Für Peter Franz steht seine Entscheidung fest. “Der Stecker bleibt in meiner Praxis so lange aus der Telematikinfrastruktur draußen, wie ich es mir, meinen Patienten, meiner Praxis und meiner Familie zumuten kann.” Für den Facharzt für Allgemeinmedizin ändert daran auch die drohende Honorarkürzung nichts. Zu schwer wiegen für ihn Fragen des Datenschutzes sowie der Zukunftsfähigkeit der verbauten Teile, aber auch das “Prinzip” hinter der vorgeschriebenen Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI). “Gegen diesen Eingriff in den freien Beruf möchte ich mich wehren.”
Bei einem Blick ins Gesetz ist an der TI-Anbindung für Ärzte grundsätzlich aber nicht zu rütteln: Bereits das 2016 in Kraft getretene E-Health-Gesetz schreibt die Anbindung aller Ärzte und Psychotherapeuten in Deutschland vor; mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz wurde zuletzt eine – erneute – Fristverlängerung bis 30. Juni 2019 beschlossen. Ab Juli ist der Versichertenstammdatenabgleich verpflichtend, elektronische Signatur und eArztbrief sollen als weitere Anwendungen folgen. Ziel der einheitlichen TI-Anbindung ist es, so auch sektorenübergreifend Kommunikationstechnologien zu etablieren und dadurch die Versorgung weiter zu verbessern.
Bis 31. März müssen Ärzte gegenüber ihrer Kassenärztlichen Vereinigung (KV) nachweisen, dass sie die notwendigen Komponenten für die Anbindung bestellt haben. Sonst droht eine Honorarkürzung von aktuell ein Prozent – per sofort.
Nur jede dritte Praxis ist am Netz
Mit seiner Entscheidung, diese Strafe in Kauf zu nehmen, ist Peter Franz jedoch kein Einzelfall. Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) waren Anfang des Jahres erst rund 50.000 Praxen an die TI angeschlossen – also gerade mal ein Drittel aller 150.000 Arzt-, Psychotherapeuten- und Zahnarztpraxen in Deutschland. 41.000 Praxen hat eigenen Angaben zufolge die CompuGroup Medical (CGM) angebunden.
Dass die Zahlen weit hinter den Erwartungen des Gesetzgebers zurückfallen, liegt auch an Lieferproblemen der Industrie: CGM war über sieben Monate allein auf dem Markt, erst im Dezember erhielt der vierte Konnektor die Zulassung. Auch diese Schwierigkeiten haben für harsche Kritik der Ärzte gesorgt.
Denn: Aus Überzeugung haben wohl nur wenige Inhaber ihre Praxis angebunden. Entsprechend nüchtern fallen erste Zwischenbilanzen aus. So wie bei Moritz Eckert, der als einer der ersten tätig wurde: “Ich hatte bisher absolut keinen Zusatznutzen durch die Einführung”, sagt der Hausarzt aus Niedersachsen. Die TI laufe stabil und ohne Probleme, einzig die ungültigen Versichertenkarten – etwa acht Prozent der eingelesenen Karten mit sinkender Tendenz – sorgten immer wieder für einen “Nervfaktor”.
In der Tat ist der Umgang mit der gesetzlichen Vorgabe letztlich eine individuelle Entscheidung. Dass die nahende Frist an der grundsätzlichen Haltung der Ärzte rüttelt, sieht zumindest der Marktführer CGM nicht. Auch entsprechenden Handlungsaufrufen und der nahenden Bestellfrist zum Trotz, so Unternehmenssprecherin Nicole Graf, sehe man aktuell keinen drastischen Anstieg der Bestellzahlen.
Wichtig!
Wie stark eine Praxis von der Honorarkürzung betroffen ist, hängt davon ab, wie die Praxis aufgestellt ist. So sind Honorare aus Vollversorgungsverträgen der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV), die das HÄVG Rechenzentrum abrechnet, nicht von der Kürzung betroffen.