Praxis Wissen“Wir müssen heute infrage stellen, was wir gestern gelernt haben“

Richt- und Leitlinien geben Orientierung bei der Behandlung. So sollen Patienten nicht nur evidenzbasiert, sondern auch effizient versorgt werden. Doch werden sie diesem Ziel gerecht?

Als Kurfürst Friedrich Wilhelm I 1685 das Brandenburgische Medizinaledikt erließ, wurde die ärztliche Selbstverwaltung geboren – und der Gedanke, dass ärztliche Auto-nomie dem Patienten- und Gemeinwohl dient. Das ist laut Dr. Günther Jonitz aus dem Bundesärztekammervorstand, Mitglied des Vorstands der Bundesärztekammer (BÄK), bis heute aktuell. „Wir sollten eine bessere Problemlösungskompetenz haben als jemand, der am Schreibtisch sitzt, weil wir näher am Patienten sind“, sagt er.

Ein Instrument der Problemlösungskompetenz der Ärzte ist die evidenzbasierte Medizin in Form von Richtlinien als Handlungsanweisungen und Leitlinien als Empfehlungen. Richtlinien sind verbindlich. „Leitlinien sind Korridore, die Entscheidungen von Ärzten und Patienten unterstützen sollen“, stellt Jonitz klar. In begründeten Fällen kann davon abgewichen werden.

Die Erstellung von Leitlinien beruht auf der freiwilligen Initiative der Ärzte. Rund 800 Leitlinien gibt es, darunter nationale Versorgungsleitlinien zur Behandlung von Patien-ten mit Asthma, COPD, Kreuzschmerzen oder unipolarer Depression.

„Die besten Leitlinien der Welt kommen aus Deutschland.“ Sie werden stetig weiterentwickelt. „Wir müssen heute infrage stellen, was wir gestern gelernt haben“, betont Jonitz. „Wenn wir nachbessern können, bessern wir nach.“ Leitlinien sorgten dafür, dass „sauberes Wissen“ ins Gesundheitssystem komme.

„Im 19. Jahrhundert war sauberes Wasser die wichtigste Ressource für die Gesundheit, im 21. Jahrhundert ist es sauberes Wissen.“ Von einer leitliniengerechten Behandlung profitieren Patienten sehr, sagt Prof. Rolf Kreienberg von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. Forscher der Uni Ulm haben die Daten von 13.000 Patientinnen mit Brustkrebs ausgewertet. „80 Prozent erhielten eine leitlinienkonforme Therapie“, sagt er. Sie hatten eine deutlich bessere Überlebenswahrscheinlichkeit. „Eine nicht-leitlinienkonforme Therapie kann einen Überlebenszeitverlust von 30 Prozent bedeuten.“

Forschungsdaten zufolge ist die Überlebenswahrscheinlichkeit von Schwerkranken, die an Studien teilnehmen, höher. Doch bei der Auswahl der Teilnehmer werden bestimmte Gruppen ausgeschlossen, etwa Patienten mit Komorbidität oder über 65 Jahren, so Kreienberg. Gleichzeitig kommt es gerade in Studien zu wenig Leitlinienverletzungen. „Die Leitlinienkonformität ist der wesentliche Faktor, nicht die Studienteilnahme“, ist er überzeugt. Doch Patienten lehnen eine leitliniengerechte Behandlung nicht selten etwa aus Angst vor Nebenwirkungen ab. „Wir müssen mit den Patienten reden“, sagt Kreienberg. Denn sie hätten viel zu gewinnen und Ärzte könnten Einfluss auf ihre Entscheidung nehmen.

Solche Erkenntnisse gibt es dank der Versorgungsforschung, die es lange schwer gehabt hat. „Wir haben die Idee implementiert“, sagt BÄK-Präsident Prof. Frank Ulrich Montgomery mit Blick auf die ärztliche Selbstverwaltung. „Mittlerweile hat die Politik die Versorgungsforschung entdeckt.“ Das zeige die Einrichtung des Innovationsfonds, der mit 300 Millionen Euro ausgestattet ist.

Quelle: BÄK-Symposium „Instrumente der ärztlichen Selbstverwaltung für eine evidenzbasierte, sichere und effiziente Patientenversorgung“, 11.12.2015, Berlin

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