Düsseldorf. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat sich erneut für eine Entlastung von Kliniken ausgesprochen. Bei langfristigen Behandlungen wie Krebstherapien solle die Möglichkeit geschaffen werden, dass Patienten nachts ins eigene Heim zurückkehren und sich nur tagsüber zur Behandlung in der Klinik aufhalten, sagte der Minister am Montag (14.11.) beim Deutschen Krankenhaustag in Düsseldorf. “Damit lassen sich zahlreich Nachtdienste von Pflegekräften und Ärzten vermeiden. Es ergibt sich aber auch die Möglichkeit einer besseren Versorgung.”
Diese Umstrukturierung sei Teil eines Maßnahmenpakets zur Entlastung der Kliniken. Unter anderem sollten Lauterbach zufolge auch sogenannte Hybrid-DRG eingeführt werden: gleiche oder vergleichbare Leistungen könnten dann – unabhängig davon, ob sie in einem Krankenhaus oder in einer Praxis erbracht werden – gleich bezahlt werden.
Kritik von Kassen und Patientenschützern
“Wir teilen den Befund, dass in Deutschland zu viele Leistungen vollstationär statt ambulant erbracht werden», hatte Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim GKV-Spitzenverband, am Samstag (12.11.) der “Rheinischen Post” gesagt. “Die vorgelegten Vorschläge werden das Ziel einer stärkeren Ambulantisierung aber nicht erreichen, im Gegenteil: Bisher vorgesehene Maßnahmen wie die erhebliche Erweiterung des Katalogs ambulant durchführbarer Operationen (AOP) werden konterkariert.”
Die neuen Regelungen zementierten die bisherigen Strukturen der stationären Versorgung, statt einen notwendigen Strukturwandel einzuleiten. “Ohne klar definiertes Leistungsspektrum für die neuen tagesstationären Behandlungen besteht die Gefahr, dass Patientinnen und Patienten zukünftig je nach Kalkül der Geschäftsführung über Nacht nach Hause geschickt werden”, sagte sie. [habox:ad] Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz sieht das Reformvorhaben kritisch. Pflegekräfte würden nicht entlastet, indem Patienten ihre stationäre Versorgung in der Behandlung jede Nacht unterbrechen, sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur (12.11.).
Das “Hop-on-Hop-off-System” sei lebensfremd. Kranke Menschen dürften nicht dem Diktat der Kliniken unterstellt werden. “Karl Lauterbach beschwichtigt, alles solle auf freiwilliger Basis geschehen. Doch Kostenrechner werden entscheiden, wer am Abend bleiben darf”, warnte Brysch.
Milliardenspritze für Energiekosten
Neben der Einführung der Tagesbehandlungen in Kliniken sowie Hybrid-DRG kündigte Lauterbach auch kleine Reformen in Kinderkliniken und Geburtshilfe an.
Bereits Anfang November hatte der Gesundheitsminister den Kliniken eine Milliarden-Unterstützung in Aussicht gestellt. “Krankenhäuser haben uns durch die Pandemiekrise gebracht, wir müssen die Krankenhäuser durch die Energiekrise bringen”, bekräftigte Lauterbach nun in Düsseldorf.
Kein Krankenhaus würde schließen müssen, weil es die Energiekosten nicht bezahlen könne, unterstrich Lauterbach. Acht Milliarden Euro stünden dafür zur Verfügung. Wie zusätzliche indirekte Kosten abgefedert werden könnten (zum Beispiel externe Wäscherei) stünde noch nicht fest.
Nach den kleineren Reformen in obigen vier Bereichen, die im Krankenhauspflegeentlastungs-Gesetz integriert seien, sei in Zukunft eine große Gesundheitsreform notwendig, an der bereits gearbeitet werde. Ziel sei, den Fokus wieder mehr auf die Medizin zu legen. Die Ökonomisierung sei mit den DRG zu sehr in den Vordergrund gerückt. Es müsse ein vollkommen neues System her. (dpa/at)