Forum Politik“Vorsicht bei der Herausgabe von Originalakten”

Manche Hausärzte fordern Unterlagen neuer Patienten bei ihren Kollegen gar nicht erst an, sondern erfragen ältere Befunde lediglich bei Bedarf nach Einwilligung des Patienten direkt bei den Spezialisten. Rechtliche Schwierigkeiten sind damit ausgeschlossen. Oft aber ist es Patienten wichtig, dass nach einem Hausarztwechsel ihr neuer Arzt auch ältere Dokumente zur Krankheitsgeschichte vorliegen hat. Deshalb erwarten sie, dass der neue Hausarzt die Patientenakte anfordert. Was müssen sie dabei rechtlich beachten?

Paragraf 73 Abs. 1b Satz 5 SGB V verpflichtet vertragsärztlich tätige Hausärzte insoweit, die gespeicherten Patientendaten an den neuen Hausarzt zu übermitteln, sofern der Patient dem zustimmt. Mindestens zehn Jahre muss jeder Arzt per Gesetz Dokumente der medizinischen Behandlung zwecks Beweissicherung aufbewahren, eine Weitergabe ist also grundsätzlich möglich – vorausgesetzt, der Patient ist ausdrücklich einverstanden.

Allerdings sind Patientenakten unabhängig von ihrer Form – Akte, Karteikarte oder elektronisch – Eigentum des sie erstellenden Arztes und müssen in seinem Besitz verbleiben. Diese Aufbewahrungspflicht regeln das Bürgerliche Gesetzbuch (Paragraf 630f Abs. 3) und die Berufsordnungen der Ärztekammern. Sie erlischt auch dann nicht, wenn der Patient den Arzt wechselt.

Gleichwohl gibt es legale Möglichkeiten, dem weiterbehandelnden Arzt die Patientenakte zur Verfügung zu stellen. „Der Hausarzt“ hat dazu bei Rechtsanwalt Maurice Berbuir von der Kölner Kanzlei Dr. Halbe Rechtsanwälte nachgefragt.

Hat der Patient einen Anspruch auf Herausgabe des Originals seiner Patientenakte?

Maurice Berbuir: Das Original darf der Patient bis auf wenige Ausnahmen nicht verlangen, denn dieses steht im Eigentum des Arztes. Er hat lediglich einen Anspruch darauf, Einsicht zu nehmen oder gegen eine Erstattung der Kosten Kopien zu bekommen. Unproblematisch sind nur Fälle, in denen die Aufbewahrungspflicht von zehn Jahren bereits abgelaufen ist. Damit endet die Beweispflicht des Arztes für medizinische Behandlungen. Er darf die Daten dann entweder vernichten oder kann sie dem Patienten aushändigen.

Meiner Erfahrung nach haben die meisten Ärzte ein ungutes Gefühl dabei, die Originalakte herauszugeben und geben nur Kopien weiter. Dies ist auch sinnvoll, weil die Nachweispflicht der erfolgten ärztlichen Behandlung bei ihnen verbleibt, auch wenn der Patient zum Beispiel den Arzt wechselt. Zudem bedarf die Weitergabe der Originalakte vor dem Hintergrund der ärztlichen Schweigepflicht der Einwilligung des Patienten.

Was soll der neue Hausarzt tun, wenn der Patient trotzdem mit einer Originalakte zu ihm kommt?

Er sollte sich in jedem Fall an den abgebenden Kollegen wenden und auf die besondere Problematik aufmerksam machen. Auch die Akte an den abgebenden Kollegen zurückzuschicken ist nach entsprechender Absprache mit dem Patienten eine Option.

Als abgebender Kollege sollte man entweder die Originalakte zurückfordern oder sich vergewissern, dass der weiterbehandelnde Arzt sich an die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen hält und die Akte stellvertretend treuhänderisch weiter aufbewahrt. Einfach verlassen sollte man sich darauf aber nicht, sondern dies in jedem Fall schriftlich absichern.

Die Akte sollte also in jedem Fall in ärztlichen Händen bleiben und nicht über den Patienten zurückgegeben werden?

Ja, das ist richtig, um die ärztliche Aufbewahrungspflicht sicherzustellen, die eben nur ein Arzt erfüllen kann.

Wie sollte eine solche Absicherung formuliert sein?

Der weiterbehandelnde Arzt muss schriftlich erklären, dass er sich an die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten hält und sich wie der abgebende Arzt den entsprechenden Regelungen unterwirft und dabei insbesondere auch die Schweigepflicht beachtet sowie dem abgebenden Kollegen ein Einsichtsrecht einräumt, falls dieser die Akte später doch noch einmal benötigt. Sinnvoll ist, dies nicht in einem formlosen Schreiben festzuhalten, sondern einen Vertrag aufzusetzen. Entsprechende Formulierungen finden sich oft auch in Verträgen zur Übernahme von Arztpraxen.

Gibt eine Praxis mit Papierdokumentation die Originalakte an eine Praxis mit elektronischer Dokumentation weiter, darf sie das Original nach dem Scannen vernichten?

Sie sollte das mit dem abgebenden Arzt abklären. Vielleicht möchte dieser die Unterlagen in diesem Fall zurückhaben. Zudem muss sichergestellt sein, dass die digitale Form der Patientenakte den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Ergeben sich denn aus der Weitergabe von Patientenakten Ihrer Erfahrung nach konkrete Probleme?

Die Weitergabe unter vertragsärztlich tätigen Kollegen ist wie gesagt teilweise im SGB V geregelt (s.o.); die Ärzte müssen sich demzufolge sogar informieren, sofern die Einwilligung des Patienten vorliegt. Im Übrigen gilt das ärztliche Standesrecht mit dem Prinzip der Kollegialität. In diesen Fällen gibt es in der Regel keine Probleme. Konflikte ergeben sich eher, wenn die Aufbewahrungsfristen nicht bekannt oder falsch eingeschätzt werden, oder wenn das Einsichtsrecht des Patienten falsch bewertet wird und nur Teile der Akte herausgegeben werden. Dieses ist im Paragrafen 630g BGB geregelt.

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