EBM-ReformDie Verlierer: Hier gilt es, aufmerksam zu sein

Die Medizintechnik hat bei der EBM-Reform – wie vorgesehen – verloren. In der Bewertung gleich bleiben aber auch Hausbesuche, Notfallleistungen und die Chronikerpauschalen. Passen Hausärzte bei diesen Leistungen nicht auf, können sie schnell bisherige Honoraranteile verlieren.

Medizintechnik

Medizintechnische Leistungen wurden explizit abgewertet (Tab. 13). Bei der zugrundeliegenden Neukalkulation ist jedoch keine Logik zu erkennen. Warum ausgerechnet die Langzeitblutdruckmessung, deren apparativer Aufwand relativ gering ist, um 21 Punkte und damit 2,31 Euro abgewertet wurde, das technisch wesentlich aufwändigere Belastungs-EKG aber nur um 2 Punkte oder 0,22 Euro, ist betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbar (Fallbeispiel 5).

Fakt ist aber, ein auch nur erwähnenswertes Honorarplus resultiert für Hausärzte allenfalls, wenn sie medizintechnische Leistungen “zurückhaltend” erbringen – was dem Grundgedanken der hausärztlichen Weiterbildung und der daraus resultierenden Position in der ambulanten Versorgung eigentlich diametral entgegen gerichtet ist. Folgen für die Praxis: Erbringt eine Modellpraxis jeweils 20 Langzeit-EKG, Sonographien, Langzeitblutdruckmessungen und Spirographien im Quartal, würde sich ein angenommener Honorargewinn von 217 Euro (S. 5) um rund 100 Euro reduzieren.

Um Verluste zu vermeiden, müssten Hausärzte eine Ansammlung solcher medizintechnischer Leistungen bei einzelnen Patienten vermeiden und die notwendigen Untersuchungsergebnisse gegebenenfalls per Überweisung bei Fachärzten entsprechender Fachrichtung einholen. Besorgt man als Hausarzt den dazugehörigen Termin innerhalb von vier Tagen, kann diese Leistung – aktuell extrabudgetär vergütet – sogar nach 03008 EBM berechnet werden (10,22 Euro). Der Ansatz ist zwar auf 15 Prozent der Fälle begrenzt, könnte bei unserer Beispielpraxis aber in 150 Fällen berechnet werden – was ein (extrabudgetäres) Honorar von 1.533 Euro bedeutet. Dies muss jedoch als abwegige “Strategie” gewertet werden!


FALLBEISPIEL 5

Ein 35-jähriger Patient wird über die Terminservicestelle vermittelt und klagt über häufige retrosternale Schmerzen und paroxysmale Tachycardien. Bei der Erstuntersuchung fällt ein grenzwertiger Blutdruck von 160/95 mmHg auf. Ein sofort abgeleitetes Ruhe-EKG ist unauffällig.

Bewertung: Der Verlust für Hausärzte wird bei diesem Fall besonders deutlich. Trotz der Aufwertung der Gesprächsleistung fallen die Abwertungen bei den Pauschalen und den technischen Leistungen so stark ins Gewicht, dass ein Verlustausgleich praktisch nicht möglich ist.


Hausbesuche

Die im hausärztlichen Bereich häufigsten Besuchsleistungen nach 01410 EBM (Besuch eines Kranken, 212 Punkte/23,29 Euro) und 01413 EBM (Besuch eines weiteren Kranken, 106 Punkte/11,65 Euro) bleiben nicht nur in der Bewertung unverändert, sondern behalten auch die Zeitvorgaben von 20 und 7 Minuten.

Berücksichtigt man den “eingebauten” Verlust bei Grund- und Versichertenpauschalen, resultiert trotz unveränderter Zeitvorgabe ein Minushonorar, das die Anhebung des Orientierungspunktwertes 2020 praktisch neutralisiert. Im “ambulanten” Bereich kommt zur Kompensation allenfalls die Gesprächsleistung nach 03230 EBM in Betracht, deren Ansatz aber wegen des internen Budgets von 64 Punkten in der Regel bereits ausgeschöpft sein dürfte (S. 8).

