin ihm Physiotherapie.

Blick auf die Heilmittelverordnung: Hier ist darauf zu achten, dass auf der Verordnung zwei Diagnosen stehen müssen, um die Bedingungen des BVB zu erfüllen. In diesem Falle wären das M51.1 G (lumbaler Bandscheibenvorfall mit Radikulopathie) sowie G55.1 G (Nervenkompression bei Bandscheibenvorfall). Hiermit ist die Verordnung für bis zu sechs Monate nach dem Akutereignis nicht budget-belastend.

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