Eine Verordnung für häusliche Krankenpflege zur Anlage von Kompressionsverbänden wird vor Unterzeichnung nicht ausreichend geprüft (s. Bericht 936). Das hat weitreichende Folgen für die Patientin: Dass sie an einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) litt, wurde bei der Verordnung übersehen oder nicht berücksichtigt. Wegen eines akuten arteriellen Verschlusses muss sie notfallmäßig operiert werden.
Solch ein Ereignis kann sicherlich in vielen Praxen vorkommen. Bei der Unterzeichnung von Rezepten, Heilmittel- oder anderen Verordnungen sind zum Zeitpunkt der Unterschrift nicht immer alle Informationen des Patienten zur Hand. Zudem fehlt manchmal gerade bei sowohl vom Pflegedienst als auch der Praxis versorgten Patienten der direkte Draht zwischen Pflegedienst und Praxis. Sie kommunizieren oft per Telefon oder Fax, gerade in der aktuellen Corona-Pandemie findet kaum ein persönlicher Kontakt statt. Meist telefoniert die Pflegedienst-Leitung (die die Patienten nicht direkt versorgt) mit den Medizinischen Fachangestellten (MFA) der Praxis. Diese geben die Informationen dann an die Ärztin oder den Arzt weiter. Wer sich noch an das Spiel “Stille Post” erinnert, dem ist klar, dass es dabei zu Informationsverlust und Missverständnissen kommen kann.
Wie kann ein solches Ereignis vermieden werden?
Die Arbeitsgruppe “CIRS ambulant” der Berliner Ärztekammer aus niedergelassenen Berliner Ärzten hat sich mit dem Bericht auseinandergesetzt und folgende Empfehlungen formuliert:
- In der Patientenakte sollte ein Vermerk (“Cave – pAVK”) als Warnhinweis auf die pAVK eingefügt werden, damit die wichtige Information nicht übersehen werden kann.
- Bei allen Patienten einer Praxis, die kontinuierliche Verordnungen erhalten, sollte es regelmäßig in der Praxis zu einem direkten Kontakt zwischen Arzt und Patient kommen, das heißt im gleichen Rhythmus sollten auch Hausbesuche stattfinden. Die Vereinbarung der KV Berlin in der Heilmittelversorgung schreibt bei Langfristverordnungen einen Arzt-Patienten-Kontakt alle zwölf Wochen vor. Für die Verordnung häuslicher Krankenpflege sollte die Indikation ebenfalls regelmäßig überprüft werden.
- Jede neue Verordnung oder die Änderung einer bestehenden Verordnung muss ärztlicherseits vor dem Hintergrund der Informationen zum Patienten (Indikationen, Kontraindikationen) geprüft werden. Das gilt genauso für Empfehlungen zu Verordnungen seitens des Pflegedienstes. Kontrolliert werden sollten Indikationen, medizinisch sinnvolle Maßnahme, Häufigkeit der Maßnahme.
- Um die Arbeitsbelastung um das Quartals- oder Jahresende herum zu reduzieren, können die Verordnungen ein anderes Enddatum erhalten, z. B. den 15. eines Monats oder unterschiedliche Zeitpunkte. Dann kommen Patienten, Angehörige und Pflegedienste zu verschiedenen Terminen in die Praxis und nicht geballt in einem Zeitraum, in dem ohnehin viel in der Praxis zu tun ist.
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