Berlin. Patienten werden nach Einschätzung der Krankenkassen im Notfall häufig ins falsche Krankenhaus gebracht. “Wir transportieren unsere Pakete sehr viel verantwortungsvoller als unsere Patienten”, sagte der Klinik-Experte des Krankenkassen-Spitzenverbands, Wulf-Dietrich Leber, am Mittwoch (28. August) in Berlin. Pakete könne man auf ihrem Weg zum Kunden digital nachverfolgen. Aber niemand erfasse, warum Notfallpatienten zu welchen Krankenhäusern transportiert werden. Dies müsse sich im Zuge der geplanten Reform der Notfallversorgung ändern.
Rettungswagen steuerten häufig auch jene 500 Krankenhäuser in Deutschland an, die nicht über eine offiziell definierte Basisversorgung im Notfall verfügten, kritisierte Leber. Die rund 250 Leitstellen hätten unterschiedliche Träger, es gebe keine Verfahren zur Sicherung der Qualität. Künftig sollte der Rettungsdienst über die Grenzen der Bundesländer hinweg organisiert werden.
Rettungsstellen entlasten durch mehr Steuerung
Im Grundsatz begrüßten die Krankenkassen einen Reformvorschlag von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der die Notfallversorgung vereinheitlichen und verbessern will. Zentrales Ziel ist die Entlastung der Rettungsstellen. Als zentrale Lotsen sollen Gemeinsame Notfallleitstellen fungieren, die unter der Nummer 112 des Rettungsdiensts und der Nummer 116117 der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) zu erreichen sein sollen. In Integrierten Notfallzentren (INZ) sollen Patienten gezielt in ambulante oder stationäre Versorgungsstrukturen geleitet werden – unter anderem durch hier eingesetzte Hausärzte.
Auch dass der Rettungsdienst künftig als eigene Kassenleistung gelten soll, findet bei den Kassen Anklang. Bisher bezahlen die Krankenkassen Einsätze nur dann, wenn der Transport in die Klinik geht. Dies schaffe falsche Anreize, Patienten ins Krankenhaus zu bringen.
Notfall-Reform als Mega-Thema
Die Reform der Notfallversorgung könnte sich in der zweiten Hälfte der Amtszeit von Gesundheitsminister Spahn neben der Digitalisierung zum größten gesundheitspolitischen Thema entwickeln. Ein Eckpunktepapier liegt für die weitere Diskussion bereits vor; vor wenigen Tagen hatte außerdem ein Treffen von Bund und Ländern stattgefunden.
Mit Material von dpa