Bremen. Die Politik soll investorenbetriebenen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) einen Riegel vorschieben. Das forderte der Deutsche Ärztetag in mehreren Beschlüssen, unter anderem einem Leitantrag der Bundesärztekammer, am Freitag (25.5.) in Bremen. Die Ausbeutung der Solidargemeinschaft durch solche Private Equity-Unternehmen zulasten der Patienten müsse beendet werden, so der einhellige Tenor.
Einige Anträge beinhalten bereits Maßnahmen, die Gesetzgeber oder Selbstverwaltung ergreifen könnten. Ähnliche Forderungen hatten bereits die Hausärztinnen und Hausärzte bei ihrer Frühjahrstagung Mitte Mai formuliert.
MVZ-Register gefordert
Die Trägerschaft von MVZ transparenter werden. Patienten müssten erkennen können, “ob und wessen wirtschaftliche Interessen in Diagnostik und Therapie einfließen können”. Der BÄK-Vorstand wünscht sich ein öffentliches und frei zugängliches Register für MVZ. Daraus müsse ersichtlich sein, “wie die Besitzverhältnisse sowie die und wie wirtschaftliche sowie medizinische Verantwortlichkeiten verteilt sind”. Bereits auf dem Praxisschild soll die Trägerschaft kenntlich gemacht werden.
Des weiteren schlägt eine Gruppe von Hausärzten um Dr. Ulf Zitterbart vom Hausärzteverband vor:
- Zentrale Abrechnung durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) von bundeslandübergreifenden medizinischen Versorgungszentren (MVZ) oder Holdingstrukturen, um die Erpressbarkeit durch die Androhung von Leistungsverschiebung in ein anderes Bundesland mit dem potenziellen Verlust der Verwaltungskosten von regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) zu verhindern
- Einführung von zentralen Plausibilitätskontrollen (d. h. bundesland- und betriebsstättennummernübergreifend) von KV-Abrechnungen innerhalb einer Holdingstruktur bzw. Finanzbeteiligung
- Regelmäßige Überprüfung der Erfüllung des Versorgungsauftrages von MVZ bzw. Leistungsverschiebungen (Stichwort: Rosinenpickerei)
- Regelmäßige Überprüfung von Monopolstrukturen
Zudem sollen niedergelassene Praxen nur noch in Ausnahmefällen von investorengeführten MVZ übernommen werden können, heißt es in einem anderen Beschluss.
Druck der Kommerzialisierung mindern
Ein weiterer Leitantrag des BÄK-Vorstandes zielt auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Ärztinnen und Ärzte in MVZ ab. Folgende Maßnahmen sollen Ärztinnen und Ärzte vom Druck der Kommerzialisierung entlasten und dadurch die Berufsfreiheit stärken:
- MVZ-Gründungen durch Krankenhäuser an einen fachlichen, räumlichen und regionalen Bezug zu deren Versorgungsauftrag zu koppeln.
- alle MVZ zu verpflichten, die wesentlichen Leistungen des GKV-Leistungskatalogs ihres Fachgebietes anzubieten.
- Anträge auf Anstellung einer Ärztin beziehungsweise eines Arztes im MVZ dann zu versagen, wenn der Träger des MVZ dadurch in einer Region eine marktbeherrschende Stellung erlangen würde.
- Gewinnabführungsverträge zu begrenzen, da die Gewinne aus Sozialversicherungsbeiträgen generiert werden.
- ein öffentlich zugängliches MVZ-Register zu erstellen, welches mehr Transparenz für Patientinnen und Patienten über die im Bereich des SGB V agierenden Finanzinvestoren schafft und zwar auch, wenn die hinter der Trägergesellschaft stehenden Investoren wechseln.
- im Sozialrecht beziehungsweise im Zulassungsrecht explizite Regelungen zu verankern, nach denen Träger von Einrichtungen unter Androhung von Sanktionen gewährleisten müssen, dass die bei ihnen tätigen Ärztinnen und Ärzte ihre berufsrechtlichen Vorgaben einhalten können.
- Stärkung der ärztlichen Entscheidungsfreiheit durch besonderen Kündigungsschutz für den ärztlichen Leiter.
- Stärkung der ärztlichen Entscheidungsfreiheit der nachgeordneten Ärztinnen und Ärzte durch Einrichtung von Schiedsstellen bzw. Einrichtung einer Ombudsstelle durch die Landesärztekammern.
- Verpflichtende Teilnahme des MVZ am ärztlichen Bereitschaftsdienst