E-HealthFernbehandlung auf dem Vormarsch

Immer mehr Landesärztekammern passen ihre Berufsordnungen den Möglichkeiten der Digitalisierung an. Führende Verbandsvertreter bleiben kritisch. Rhön-Klinikum AG steigt in den Fernbehandlungsmarkt ein.

Berlin. Seit wenigen Tagen können Berliner Patienten Ärzte von zuhause aus konsultieren. Denn die Ärztekammer Berlin hat auf ihrer Sitzung in der letzten Woche eine entsprechende Neuregelung der Berufsordnung beschlossen. Theoretisch ist damit die Tür für Diagnose und Therapie via Fernkommunikation offen. Praktisch fehlt es in Berlin aber an der Infrastruktur. Knapp ein Drittel der bundesdeutschen Ärztekammern erlaubt mittlerweile Fernbehandlungen. Verlässliche Zahlen zur Nutzung durch Patienten fehlen.

„Wir rechnen nicht mit einem großen Run bei den niedergelassenen Ärzten“, sagte der Sprecher der Berliner Ärztekammer, Sascha Rudat, mit Blick auf die in Kraft getretene Neuregelung. Die Gründe dafür sind vielfältig. Nach Rudat müsse sich das Angebot erst noch entwickeln und stoße zudem an „natürliche Grenzen“, etwa dort, wo körperliche Untersuchungen für die Diagnostik notwendig sind. Die Anwendungsmöglichkeiten schätze er daher als „relativ begrenzt“ ein.

Mit der Möglichkeit der Fernbehandlung fremder Patienten stiegen für Ärzte auch Risiken, sagte Rudat. Er rechne daher von Seiten der Mediziner mit einer Zurückhaltung aus haftungsrechtlichen Gründen. Auch Rezepte für verschreibungspflichtige Medikamente könnten bisher auf diesem Weg nicht ausgestellt werden. Auch Krankenscheine ohne persönlichen Kontakt könnten laut Rudat nicht ohne weiteres ausgestellt werden. Ärzte müssten nach gegenwärtiger Regelung auch aus der Ferne „zweifelsfrei“ die Arbeitsunfähigkeit des Patienten feststellen.

Bundesweite Lockerungen

Das bisherige ausschließliche Fernbehandlungsverbot, wonach Ärzte neue Patienten nur nach persönlichem Gespräch behandeln dürfen, hatte der Deutsche Ärztetag im Mai 2018 gekippt. Die Delegiertenversammlung der Berliner Ärztekammer stimmte dem im Herbst zu. Der Kontakt zwischen Arzt und Patient ausschließlich über Kommunikationsmedien ist damit im Einzelfall erlaubt, aber vor allem als Ergänzung gedacht. Dass nun Ärzte den ganzen Tag lang keine Patienten mehr persönlich empfangen, soll nach dem Willen der Kammer nicht vorkommen. „Der verantwortungsvolle, ergänzende Einsatz moderner Kommunikationsmedien erweitert die Behandlungsmöglichkeiten und dient der Stärkung des Arzt-Patientenverhältnisses“, erklärte der Präsident der Ärztekammer Berlin, Dr. med. Günther Jonitz, seinerzeit. Er schränkte gleichzeitig ein, „Der persönliche Kontakt zwischen Arzt und Patient wird und muss auch künftig der Goldstandard sein und ist nicht durch Technik ersetzbar!“

Ähnlich äußerte sich zu gleicher Zeit auch der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, über die Grenzen der digitalen Technik: „Der persönliche Kontakt, die Kenntnis des sozialen Umfeldes des Patienten sowie eine ärztliche Untersuchung unter Zuhilfenahme aller Sinne sind einfach unerlässlich. Sehen, fühlen, riechen und hören können nun einmal nicht durch ein paar Klicks auf einem Smartphone ersetzt werden.“

Während in Berlin noch Erfahrungswerte gesammelt werden müssen, hat Baden-Württemberg bereits ein elaboriertes Telematik-Angebot, das die dortige KV als funktionierend bezeichnete: Im April 2018 startete das Pilotprojekt „Docdirect“ in Stuttgart und Tuttlingen, inzwischen wurde es auf das ganze Bundesland ausgeweitet. Mitglieder der GKV können dort per Telefon oder via Internet Kontakt mit Ärzten aufnehmen. Zahlen zur Nutzung wurden bisher nicht genannt.

Im Jahresverlauf zogen zahlreiche Landesärztekammern mit der Anpassung ihrer Behandlungsrichtlinien nach. Mittlerweile ist die Behandlung per Telefon oder Internet in Hessen, Nordrhein, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Bayern, Sachsen, Schleswig-Holstein möglich.

E-Health: Großes Wachstumspotential

Auch wenn der Markt derzeit noch in den Kinderschuhen steckt, wird ein riesiges Marktpotenzial in der Fernbehandlung gesehen. So gab in der vergangenen Woche einer der größten Betreiber von Medizinischen Versorgungszentren, die Rhön-Klinikum AG, bekannt, in den Markt für Telemedizin einsteigen zu wollen. Das milliardenschwere Unternehmen gründet ein Joint-Venture mit der Schweizer Branchengröße Medgate. Dessen Chef, Andy Fischer, geht davon aus, dass der Markt „riesig“ ist.

Dass die Lockerung des Fernbehandlungsverbots mitunter auch bedenkliche Blüten treiben kann, zeigen Angebote wie das der Firma „AU-Schein“, die gegen eine Gebühr von neun Euro Diagnosen zu Erkältungen gibt und Krankmeldungen via What`sApp anbietet.

Mit Material von dpa/bb

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