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Extrabudgetäre AbrechnungSo profitieren Praxen wirklich vom TSVG

Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vergütet viele neue Leistungen extrabudgetär. Doch wie wirkt sich das wirklich auf eine Praxis aus? Lohnt es sich, das Hamsterrad anzuwerfen?

Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) hat auch für Hausärzte viele Möglichkeiten geschaffen, ihre Leistungen eines Abrechnungsquartals extrabudgetär bezahlt zu bekommen. Das trifft auf alle neuen TSVG-Konstellationen zu:

  • Patientenvermittlung über Terminservicestelle seit 11. Mai
  • Patientenvermittlung über den Hausarzt an den Facharzt seit 11. Mai
  • Neupatienten seit 1. September
  • Patienten in der offenen Sprechstunde seit 1. September (gilt nicht für Hausärzte)
  • Akutvermittlung über Terminservicestelle ab spätestens 1. Januar 2020

Doch diese Leistungen werden im Nachgang für vier Quartale bereinigt. Wie genau die Bereinigung erfolgt, ist nicht leicht nachzuvollziehen. Somit fragen sich die meisten Ärzte, wie sich die Bereinigung dieser Leistungen auf das Budget, die Abrechnung und das Honorar ihrer Praxis auswirkt.

So funktioniert die Bereinigung

In Teil C seines Beschlusses schreibt der Bewertungsausschuss zur Ermittlung der Bereinigungsmengen unter Punkt 6: “Durch Multiplikation der jeweiligen gemäß Nr. 3 bestimmten Summe der gemäß Nr. 2 gekennzeichneten relevanten Leistungsmengen mit der gemäß Nr. 4 bestimmten entsprechenden arztgruppenspezifischen Auszahlungsquote des Vorjahresquartals ergibt sich der Bereinigungsbetrag in Euro.” Dies ist der entscheidende Satz – aber was wird denn nun bereinigt und vor allem, wie?

1. Welche Leistungen werden bereinigt?

Alle Leistungen, die innerhalb der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) liegen. Dies umfasst alle Leistungen innerhalb des Budgets. Je nach Kassenärztlicher Vereinigung (KV) zählen dazu Regelleistungsvolumen (RLV), Qualifikationsgebundenes Zusatzvolumen (QZV), Punktzahlvolumen, Praxisbudget und Individuelles Leistungsbudget.

2. Bei welchen Patienten werden diese Leistungen bereinigt?

Die Bereinigung gilt für alle Patienten, die als TSVG-Konstellation im Praxissoftwaresystem gekennzeichnet sind. Dazu gibt es ein neues Feld TSVG-Kennzeichnung.

3. Wie wird im Einzelnen bereinigt?

  • Bei allen markierten Patienten werden die Budgetleistungen addiert.
  • Diese Summe wird multipliziert mit der Auszahlungsquote der jeweiligen Fachgruppe aus dem Vorjahresquartal. Dies ergibt die Bereinigungshöhe je Fachgruppe.
  • Die Auszahlungsquote errechnet sich als Differenz zwischen dem vorab festgelegten Budget-Fallwert und dem tatsächlich angeforderten budgetrelevanten Wert. Sie richtet sich also danach, wie hoch die MGV je Fachgruppe ausfällt und wie hoch die Überschreitungen der Praxis waren.
  • Die Auszahlungsquote multipliziert mit dem angeforderten Fallwert ergibt die Bereinigungsmenge je Fall. Diese wird dann multipliziert mit der Zahl der TSVG-Fälle und ergibt die Gesamtbereinigungsmenge.
  • Die Gesamtbereinigungsmenge wird dann von der ursprünglichen Höhe der MGV abgezogen und ergibt die neue MGV nach Bereinigung. Diese wird dann durch die Fälle dividiert, die keine TSVG-Markierung haben und es ergibt sich ein neuer budgetrelevanter Fallwert.

Tabelle 1 zeigt eine Beispielrechnung für eine Fachgruppe: Je mehr budgetrelevante Leistungen also bei Patienten mit einer TSVG-Konstellation abgerechnet werden, desto höher fällt die Bereinigungsmenge aus und desto mehr sinkt das Budget für eine Fachgruppe – und damit auch der neue Fallwert.

Wichtig: Die Bereinigung findet zwar auf Arztebene statt. Der Bewertungsausschuss geht dabei aber davon aus, dass jede Praxis Patienten mit TSVG-Konstellationen haben wird und somit der bereinigte Fallwert für alle Praxen einer Fachgruppe gleichermaßen gilt!

Was bedeutet das für eine Praxis?

Die Tabellen 2 und 3 zeigen, wie sich die Bereinigung auf eine Praxis auswirkt. Ausgegangen wird von einer Praxis mit 1.000 Scheinen im Quartal, von denen bei 250 Patienten eine TSVG-Konstellation vorliegt. Die Beispielrechnungen stellen dabei die Folgen mit und ohne Budgetüberschreitung gegenüber.

Zunächst erwirtschaftet die Praxis mit den TSVG-Patienten im laufenden Quartal ein Honorarplus (Tab. 3 Punkt 12). Der Wermutstropfen: Je mehr TSVG-Konstellationen mit hohen Leistungsanforderungen eineFachgruppe abrechnet, desto größer fällt die Bereinigung der MGV aus und umso stärker sinkt der Fallwert für die übrigen Patienten. Im jeweils aktuellen Quartal verschlechtert dies das Honorar der Praxis nicht. Aber in Zukunft wird sich das in niedrigeren Fallwerten für die restlichen Patienten mit budgetierten Leistungen widerspiegeln.

In Praxen, die bisher ihr Budget nicht ausgeschöpft haben, kann die Bereinigung künftig zu Überschreitungen des dann niedrigeren Budgets führen. Dieses wird dann nur noch mit einer Restquote vergütet. Wie groß das Honorarplus also in Zukunft ausfällt, hängt von der Höhe der Restquote ab und wie sich diese in den nächsten Quartalen entwickelt.

Merke: Je niedriger die Restwertvergütung bei Budgetüberschreitung, desto geringer das Honorarplus durch die TSVG-Patienten.

Vergüten KVen den Restwert voll zu 100 Prozent, wie bei den Hausärzten in Bayern und Baden-Württemberg,spielen die TSVG-Regelungen für das Honorar der Praxis keine Rolle. Das Honorar wird gleichbleiben.

Jedoch regeln dies die KVen recht unterschiedlich: So lag im Januar 2019 in Sachsen die Restwertvergütung bei 5,11 Prozent, in Berlin bei 11,68, Bremen bei 45, Schleswig-Holstein bei 46, Nordrhein bei 52,58, Saarland bei 64,47 sowie Niedersachsen bei 66,38 Prozent.

Fazit

Honorartechnisch lohnt es sich also nicht, in den nächsten Quartalen das Hamsterrad anzuwerfen. Die Kassen werden die weitere Entwicklung aber genau beobachten. Wenn die meisten Ärzte in den Bereinigungsquartalen keine oder nur sehr wenige Leistungen mit TSVG-Konstellation abrechnen, werden die Kassen dies bei den Honorarverhandlungen für 2021 ins Feld führen. Berücksichtigt man diese langfristige Perspektive, kann man empfehlen, dass das Gesetz in der Praxis mit dem wie immer hilfreichen gesunden Menschenverstand umgesetzt werden sollte.

 

Mögliche Interessenkonflikte: Die Autorin ist für die AAC Praxisberatung AG tätig.

 

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