E-HealthStrategien zur Therapie des Bluthochdrucks

Die Digitalisierung könnte das Management und Monitoring von Patientinnen und Patienten mit Hypertonie künftig deutlich vereinfachen. Aber noch ist dies weitgehend Zukunftsmusik.

Regelmäßige elektronische Übermittlung von Messdaten statt Praxismessungen: Neuer Alltag?

Anbieter digitaler Gesundheitsanwendungen arbeiten an entsprechenden Lösungen, erste Apps sind bereits auf dem Markt. In den Katalog der zertifizierten Anwendungen hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bisher allerdings noch keine Lösung aufgenommen.

Nicht nur um Zukunftsmusik ging es bei einem Vortrag von Jean-Francois Chenot vom Institut für Allgemeinmedizin an der Universität Greifswald zur Therapie der Hypertonie im Rahmen der practica in Bad Orb.

Regelmäßige elektronische Übermittlung von Messdaten statt Praxismessungen mit schwankendem Aussagefaktor, elektronische Erinnerungen an Messungen und direktes Feedback zu Messdaten wären dann neuer Alltag. Gut eingestellte Patienten – und das sind nicht wenige – müssten mithin nur noch einen fest geplanten Termin in der Praxis wahrnehmen, eine zeitliche Entlastung für alle Beteiligten, insbesondere vor dem Hintergrund der im internationalen Vergleich sehr hohen Rate an Arzt-Patienten-Kontakten in Deutschland.

Auch das Monitoring der Medikation könnte online erfolgen, ebenso wie der Rezeptversand. Doch noch sind diese Szenarien weitgehend Zukunftsmusik.

In Deutschland sind pro Jahr etwa 40 Prozent aller Todesfälle auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen; Patienten ab 18 Jahren sollte deshalb einmalig die Messung des Blutdrucks angeboten und diese dokumentiert werden. Auf Herz-Kreislauf-Funktionen liegt der Schwerpunkt der GKV-finanzierten Gesundheitsuntersuchung, die Patienten ab 35 Jahren alle drei Jahre angeboten werden sollte, auch wenn deren Nutzen nicht eindeutig wissenschaftlich belegt ist.

Regelmäßiges Messen senkt das Risiko

Als der erste Hausarzt weltweit, der bei seinen Patienten systematisch den Blutdruck maß und behandelte, gilt der walisische Mediziner Julian Tudor Hart. Er soll so die kardiovaskuläre Morbidität um 30 Prozent gesenkt haben. Bluthochdruck gilt als einer der wichtigsten beeinflussbaren kardiovaskulären Risikofaktoren, neben Diabetes mellitus, Hyperlipidämie und dem Rauchen.

Neben der medikamentösen Therapie ist in der Regel eine Verhaltensänderung bei diesen Risikofaktoren zielführend. Unabhängig vom individuellen kardiovaskulären Risiko sollte allen Patienten regelmäßige Bewegung, Verzicht auf Nikotin und Alkohol sowie eine ausgewogene Ernährung angeraten werden. Der tägliche Kochsalzkonsum sollte reduziert werden. Patienten sollten auf die Einhaltung eines Normalgewichts achten.

Nicht-medikamentöse Lebensstilmaßnahmen sollten immer Vorrang vor einer medikamentösen Therapie haben. Isolierte Normabweichungen eines kardiovaskulären Risikofaktors rechtfertigen demnach keine medikamentöse Intervention, wobei diese Faustregel beim Blutdruck mit Vorsicht zu genießen ist. Extreme und anhaltende Erhöhungen des Blutdrucks über 160 mmHg gelten als zeitnah behandlungsbedürftig.

Zeigen nichtmedikamentöse Verhaltensstrategien nach einem gewissen Zeitraum – in der Diskussion sind vier bis sechs Monate – nicht den erwünschten Erfolg, sollte eine blutdrucksenkende Therapie angeboten werden. Als Cut-off-Wert bei Praxisblutdruckmessungen gilt 140/90 mmHg, bei Heimblutdruckmessungen 135/90 mmHg.

Wichtig ist, den Patienten hier genau zu instruieren, um verwertbare Messergebnisse zu erhalten. Gemessen werden sollte bei ruhigem Puls in sitzender Position. Die Messung sollte zwei Mal hintereinander am Oberarm im Abstand von zwei Minuten erfolgen. Ermittelt wird der Mittelwert aller Messungen über einen Zeitraum von sieben Tagen. Bei einer ambulanten 24-Stunden-Blutdruckmessung gilt als Cut-off-24h-Wert 130/90 mmHg. Je nach Messmethode können andere Grenzwerte gelten.

Kombination als Startmedikation

Als Antihypertonika eingesetzt werden:

  • ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptorblocker
  • Kalzium-Antagonisten und Kalzium-kanal-Blocker
  • Betablocker, Alpha-2-Antagonisten und Alpha-Blocker
  • Diuretika
  • Direkte Reninhemmer

Einen sicher wirksamen Goldstandard gibt es nicht. Die European Society of Cardiology empfiehlt als Startmedikation eine Kombinationstherapie, wobei deren Vorteile wissenschaftlich nicht klar belegt ist. Mit nur einer Substanz wird bei nur wenigen Patienten der Zielblutdruck erreicht. Nach aktuellem Stand gilt es als zielführend, mehrere Präparate niedrig dosiert zu verordnen als ein Präparat hochdosiert.

Therapieempfehlungen

Chenot empfiehlt ein “pragmatisches Vorgehen” bei der Festlegung der Therapie:

  • Start mit einem ACE-Hemmer in mittlerer Dosierung; ARB nur bei Unverträglichkeit.
  • Bei einem RR über 20 mmHg über dem Zielblutdruck eventuell mit zwei Substanzen starten.
  • Als zweiter Partner Thiaziddiuretikum oder CCB, wobei Ödeme im Blick behalten werden müssen.
  • Wird das RR-Ziel mit drei Blutdruckmedikamenten bei vermuteter Adhärenz nicht erreicht, eine Überweisung zum Kardiologen erwägen und auf sekundäre Hypertonie screenen.
  • Empfehlenswert ist dann laut European Society of Cardiology in diesem Fall ein Aldosteronantagonist.
  • Für viele ältere Blutdrucksenker gibt es keine kardiovaskulären Endpunktstudien.
  • Für das Monitoring sollten Ärzte und Patienten gemeinsam initial und wiederholt im Verlauf individuelle Therapieziele vereinbaren.
  • Bei der Aufklärung und Diagnose sollten Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Optionen patientenverständlich dargestellt werden.
  • Patienten sollten bezüglich beeinfluss-_barer Risikofaktoren und behandelbarer Beschwerden sowie der Bedeutung akuter Symptome beraten werden.
  • Werden Therapieziele nicht erreicht, sollte vor einer etwaigen Intensivierung die Adhärenz überprüft und besprochen werden.
  • Wichtig: Patienten sollten regelmäßig darauf hingewiesen werden, dass sie die Medikation nicht eigenmächtig absetzen oder reduzieren dürfen.

Fazit

Solange digitale Tools zur Unterstützung und Begleitung der Therapie einer Hypertonie nicht Standard sind, bleiben Hausärztinnen und Hausärzte die wichtigsten Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner.

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