Hausbesuche bei akut erkrankten Patienten sind damit noch mehr als bisher ein “Minusgeschäft”, zumindest so lange, bis es der KBV gelingt – wie angekündigt – bei den weiteren Verhandlungen mit den Kassen eine Anhebung zu erreichen.

Handelt es sich bei solchen “ambulanten” Patienten um geriatrische Fälle, kann man mit dem Ansatz der 03362 EBM (Hausärztlich-geriatrischer Betreuungskomplex, 159 Punkte/17,47 Euro, seit 1. April 19,12 Euro) den Verlust etwas abschwächen.


FALLBEISPIEL 6

55-jährige Patientin mit bekanntem postthrombotischem Syndrom, Ulcus cruris rechts und neu aufgetretenem Ulcus cruris links bei Diabetes mellitus.

Bewertung: Ein weiterer Verlustausgleich ist in diesem Fall nicht möglich, da ein weiterer Ansatz der Gesprächsleistung 03230 EBM zu keiner wesentlichen Anhebung des Honorars führt. Auch der nach den Höchstwerten bei den EBM-Nrn. 02312 und 30401 mögliche weitere Ansatz dieser Leistungen führt zu keinem Verlustausgleich bei den Pauschalen, da diese Leistungen nicht im Wert angehoben wurden.


Versorgung von Chronikern

Neben der weiter unzureichenden Vergütung bei Hausbesuchen stellt sich die Situation bei den Chronikerpauschalen nach 03220/03221 EBM als traurigstes Kapitel dar. Diese Leistungen werden nicht nur weiterhin unverändert vergütet, es bleibt auch bei der völlig praxisfernen Leistungsbeschreibung.

Ein Patient ist auch nach dem 1. April – unabhängig von seiner Erkrankung – nur dann chronisch krank, wenn er

  • innerhalb von 4 Quartalen
  • mindestens 3 Kontakte in der gleichen Praxis wegen der gleichen Erkrankung hatte,
  • wovon 2 dieser Kontakte unmittelbar
  • und mindestens 1 Kontakt im betreffenden Quartal gewesen sein muss.

Bei solchen Patienten führen die erwähnten Abwertungen bei den Pauschalen, möglicherweise in Verbindung mit den Abwertungen bei den medizintechnischen Leistungen, zu unvermeidbaren Verlusten. Zumindest eine Nullrunde kann man lediglich erreichen, wenn man bei allen Chronikern den medizinisch wichtigen zweiten Kontakt im Quartal nicht vergisst, der zum Ansatz der 03221 EBM berechtigt.

Notfallleistungen

Leistungen im organisierten Notdienst (Bereitschaftsdienst, ÄBD) sind von der EBM-Reform zum 1. April 2020 nicht tangiert. Hier gibt es zwar keine Aufwertungen, aber auch keine Abwertungen. Hinzu kommt, dass die meisten KVen diese Leistungen mittlerweile nach Stundensätzen vergüten. Da die Kassen nur nach EBM bezahlen, verliert hier aber das “Kollektiv” der Vertragsärzte, wenn bei steigender Inanspruchnahme sich auf der Honorarebene nichts ändert.

Anders sieht es bei Notfallleistungen außerhalb des ÄBD aus. Bei den Akutbesuchen zu “Unzeiten” nach 01411 EBM (469 Punkte/51,53 Euro) und 01412 EBM (626 Punkte/68,78 Euro) bleibt es beim alten Honorar, Verluste treten aber auch hier durch die Abwertungen der Pauschalen auf. Dies allerdings nicht für die bei fremden Patienten berechnungsfähige Pauschale nach 03030 EBM (Versichertenpauschale bei unvorhergesehener Inanspruchnahme zwischen 19 und 7 Uhr, an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen, 77 Punkte/8,46 Euro), deren Bewertung sich ebenfalls nicht verändert hat. Hier sollte man nicht vergessen, dass die 03030 EBM je nach dem Zeitpunkt der Inanspruchnahme mit den EBM-Nrn. 01100, 01101, 01411, 01412 oder 01415 kombiniert werden kann.

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