Berlin. Die Europäische Kommission wird die an die BA.1-Variante angepassten Impfstoffe von Biontech/Pfizer sowie von Moderna voraussichtlich am 1. oder 2. September zulassen. Das hat Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) in einem Schreiben (29.8.) an die Ärztinnen und Ärzte mitgeteilt.
Die Bestellung ist Hausarztpraxen bereits ab kommender Woche möglich (s. unten).
Vorbehaltlich der Zulassung würde Deutschland in der 36. und 37. KW jeweils rund 5 Millionen Dosen des angepassten Impfstoffs von Biontech/Pfizer erhalten. Von Moderna seien es 1,65 bzw. 2,38 Millionen Dosen BA.1.-Impfstoff.
Der Deutsche Hausärzteverband begrüßt, dass die Praxen in diesem Corona-Herbst aller Voraussicht nach genügend Impfstoff gegen Corona zur Verfügung haben werden.
Wie steht es um die Schutzwirkung der neuen Impfstoffe?
Zur Wirksamkeit und Verträglichkeit der angepassten Vakzinen liegen derzeit nur Angaben der Hersteller vor, keine begutachteten und veröffentlichten Daten. Demnach schützt der angepasste Impfstoff von Biontech/Pfizer (der gegen das ursprüngliche Virus und die BA.1-Variante gerichtet ist) als Booster verabreicht zwar besser vor BA.1 als der bisher verfügbare Impfstoff.
Allerdings: Die BA.1-Variante macht derzeit in Deutschland nur einen Bruchteil der Corona-Infektionen aus. Der Anteil von BA.5 lag in KW 32 bei 94,8 Prozent, der von BA.4 bei 3,1 Prozent, zusammengenommen also bei fast 98 Prozent.
Wie sich der Anteil der Virusvarianten in den kommenden Wochen entwickeln wird, und wann möglicherweise eine neue Variante auftritt – das ist allerdings unklar. Außerdem: Antikörper machen ja nur einen Teil der Immunantwort aus – und dass auch der bisherige Impfstoff durch die T-Zell-Antwort, die er induziert, sehr gut vor schweren Verläufen schützt, ist bereits bekannt.
Auch der Hersteller Moderna hat angegeben, dass der neue angepasste Impfstoff, der ebenfalls gegen das ursprüngliche Virus und die BA.1-Variante gerichtet ist, besser vor BA.1 schützt als die bisherige Vakzine. Zudem seien “robuste” Titer neutralisierender Antikörper gegen BA.4/BA.5 gemessen worden, wenn auch weniger Antikörper als gegen BA.1.
Nicht auf angepassten Impfstoff warten, sondern gleich impfen!
Der Deutsche Hausärzteverband unterstreicht die Bedeutung der Impfung für die Bekämpfung der Pandemie unabhängig vom verwendeten Impfstoff. Jedoch könnte der Beratungsbedarf in den Praxen steigen: Patientinnen und Patienten könnten sich fragen, ob sie sich mit dem BA.1 angepassten Impfstoff impfen lassen sollen oder besser auf den BA.4 Impfstoff warten. Eine zeitnahe und klare Empfehlung der STIKO sei daher dringend nötig.
Die STIKO will über neue Impfempfehlungen beraten, “sobald Varianten-adaptierte Impfstoffe zugelassen und verfügbar sind”. Dann werde die Kommission die verfügbare Evidenz aufarbeiten. Dafür kursiert die Kalenderwoche 36 als Beratungstermin.
Es wird ausdrücklich nicht empfohlen, auf einen angepassten Impfstoff zu warten und deshalb eine indizierte Impfung zu verschieben.
Bestellung ab 6. September möglich
Arztpraxen können den neuen Impfstoff bereits mit der Impfstoffbestellung anfordern, die bis Dienstag, 6. September (12 Uhr), erfolgt, teilt die KBV in ihren Praxisnachrichten mit. Bei der ersten Bestellung können bis zu 240 Dosen des BA.1-Vakzins von Biontech/Pfizer geordert werden, für Moderna gibt es keine Höchstbestellmenge.
Um Impfstoffe für Auffrischimpfungen zu bestellen, muss es auf dem Rezept (Formular 16) heißen: „XX Dosen Comirnaty Orig./BA.1 plus Impfzubehör“ bzw. „XX Dosen Moderna Orig./BA.1 plus Impfzubehör“.
Die Auslieferung der bestellten Vakzine erfolge spätestens ab dem 12. September, erklärt die KBV. Erste Dosen sollen laut Bundesgesundheitsministerium bereits am 8. und 9. September an die Praxen geliefert werden.
Die angepassten Impfstoffe können nur für Auffrischimpfungen, nicht für die Grundimmunisierung, verwendet werden, so die KBV weiter. Bei Lagerung und Haltbarkeit gebe es keine Unterschiede zu den bisherigen Impfstoffen.
Neuer Totimpfstoff von Valneva
Neu bei Moderna sei, dass ein Mehrdosenbehältnis (Vial) des BA.1-Impfstoffes fünf Dosen für Boosterimpfungen enthalte.
Neu ist weiterhin, dass es jetzt auch einen Ganzvirus-Totimpfstoff von Valneva gibt, der ebenfalls ab 6. September bestellt werden könne.
Valneva sei allerdings noch nicht an Omikron angepasst, macht die KBV aufmerksam. Der für die Grundimmunisierung vorgesehene Impfstoff ist für Personen zwischen 18 und 50 Jahren zugelassen, hat allerdings keine STIKO-Empfehlung. Die zweite Dosis soll 28 Tage nach der ersten Dosis verabreicht werden.
Valneva kann bei Kühlschranktemperatur bis zu 15 Monate gelagert werden. Geöffnete Durchstechfläschchen sind innerhalb von sechs Stunden zu verbrauchen. Eine Flasche enthält zehn Dosen je 0,5 ml. Die Abrechnung erfolgt nach einer eigenen Pseudoziffer.
BA.4/BA.5 Impfstoffe für Ende September angekündigt
Eine Zulassung für den Impfstoff von Biontech/Pfizer, der an die BA.4/BA.5-Variante angepasst ist, soll im Idealfall Ende September/Anfang Oktober erfolgen, teilt Lauterbach weiter mit. Sollte dies der Fall sein, werde Deutschland mit einer ersten Tranche von 9,5 Millionen Dosen beliefert.