HausarztberufTraumberuf auf den zweiten Blick

Lehrpraxen sind wichtige "Botschafter" für den Hausarztberuf: Hier kommen Medizinstudierende das erste Mal mit dem echten Praxisalltag in Berührung. Die Folge sind allerhand "Aha-Momente", in denen mit gängigen Mythen aufgeräumt wird. Plus: Tipps für Praxen, die das Bild der Allgemeinmedizin mitprägen wollen.

Austausch auf Augenhöhe: Der menschliche Umgang unter Kollegen, aber auch mit Patienten ist es, der viele Medizinstudierende in Hausarztpraxen begeistert.

So viel Glück haben nicht alle Hausärzte, die bald in den Ruhestand gehen: Ruben Bernau und Ulf-Johannes zum Felde haben beide die Praxis ihrer Väter übernommen. Für die Allgemeinmediziner aus Niedersachsen ist es ein Traumberuf, dessen Vorzüge sie regelmäßig Studenten vermitteln.

Beide sind Lehrärzte der Medizinischen Hochschule Hannover und erleben immer wieder, dass Blockpraktikanten und Hospitanten positiv überrascht vom Praxisalltag sind.

Denn: Zwar hat das Image der ambulanten Versorgung nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie gewonnen. Nichtsdestotrotz ranken sich noch allerhand “Mythen” rund um den Hausarztberuf, die am einfachsten im persönlichen Kontakt mit erfahrenen Hausärztinnen und Hausärzten aus der Welt geräumt werden.

Aha-Moment 1: Der Hausarzt ist ein Gatekeeper.

“Hausärzte schreiben nicht nur Rezepte und Überweisungen”: Diese Erkenntnis erstaunt Hospitanten in Ruben Bernaus Praxis immer wieder. Der Allgemeinmediziner aus Hambergen in Niedersachsen, der die Praxis gemeinsam mit seiner Frau Iris führt, ist auch als Lehrarzt an der Universität Oldenburg registriert.

Viele seiner Studenten kommen dabei zum ersten Mal mit der Allgemeinmedizin in Berührung und haben kaum eine Vorstellung, was Hausarztmedizin ausmacht.

Sie staunten vor allem darüber, dass “der Hausarzt kein Barfußarzt” ist, berichtet Bernau. Schon nach wenigen Stunden Miterleben des Praxisalltags ist mit dieser Vorstellung im besten Sinne aufgeräumt. “80 Prozent unserer Patienten behandeln wir selbst”, sagt der Allgemeinmediziner, die Studierenden sähen ein breites Spektrum an Erkrankungen.

“Sie sehen, dass wir beraten, entscheiden und filtern, was die individuell beste Behandlung ist und ob der Patient eine Weiterbehandlung vom Facharzt oder in der Klinik braucht”, berichtet auch Ulf-Johannes zum Felde aus dem niedersächsischen Selsingen. So erleben Studenten die Hausarztpraxis als Zentrum eines Netzwerks aus Fachärzten, Krankenhäusern und Pflegediensten.

Aha-Moment 2: Der Hausarzt ist ein Allrounder.

“Wir lassen unsere Hospitanten viel mitarbeiten, denn nur so können sie lernen und erleben, wie vielfältig die hausärztliche Tätigkeit ist”, sagt Bernau. “Wenn sie selbst behandeln dürfen, kriegen sie natürlich leuchtende Augen.”

Dass nicht für jedes Problem ein Spezialist gebraucht wird, ist für die Studierenden eine wichtige Erkenntnis. Gleichzeitig erleben sie, wie groß der Unterschied zwischen ambulanter und stationärer Tätigkeit ist.

Aha-Moment 3: Der Hausarzt ist ein Teamplayer.

Ob Einzel- oder Gemeinschaftspraxis: Der Hausarzt muss in jedem Fall teamfähig sein. “Bei uns erleben Hospitanten, wie wichtig eine gute Zusammenarbeit mit den Medizinischen Fachangestellten (MFA) und Versorgungsassistenzen in der Hausarztpraxis (VERAH) ist und dass diese oft hohe Kompetenzen und einen Überblick in ihrem Zuständigkeitsbereich haben, den wir Ärzte gar nicht haben können”, sagt Bernau.

Wie wichtig die MFA gerade in der Organisation der Praxisabläufe sein können, zeigt sich aktuell nicht zuletzt in den Corona-Impfungen: Die zeitaufwendige Terminvergabe läuft in vielen Praxen ganz eigenständig über die Mitarbeitenden am Tresen.

Aha-Moment 4: Der Hausarzt ist sein eigener Chef.

Prozesse gestalten, umsetzen und seinen eigenen Weg gehen: “Die Studenten bemerken immer wieder, wie wichtig eine gute Organisation ist”, sagt Bernau. “Ich empfehle jedem Studenten, sich unterschiedliche Praxen anzuschauen, denn jeder setzt seine Schwerpunkte in Abläufen und Strukturen anders”, ergänzt zum Felde. “Man darf das Beste für sich entscheiden.”

Aha-Moment 5: Der Hausarzt ist Lebensbegleiter.

Ulf-Johannes zum Felde ist in Selsingen aufgewachsen und als Arzt in die Heimat zurückgekehrt. “Viele meiner Patienten kennen mich schon als kleines Kind”, sagt der 49-Jährige, der mit seiner Praxis Mitglied des Programms “Landpartie” ist. Bei vielen Patienten kennt er die familiären Strukturen, weiß, wer wie verwandt, verschwägert oder verbunden ist. “Diese persönliche Nähe gibt es nur in der Hausarztpraxis”, sagt er.

Seine Studenten seien immer wieder überrascht, wie herzlich und freundschaftlich der Umgang mit den Patienten ist, wie tief das Vertrauen. Auch wenn der Hausarzt die Uhr im Blick behalten muss, bleibt doch Zeit für das persönliche Gespräch mit den Patienten – häufig im Gegensatz zum Klinikalltag.

Aha-Moment 6: Der Hausarzt hat Zeit für Familie und Hobbies.

Ruben Bernaus Praxis liegt auf dem Land, nicht jeder Hospitant hat die Möglichkeit in Hambergen unterzukommen. Der Allgemeinmediziner hat deshalb auch schon sein privates Gästezimmer zur Verfügung gestellt. “Der Student hat dann natürlich unser ganzes Leben mitbekommen”, sagt der Allgemeinmediziner.

“Er hat gesehen, wie gut sich Familie und Beruf vereinbaren lassen, dass jeder Zeit für Hobbies hat, dass beide Eltern verlässlich für die Kinder da sein können.”

Die Work-Life-Balance ist vor allem in der jüngeren Generation heute wichtiger denn je. Die alten Vorstellungen vom Hausarzt im Dauereinsatz, die Ruben Bernau und Ulf-Johannes zum Felde bei ihren eigenen Vätern noch live gesehen haben, haben mit der heutigen Realität nichts mehr zu tun.

“Die meisten Patienten wissen, wo ich wohne, wir sind ein kleiner Ort mit 3600 Einwohnern”, sagt zum Felde. “Trotzdem stehen sie am Wochenende so gut wie nie vor meiner Haustür.” Mit der abschreckenden Vorstellung vom nie beginnenden Feierabend in der Landarztpraxis kann der 49-Jährige bei seinen Hospitanten deshalb schnell aufräumen.

Als Pluspunkt führt er bei Studenten an, dass Notdienste mittlerweile gut geregelt sind und man nicht einmal mehr am Praxiswohnort leben muss, weil die Residenzpflicht aufgehoben ist.

Aha-Moment 7: Der Hausarzt verdient ganz gut.

“Ich spreche ehrlich mit meinen Hospitanten über das Thema Verdienstmöglichkeiten”, sagt Ulf-Johannes zum Felde. “Denn sie ist ja doch ein entscheidender Gesichtspunkt bei der Frage, welche Fachrichtung man einschlägt und ob man sich niederlässt oder lieber anstellen lässt.”

Der Allgemeinmediziner rät jedem Studenten, vor der Niederlassung keine Angst zu haben, beobachtet aber immer wieder Vorbehalte. “Die Studenten haben Respekt vor dieser lebenslangen Verantwortung.” Betriebswirtschaftliches Denken will gelernt sein, aber “ich sage immer, dass es dazu viel Hilfestellung gibt und dass man wirtschaftliches Arbeiten lernen kann.”

“Ich versuche den Blick auf die positiven Seiten zu lenken, denn wie immer im Leben wird das Negative stärker wahrgenommen”, sagt Ulf-Johannes zum Felde. Natürlich seien Regresse ärgerlich: Nicht zuletzt, weil jede einzelne Prüfung neuen unbezahlten Aufwand bedeutet.

Doch Hausarztpraxen, erinnert er, gehen so gut wie nie pleite. Patienten und damit Arbeit werde es immer genug geben – und das in einem anspruchsvollen, erfüllenden Alltag.

Leitfaden Niederlassung

Der Deutsche Hausärzteverband unterstützt auf dem Weg in die eigene Praxis: Den “Leitfaden Niederlassung” können Lehr- und andere Praxen beispielsweise jüngeren Kolleginnen und Kollegen an die Hand geben. Kostenfrei zu bestellen unter www.werde-hausarzt.de

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